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Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Begleitsymptomen einer Covid-19-Erkrankung. Fast die Hälfte aller Infizierten berichtet darüber. Doch bei manchen bleiben die Beschwerden – selbst wenn der Infekt längst abgeklungen ist. Einige leiden unter Migräneattacken. Der damit einhergehende Schmerz ist typischerweise einseitig pulsierend, pochend oder hämmernd. Andere haben Spannungskopfschmerzen, die sich dumpf und drückend anfühlen. Symp­tome, die viele vorher so nicht kannten. Die beruhigende Nachricht: Es gibt Hilfe.

Genaue Auslöser noch unklar

Eine Auswertung von 36 Studien zeigt das Ausmaß des Problems. So waren die Schmerzen 60 Tage nach der akuten Infektion bei circa 17 Prozent der Betroffenen noch vorhanden. Nach einem halben Jahr lag der Anteil noch bei rund acht Prozent. „Warum das so ist, ist im Detail nicht geklärt“, sagt Professorin Janne Gierthmühlen, Leiterin der Interdisziplinären Schmerz- und Palliativambulanz an der Universität zu Kiel. „Wir wissen aber, dass verschiedene Virusinfektionen in der Akutphase mit Kopfschmerzen einhergehen.“

Während einer Covid-19-Erkrankung, so glauben Expertinnen und Experten, könnte eine verstärkte Immunaktivität den Kopfschmerz begünstigen. Möglicherweise bleibt sie bei einem Teil der Erkrankten längerfristig erhöht. Dann könnten lokal auftretende Entzündungen Schmerzen verursachen – im Kopf oder in den Muskeln.

Welche Rolle spielt die Psyche?

Auch psychische und soziale Ursachen kommen als Auslöser infrage. Sie können dazu führen, dass Schmerzen anders als bislang oder sogar erstmals wahrgenommen werden. Gierthmühlen hat dies mit ihrem Team am Beispiel der Polyneuropathie untersucht, einer schmerzhaften Erkrankung des Nervensystems. „Wir haben zu unserer Überraschung festgestellt, dass bei vielen die Schmerzen in den ersten Wochen des Lockdowns im Frühjahr 2020 zunächst besser wurden“, sagt sie.

Möglicherweise hatte sich die Aufmerksamkeit der Betroffenen weg vom Schmerz und hin zur drohenden Gefahr durch eine Pandemie verschoben. „Im weiteren Verlauf mit Lockerungen der Restriktionen haben sich die Schmerzen jedoch wieder deutlich verstärkt“, berichtet die Schmerzexpertin weiter.

Akute Kopfschmerzen können mit rezeptfreien Medikamenten behandelt werden

Was also tun gegen die Beschwerden? „Bei Kopfschmerzen in der Akutphase der Infektion, aber auch in den ersten Tagen danach können die Pa­tientinnen und Patienten den Kopfschmerz mit rezeptfreien Medikamenten selbst behandeln“, sagt Dr. Thomas Maibaum, Hausarzt in Rostock und Mitautor der Leitlinie zu Long Covid.

Zur Eigenmedikation eignen sich zum Beispiel die Wirkstoffe Paracetamol und Ibuprofen. Aufgrund der Nebenwirkungen sollte man sich zur Auswahl in der Apotheke beraten lassen. „Mit der Einnahme lässt sich verhindern, dass ein Schmerzgedächtnis entsteht.“ Anhaltendem Kopfschmerz lässt sich so ein Stück weit vorbeugen.

Wichtig: Schmerzmittel nicht zu lange einnehmen

Doch Vorsicht: Die Eigenmedikation mit Schmerzmitteln darf höchstens drei bis fünf Tage lang erfolgen. Hält das Leiden länger an, sollte man sich an ­seine Hausärztin oder seinen Hausarzt wenden. Das ist wichtig, um die Ursachen der Beschwerden abzuklären. Denn auch Erkrankungen der Nasennebenhöhlen, der Zähne, des Kiefers und Bluthochdruck können Kopfschmerz verursachen und benötigen eine angemessene Therapie. Außerdem ist es wichtig, die Art der Beschwerden zu unterscheiden. Wenn Paracetamol und Ibuprofen nicht helfen, kommen bei Spannungskopfschmerz Antidepressiva zur Therapie infrage. Zur Behandlung von Migräne eignen sich sogenannte Triptane.

Doch der Einsatz von Medikamenten hat seine zeitlichen Grenzen. Wer Ibuprofen und Paracetamol an mehr als 15 Tagen im Monat einnimmt, riskiert, dass diese Wirkstoffe selbst zum Auslöser von chronischem Kopfschmerz werden. Bei Kombipräparaten, die sich etwa aus Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Koffein zusammensetzen, besteht die Gefahr bereits bei einer Ein­nahme an zehn Tagen im Monat.

Bei langanhaltendem Kopfweh: Entspannung, Bewegung und genug Schlaf im Fokus

Was also tun, wenn der Kopfschmerz einen noch öfter plagt? „Zentral bei der Therapie sind dann nicht medikamentöse Methoden“, betont Dr. Regina Müller, Schmerzärztin im medizinischen Versorgungszentrum des Algesiologikum – Zentrum für Schmerztherapie und psychische Gesundheit in München. Pfefferminzöl, auf Stirn und Schläfen getupft, kann Linderung bringen. Viele Betroffene profitieren von Entspannungstechniken wie der progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson.

Zudem kommt es darauf an, ausreichend zu schlafen, sich an der frischen Luft zu bewegen und – wenn möglich – moderaten Ausdauersport zu betreiben. Auch Psychotherapie ist eine wichtige Säule bei der Behandlung von chronischem Kopfschmerz.

Die Einnahme von Akutschmerzmitteln sollte sich dabei unbedingt auf die festgelegten Obergrenzen beschränken. Wenn all das nicht genügt, um den Schmerz einzudämmen, können Ärztinnen und Ärzte noch andere Medikamente verschreiben. Wichtig zu wissen: „Wir können Menschen mit Kopfschmerzen in der Regel sehr gut helfen“, betont Expertin Müller. Optimismus ist also angezeigt – auch wenn der Schmerz im Moment die Verfassung trübt.

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Quellen:

  • Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie: AWMF S1-Leitlinie Long/ Post-COVID. Leitlinie: 2022. AWMF: https://www.awmf.org/... (Abgerufen am 27.10.2022)

  • Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG): Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne. Leitlinie: 2018. (Abgerufen am 20.10.2022)

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.: S1-Leitlinie Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH). https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 10.03.2023)