Diabetische Retinopathie: Blinde Flecken

Professor Gerd Auffarth, Direktor der Uni-Augenklinik Heidelberg
© W&B/Lemrich
Diabetes kann die kleinen Blutgefäße im Auge schädigen und damit auch die Netzhaut. Mit früher Diagnose und Therapie lässt sich das verhindern. Betroffen sind 9 bis 16 Prozent der Typ-2- und etwa jeder vierte Typ-1-Diabetiker.
"Je länger der Diabetes besteht und je schlechter der Blutzucker eingestellt ist, desto höher ist das Risiko", sagt Professor Gerd Auffarth, Direktor der Universitäts-Augenklinik Heidelberg. Genauso wichtig wie optimale Blutzuckerwerte seien die Behandlung von Bluthochdruck und der Verzicht aufs Rauchen.
Auffälligkeiten der Blutgefäße
Experten unterscheiden zwischen einer "nicht proliferativen" und einer schweren "proliferativen" Form. Die Änderungen an den Blutgefäßen zeigen sich zunächst in kleinen Ausbuchtungen (Mikroaneurysmen), kleinen Blutungen in die Netzhaut und perlschnurartig verlaufenden Venen.
Wenn diese Auffälligkeiten eine bestimmte Ausdehnung erreichen, kann die Krankheit in die "proliferative" Form übergehen, bei der Blutgefäße in den Glaskörper wachsen, schwere Blutungen verursachen und sogar die Netzhaut ablösen können.
Angriff auf die Gefäße
Diabetes kann die Blutgefäße schädigen, die die Netzhaut versorgen. Unbehandelt drohen mehr oder minder schwere Sehfeldausfälle
Rettung per Laser
Spätestens dann besteht Handlungsbedarf: Ärzte veröden die betroffenen Netzhautbereiche mit einem Laser. Die Verödungspunkte sind so klein, dass sie das Gesichtsfeld erst bei einer ausgedehnten Behandlung beeinträchtigen. Durch die Verödung wird wohl die Produktion des Botenstoffs zurückgefahren, der die Neubildung von Gefäßen anregt.
Ist das Areal des schärfsten Sehens betroffen, die Makula, und lagert sich dort Flüssigkeit aus undichten Blutgefäßen ein (Makulaödem), wird der Botenstoff direkt blockiert. Mit VEGF-Hemmer genannten Mitteln – denselben wie bei der Makuladegeneration – bessert sich das Sehvermögen in vielen Fällen wieder.
Sehvermögend schwindet schleichend
"Man sollte sie allerdings erst spritzen, wenn die Sehkraft weniger als 80 Prozent beträgt oder sich zu verschlechtern droht", betont der Augenarzt Dr. Klaus Dieter Lemmen, Experte für diabetische Retinopathie, "ansonsten sollte man abwarten und regelmäßig nachkontrollieren." Bei Patienten, die nicht auf diese Behandlung ansprechen, helfen oft kortisonähnliche Substanzen.
Tückisch: Anfangs lässt das Sehvermögen kaum nach. Wer die Diagnose Typ-2- Diabetes erhält, sollte rasch zum Augenarzt gehen, bei Typ1-Diabetes binnen fünf Jahren nach der Diagnose. Danach sind regelmäßige Kontrollen wichtig – je schwerer die Ausprägung der Netzhautschädigung, desto häufiger.