Bremsen östrogenhaltige Cremes die Hautalterung in den Wechseljahren?
Wie wirken sich Östrogene auf die Haut in den Wechseljahren aus?
Östrogene sind die Geschlechtshormone der Frau. Sie regen unter anderem die Vermehrung bestimmter Hautzellen an und fördern die Bildung von Kollagen – das ist ein Faserbestandteil, der die Haut straff macht. Darüber hinaus erhöhen Kollagene die Dicke der Haut, die Feuchtigkeit und ihre Elastizität.
„Östrogene zeichnen sich durch vielfältige positive und schützende Wirkungen auf Haut und Haare aus“, schreibt die Frauenärztin Dr. Susanna Weidlinger von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Bern in einem Übersichtsartikel im Fachmagazin Gynäkologische Endokrinologie im August 2023.
Da die Blutkonzentration der Östrogene im Laufe der Wechseljahre sinkt und danach in einem vergleichsweise niedrigen Level verbleibt, ist es kein Wunder, dass die Haut etwas schneller altert als zuvor. Weidlinger schreibt, dass es zu einem Rückgang des Hautkollagens von 30 Prozent in den ersten fünf Jahren nach der Menopause komme – die Haut würde dadurch dünner werden und an Straffheit und Glanz verlieren. Außerdem fallen vermehrt die Haare aus, was manche Frauen stark belastet.
Lässt sich der Hormonmangel durch östrogenhaltige Cremes ausgleichen?
Um die negativen Auswirkungen der verminderten Östrogenbildung auf die Haut zu mildern, gibt es zwei Möglichkeiten:
- Eine Option ist, sich in Absprache mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt für eine Hormonersatztherapie zu entscheiden. Dabei werden die fehlenden Hormone geschluckt, als Pflaster aufgeklebt oder als Gel aufgetragen. Solch eine Therapie wirkt auf den gesamten Körper und birgt gewisse Risiken. Ihr Einsatz in den Wechseljahren ist daher gut abzuwägen.
- Die andere Option ist, östrogenhaltige Cremes mit geringeren Hormonkonzentrationen aufzutragen – sodass das Östrogen zwar in die Haut gelangt, aber nicht nennenswert in den Blutkreislauf. Das Östrogen wirkt dann hauptsächlich nur dort, wo die Wirkung erwünscht ist.
„Östrogenhaltige Cremes bieten sich an, um die Haut vor den Spuren der Wechseljahre etwas zu bewahren“, sagt Prof. Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie an den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden.
Allerdings sind solche Präparate in Deutschland verschreibungspflichtig. Daher läuft es in den meisten Fällen so: Eine Frau ist mit ihrer Haut während der Wechseljahre unzufrieden, sie berichtet davon ihrem Hautarzt oder ihrer Hautärztin. Diese bieten ihr an, eine östrogenhaltige Creme zu verschreiben. Mit dem Rezept geht die Frau dann in die Apotheke und kann die Creme auf eigene Kosten kaufen.
Östrogenhaltige Cremes werden laut Bayerl jedoch recht wenig verschrieben. Das habe verschiedene Gründe: „Manche Cremes müssen in den Apotheken hergestellt werden, das machen nur wenige Apotheken in Deutschland“, sagt Bayerl. Zudem kommt eine Verordnung nur dann infrage, wenn die Frau einen hohen Leidensdruck hat.
Alternativ könne man auch fertige Cremes kaufen. Die sollte man allerdings nicht auf großflächige Bereiche der Haut auftragen, weil sie sonst die Konzentration von Östrogen im Blut erhöhen könnten.
Wie wirksam sind die östrogenhaltigen Cremes?
Östrogenhaltige Cremes ersetzen die Wirkung des natürlich sinkenden Östrogens. Unter anderem konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass sie die Neubildung von Kollagen anregen und damit die Elastizität der Haut verbessern. Außerdem stimulieren östrogenhaltige Cremes die Produktion von Hautfetten, die dabei helfen, die Haut geschmeidig zu halten.
„Der behandelnde Hautarzt oder die behandelnde Hautärztin legt normalerweise fest, auf welchen Hautflächen die Creme aufgetragen werden sollte. Meist ist es das Gesicht, manchmal auch der Hals und das Dekolleté“, sagt Bayerl.
Allerdings sind solche Hormoncremes nicht in jedem Alter gleich wirksam. „Grundsätzlich sollten östrogenhaltige Cremes in den Wechseljahren eingesetzt werden und in den zehn Jahren danach. Später bringt der Einsatz nach aktuellem Kenntnisstand kaum noch etwas“, sagt der Hautarzt Dr. Christoph Liebich, Leiter einer Hautarztpraxis in München.
Und fügt weitere Einschränkungen hinzu: „Östrogenhaltige Cremes wirken kaum auf Hautarealen, die bereits durch zu viel UV-Licht geschädigt wurden. Und: Bei Männern wirken östrogenhaltige Cremes nur minimal – daher werden sie bei Männern auch kaum eingesetzt.“
Was sind die gesundheitlichen Risiken östrogenhaltiger Cremes?
In aller Regel ist es nicht erwünscht, dass Östrogen aus den Cremes in die Blutbahn gelangt. Sonst ginge die Anwendung in Richtung der Hormontherapie in den Wechseljahren. „Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass sich bei richtiger Anwendung der Cremes – einmal am Tag und nur auf den verordneten Hautarealen – der Östrogenspiegel im Blut nicht erhöht“, sagt Bayerl.
Trotzdem gebe es gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. So sollte man diese Art der Anti-Aging-Therapie laut Bayerl nicht an Frauen geben, die bereits Brustkrebs hatten. Der Hintergrund: Eine künstliche Erhöhung des Östrogenspiegels im Blut gehe mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko einher. Wenn eine Frau bereits Brustkrebs hatte, möchte man nicht riskieren, dass der Krebs wiederkommt.
Auch bei einem Melasma sollten östrogenhaltige Cremes nicht eingesetzt werden. Ein Melasma ist eine Erkrankung der Haut, die zu fleckigen dunklen Stellen auf Hautflächen führt, die Sonnenlicht ausgesetzt sind. „Bei Frauen, die ein Melasma hatten, kann eine östrogenhaltige Creme dazu führen, dass die Erkrankung wieder auftritt“, sagt Bayerl. Deshalb sei in diesen Fällen von einer Anwendung von östrogenhaltigen Cremes abzuraten.
Wie wirksam sind Cremes mit östrogenähnlichen Substanzen?
Östrogenähnliche Substanzen in frei verkäuflichen Hautcremes werden viel damit beworben, dass sie den negativen Einfluss der Wechseljahre auf die Haut ein Stück weit verhindern. Es gibt zahlreiche weitere Substanzen, denen eine Verwandtschaft oder ähnliche Wirkung zu Östrogen nachgesagt wird. Zu den bekannteren Substanzen zählen Isoflavone oder Resveratrol, beide sind tatsächlich ähnlich wie Östrogen aufgebaut. Die Kosmetik-Industrie verspricht wahre Anti-Aging-Wunder.
Es gibt nur ein Problem: Die meisten dieser Substanzen sind zwar verwandt mit Östrogen – aber eben nur verwandt. Es gibt auf der Oberfläche der menschlichen Hautzellen Andockstellen (Rezeptoren) für das Hormon, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip funktionieren: Nur Östrogen kann dort andocken, was dann eine Kaskade an Reaktionen in der Zelle auslöst. „Leider wirken die mit Östrogen verwandten Substanzen in frei verkäuflichen Cremes nach aktuellem Kenntnisstand kaum an diesen Rezeptoren. Sie besetzen – wenn überhaupt – nur einen Bruchteil“, sagt Bayerl.
Bei genauerer Betrachtung ist das ebenso einleuchtend wie folgerichtig: Wenn eine Substanz häufiger an Rezeptoren andocken würde, dann würde sie eher als wirksames Östrogen eingestuft und verschreibungspflichtig. Pflanzliche Östrogenalternativen und mit Östrogen verwandte Substanzen sind hingegen nur deshalb freiverkäuflich und nicht verschreibungspflichtig, weil sie eben nicht wie Östrogen wirken.
Haben pflanzliche östrogenähnliche Substanzen trotzdem Vorteile?
Östrogenähnliche Substanzen wie Isoflavone und Resveratrol haben andere Vorteile. „Viele dieser Substanzen wirken als sogenannte Radikalfänger“, sagt Bayerl. Das heißt, sie fangen freie Radikale ab und machen sie biologisch „unschädlich“. Radikale sind schädliche Substanzen, sie können bei äußeren Einflüssen wie Zigarettenrauch, Röntgenstrahlung und – für die Haut besonders relevant – UV-Strahlung entstehen, aber auch in den Körperzellen. Sind die Hautzellen dauerhaft vielen freien Radikalen ausgesetzt, führt das zu einer vorzeitigen Hautalterung.
„Insbesondere auf Hautflächen, die viel Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, können Substanzen wie Isoflavone eine gewisse schützende Wirkung zeigen, ersetzen aber nicht den Sonnenschutz“, sagt Bayerl. Auf die Hautalterungsprozesse, die durch die Wechseljahre ausgelöst werden, haben die pflanzlichen, als östrogen-ähnlich beworbenen Substanzen laut Bayerl aber so gut wie keinen Einfluss.
Quellen:
- Archer DF: Postmenopausal skin and estrogen. In: Gynecological Endocrinology: 01.08.2012, https://doi.org/...
- Bayerl C: Topische Hormontherapie im Anti-Aging der Haut. In: Der Hautarzt: 27.08.2020, https://doi.org/...
- Kanda N, Watanabe S: 17β-Estradiol Stimulates the Growth of Human Keratinocytes by Inducing Cyclin D2 Expression. In: Journal of Investigative Dermatology: 01.08.2004, https://doi.org/...
- Raine-Fenning NJ, Brincat MP, Muscat-Baron Y: Skin Aging and Menopause. In: Am J Clin Dermatol: 22.08.2012, https://doi.org/...
- Thornton MJ: Estrogens and aging skin. In: Dermato-Endocrinology: 01.04.2013, https://doi.org/...
- Weidlinger S, Weidlinger M, Heidemeyer K: Die Menopause und ihre Auswirkungen auf Haut und Haare. In: Gynäkologische Endokrinologie : 20.09.2023, https://doi.org/...