Logo der Apotheken Umschau

Bestimmte Erkrankungen der Nieren, Nerven, Augen oder des Herz-Kreislauf-Systems sind bei Menschen mit Diabetes häufiger. „Je früher man beginnende Folgeerkrankungen entdeckt, umso eher kann man den Verlauf verlangsamen bis stoppen und Einschränkungen abwenden“, sagt Dr. Dorothea Reichert. Sie ist im Vorstand der Deutschen Diabetes Gesellschaft und leitet eine Schwerpunktpraxis für Diabetes in Landau in der Pfalz.

Um regelmäßige Untersuchungen nicht zu vergessen, kann es helfen, sich kostenlos über die Arztpraxis in eines der passenden Disease-Management-Programme (DMP) einzuschreiben. „Sie stellen sicher, dass erforderliche Kontrollen stattfinden, und bieten Schulungen“, erklärt Reichert. Hier die wichtigsten Checks für Erwachsene mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes.

Menschen mit Diabetes haben häufiger Verkalkungen der Herzkranzgefäße, die zu einem Herzinfarkt führen können. Sie sind auch öfter von Schlaganfall oder Herzschwäche betroffen. Ärztinnen und Ärzte sollten regelmäßig das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems einschätzen. Dafür fragen sie nach typischen Beschwerden und Risikofaktoren wie etwa Rauchen und nutzen verschiedene Untersuchungen. Blutdruck und HbA1c-Wert (Langzeitblutzucker) werden in der Regel vierteljährlich kontrolliert. Bei guter und vor allem stabiler Stoffwechseleinstellung würden auch halbjährliche Kontrollen genügen, sagt Diabetologin Reichert. „Blutfette, HDL- und LDL-Cholesterin sollten einmal jährlich bestimmt werden.“ Mit den Befunden lasse sich das Risiko einschätzen, um gegebenenfalls Herz und Gefäße mittels EKG oder Ultraschall zu checken und rechtzeitig weitreichendere Untersuchungen zu veranlassen.

Laut Robert Koch-Institut haben mehr als 15 Prozent der Erwachsenen mit Diabetes eine Funktionsstörung der Niere. Ein Maß für die Filterleistung der Niere ist die sogenannte eGFR. Im Rahmen der Kontrolluntersuchungen wird sie bei Erwachsenen mit Diabetes in der Regel einmal pro Jahr aus dem Kreatininwert im Blut und verschiedenen Angaben wie Alter und Geschlecht berechnet. Im Urin wird auch die sogenannte Albumin-Kreatinin-Ratio gemessen. Sie zeigt an, ob das Körpereiweiß Albumin vermehrt ausgeschieden wird. Das kann auf eine Nierenerkrankung hindeuten. Im DMP für Diabetes Typ 1 sind jährliche Kontrollen vorgegeben, bei Typ-2-Diabetes nicht. Ärztinnen und Ärzte prüfen aber, ob ihre Patientinnen und Patienten davon profitieren können. Für Diabetologin Reichert ist die Bestimmung in jedem Fall sinnvoll.

Beide Füße, inklusive Socken und Schuhe, werden mindestens einmal im Jahr gecheckt. „Wir beurteilen den Zustand von Haut und Nägeln und beraten bei Auffälligkeiten zum geeigneten Schuhwerk“, sagt Ärztin Reichert. Nervenschäden und eine Verengung der Gefäße können Wunden und Gewebeschäden an den Füßen begünstigen. Wie es um die Durchblutung steht, lässt sich zum Beispiel anhand des Pulses am Fuß prüfen. Ob die Nerven gesund sind, zeigen unterschiedliche Tests: etwa mit Stimmgabeln (für das Vibrationsempfinden) oder mit stumpfen Nadeln (für die Schmerzwahrnehmung). „Bei Hinweisen auf eine gestörte Durchblutung oder Nervenschädigungen kontrollieren wir die Füße häufiger.“

Veränderungen an der Netzhaut können das Sehen beeinträchtigen und ohne rechtzeitige Behandlung zur Erblindung führen. Durch regelmäßige Vorsorge ließen sich schlimme Augenschäden aber meist verhindern, sagt Reichert. Augenärztliche Kontrollen sind alle zwei Jahre empfohlen — auch ohne Beschwerden. Stellen Ärztin oder Arzt jedoch ein erhöhtes Risiko fest, wird einmal jährlich kontrolliert. Dafür beziehen sie unter anderem die Dauer des Diabetes sowie die Höhe von Blutdruck und Langzeitblutzucker ein. Im Check werden die Sehschärfe, der vordere Teil des Auges und die Netzhaut untersucht. Je nach Befund können engere Kontrollen ratsam sein. Bei Typ-1-Diabetes sind regelmäßige Untersuchungen nach fünf Jahren Erkrankung empfohlen.

Parodontitis und schlecht eingestellte Blutzuckerwerte begünstigen sich gegenseitig. Daher beides behandeln lassen und Zahn- sowie Hausarzt oder Diabetologen über die jeweils andere Erkrankung informieren“, rät Prof. Dr. Christof Dörfer, Leiter der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie der Universität Kiel. Parodontitis ist eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparates. Schreitet die Erkrankung unbehandelt fort, können sich Zähne lockern. „Je früher wir eine Parodontitis entdecken, desto leichter können wir sie behandeln.“ Gesetzlich Versicherten steht alle zwei Jahre eine zahnärztliche Untersuchung zur Früherkennung von Parodontitis zu. „Sind die Blutzuckerwerte gut eingestellt, reicht das in der Regel, um den Beginn einer Parodontitis nicht zu verpassen.“ Dörfer rät Menschen mit hohen Blutzuckerwerten aber zu häufigeren Kontrollen.

Chronische Erkrankungen wie auch andere Lebenslagen können psychisch belasten. Teilweise entwickeln sich seelische Erkrankungen. „Im Gespräch achten wir zum Beispiel auf Zeichen einer Depression“, sagt Reichert.

Bammel vor einem Arztbesuch? Das ist bei Menschen mit Diabetes nicht ungewöhnlich. Doch gerade dann gilt: Scheuklappen runter und offen reden.

Die Angst vorm Arzt überwinden

Eine Diagnose wie Diabetes kann aus verschiedenen Gründen Furcht einflößen. Arztbsuche deshalb zu meiden, ist allerdings keine gute Idee. zum Artikel


Quellen:

  • S3-Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft: Therapie des Typ-1-Diabetes. Leitlinie: 2023. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 16.11.2023)

  • Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften : Nationale VersorgungsLeitlinie Typ-2-Diabetes, Version 3. Leitlinie: 2023. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 16.11.2023)

  • Helmholtz Zentrum München, Deutsches Zentrum für Diabetesforschung, Deutsches Diabetes-Zentrum: Diabetes: Folgeerkrankungen. https://www.diabinfo.de/... (Abgerufen am 16.11.2023)
  • Gemeinsamen Bundesausschuss: Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Zusammenführung der Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme nach § 137f Absatz 2 SGB V. https://www.g-ba.de/... (Abgerufen am 16.11.2023)
  • Robert Koch-Institut: Diabetes bei Erwachsenen. https://diabsurv.rki.de/... (Abgerufen am 16.11.2023)
  • Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften: Diabetes Schäden an der Netzhaut: Vorbeugen und behandeln. https://www.ddg.info/... (Abgerufen am 16.11.2023)
  • Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.V., Deutschen Diabetes-Zentrum: Parodontitis & Diabetes. https://dgparo.de/... (Abgerufen am 16.11.2023)
  • Verbraucherzentrale NRW e.V.: Welche Zahnvorsorge zahlt die Krankenkasse?. https://www.verbraucherzentrale.de/... (Abgerufen am 16.11.2023)
  • Bundesamt für Soziale Sicherung: Disease Management Programme. https://www.bundesamtsozialesicherung.de/... (Abgerufen am 16.11.2023)
  • Helmholtz Zentrum München, Deutsches Zentrum für Diabetesforschung, Deutsches Diabetes-Zentrum: Diabetes in Deutschland – Zahlen und Fakten im Überblick. https://www.diabinfo.de/... (Abgerufen am 16.11.2023)