Behauptung 1: Die Prostata ist zu nichts nütze

Stimmt nicht. Das Drüsenorgan spielt eine wichtige Rolle beim Sex. Eine Er­­klärung für Technik-Begeisterte: Die Pros­tata hat beim Orgasmus quasi die Funk­tion einer Einspritzdüse. Wenn sich ihre Muskeln zusammenziehen, schießt der Samen­erguss in die Harnröhre. "Etwa ein Drittel davon stammt aus der Prostata", erklärt Professor Lutz Trojan, Direktor der Urologischen Klinik der Universität Göttingen. Und erst das Sekret der Prostata macht die Samenzellen zu guten Schwimmern. Es verflüssigt den Samenerguss und regt die Bewegung der Spermien an. "Die Drüse ist daher wichtig für die Fruchtbarkeit", sagt der Urologe.

Mit den Jahren wird die Prostata aber zu einem schwachen Punkt des Mannes. Sie neigt dazu, sich zu vergrößern. Das ist ein Problem, weil die Drüse unterhalb der ­Blase liegt, wo sie die Harnröhre umschließt. Wächst die Prostata, wird es oft für den Urin eng. Es kann zu Schwierigkeiten beim Wasserlassen kommen.

Behauptung 2: Häufiger Sex ist gut für die Prostata

Das weiß niemand so genau. Geht es um Unterleibsprobleme, bleibt die Frage nicht aus: Welche Rolle spielt Geschlechtsverkehr? "Studien dazu gibt es einige", sagt Trojan. Klarheit gebracht hat bisher keine – sicher auch, weil sich Sexualität oft wissenschaftlichen Messmethoden entzieht. Untersuchungen beruhen meist auf der Frage: Wie oft hatten Sie Sex? Eine ehrliche Antwort gibt darauf nicht jeder.

Die Ergebnisse fallen sehr unterschiedlich aus. So weist etwa eine Studie der Uni Nottingham darauf hin, dass viel Sex in jungen Jahren das Risiko für Prostatakrebs erhöht. Die meisten anderen Untersuchungen zei­gen eher das Gegenteil: Wer oft Sex hat oder sich selbst befriedigt, erkrankt seltener. Trojans vorsichtiges Fazit: "Sex ist zumindest nicht schädlich." Die gutartige Prostata-Vergrößerung beeinflusst er aber nicht.

Behauptung 3: Nur eine vergrößerte Prostata macht Probleme

Ein Irrglaube. So das Urteil des Urologen Professor Dr. Matthias Oelke. Ob das Wasserlassen schwierig wird, hängt nicht allein von der Größe der Prostata ab. "Manche Männer haben eine stark vergrößerte Drüse – und trotzdem keine Probleme", sagt der Oberarzt und Leiter des Studien- und Wissenschaftszentrums der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urologische Onkologie Prostatzentrum Nordwest.

Leider gibt es auch das Gegenteil: Bei einigen Männern wächst die Prostata vor allem nach innen. Dann kann schon eine mäßige Gewebezunahme unangenehme Folgen haben. Die Entscheidung, ob behandelt werden muss, richtet sich daher nicht nach der Größe – sondern nach den Beschwerden.

Behauptung 4: Ein schwacher Harnstrahl im Alter ist harmlos

Meistens – aber nicht immer. Im Lauf der Jahre dauert es bei vielen Männern auf der Toilette länger. "Das ist völlig normal", beruhigt Oelke. Schuld daran muss nicht die Prostata sein. Auch der Blasenmuskel wird schlaffer. Lässt die Stärke des Strahls aber plötzlich nach oder weckt einen nachts oft quälen­der Harndrang, sollte ein Uro­loge um Rat gefragt werden. Ein häufiger Harndrang ist ein typisches Zeichen für eine stark verengte Harnröhre.

Und das ist eben nicht immer harmlos. Um diese Verengung auszugleichen, verdickt sich der Blasenmuskel. Je länger man wartet, desto stärker werden in der Folge die Beschwerden – und sind irgendwann schwer in den Griff zu bekommen. "Eine rechtzeitige Therapie kann das verhindern", sagt Trojan.

Unbehandelt kann eine vergrößerte Prostata die Harnröhre zudem recht plötzlich abklemmen: Man muss dringend auf die Toilette – doch nichts geht mehr. "Das ist extrem schmerzhaft", so Trojan weiter. Staut sich der Urin, sind sogar Nierenschäden möglich.

Behauptung 5: Eine vergrößerte Prostata bedeutet ein hohes Krebsrisiko

Falsch. Diagnostiziert der Arzt eine Vergrößerung, ist das kein Grund zur Panik. "Eine gutartige Vergrößerung stellt kein Vorstadium eines Tumors dar", sagt Trojan. Sie erhöht auch nicht das Risiko, an Krebs zu erkranken. Während sich bei der gutartigen Prostata-Vergrößerung eher die Zellen im Innenbereich der Drüse vermehren, entstehen Tumore meist in der Randzone des Organs. Krebs äußert sich daher selten durch Probleme beim Wasser­­lassen. Doch können beide Krankheiten bei einem Patienten gleichzeitig auftreten.

Behauptung 6: Ein erhöhter PSA-Wert heißt, dass ich Krebs habe

Nein. Es gibt noch viele andere Gründe für das Testergebnis. Zur Früherkennung von Prostatakrebs empfehlen viele Urologen den PSA-Test. Dazu nimmt der Arzt Blut ab und lässt es im Labor auf ein bestimmtes Eiweiß untersuchen: das prostataspezifische Antigen, kurz PSA. Da der Test in der Früherkennung umstritten ist, wird er von vielen gesetzlichen Kassen nicht bezahlt.

Bei einem erhöhten Wert kriegen viele Männer ­einen Schreck. "In der Mehrzahl der Fälle steckt aber kein Tumor dahinter", so Trojan. PSA wird von jeder gesunden Prostatazelle gebildet. Es ist ein Bestandteil des Drüsensekrets, zu einem geringen Anteil gelangt es auch ins Blut.

Ein erhöhter Spiegel kann viele Ursachen haben – nur eine davon ist Krebs. Hohe Werte ver­ursacht etwa eine Entzündung. Eine vergrößerte Drüse hat ebenfalls Einfluss. Manchmal weisen auch völlig gesunde Männer hohe Werte auf. Mehr Aussagekraft als eine einzelne Messung besitzt daher der Verlauf. "Steigt der Spiegel, muss man das ­abklären", rät Experte Oelke.

Behauptung 7: Untersuchungen beim Urologen sind sehr unangenehm

Ein leider weitverbreiteter Irrglaube, weswegen viele Männer den Arztbesuch hinauszögern. Und zwar lange, wie eine Untersuchung von Oelke zeigt: Den Weg zum Urologen finden Männer im Schnitt erst, nachdem die Beschwerden bereits ein Jahr andauern. Mediziner Oelke kann die Scheu verstehen. Nötig ist sie allerdings nicht.

Denn ein Besuch beim Urologen verläuft in der Regel kurz und schmerzlos. Zum Standard gehört dabei das Abtasten der Prostata vom Enddarm aus. Ein kurzer Druck, etwa zehn ­Sekunden lang – vorbei. Um die Größe der Drüse einzuschätzen, kann der Arzt zudem einen Ultraschall vornehmen. Dazu wird eine Sonde in den Enddarm eingeführt. Auch das dauert kaum eine Minute. Völlig harmlos ebenfalls: die Harnstrahlmessung. Dabei pinkelt Mann einfach in ein spezielles Urinal.

Behauptung 8: Radfahren ist schlecht für Männer

Das ist Quatsch. Kein Mann muss vom Sattel steigen, um seine Potenz oder seine Prostata zu schützen. Wieso dennoch manche Urologen davon abraten, den Weg zur Arztpraxis ausgerechnet auf dem Fahrrad zurückzulegen? Weil es vermutlich den PSA-Wert erhöhen kann – wenn auch nur gering­fügig. "Beim Radeln sitzt ein Mann quasi auf seiner Prostata", erklärt Oelke. Der Sattel drückt auf das Organ, was einigen Untersuchungen zufolge den Wert kurzfristig leicht ansteigen lässt – wie übrigens auch ein Samenerguss oder das Abtasten der Prostata durch den Arzt.

An einem stark erhöhten Wert ist aber sicher nicht die Radtour am Vortag schuld. Selbst Profiradfahrer zeigen in Tests keine stark erhöhten PSA-Werte. Fühlt sich der Genitalbereich nach dem Radfahren taub an, kann ein breiterer Sattel helfen oder einer mit einer Aussparung in der Mitte. Das verringert den Druck auf den Damm.

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