Diabetes Ratgeber

Das bisschen Zahn­fleischbluten! Das denken sich in Deutschland vermutlich Tausende Menschen. Dabei kann eine ernste Krankheit dahinterstecken: Parodontitis, eine Entzündung des Zahnhalteapparats. Ohne Behandlung droht nicht nur Zahnverlust. Es können auch Erkrankungen wie Dia­betes verschlechtert und Organe wie das Herz geschädigt werden. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen hierzulande hat eine Parodontitis, ergab die jüngste Mundgesundheitsstudie. Acht bis 20 Prozent leiden unter einer schweren Form.

Aber wie entsteht eine Parodontitis?

"Eine Vielzahl Bakterien besiedelt natürlicherweise den Mund", sagt Parodontologe Professor Dr. Ulrich Schlagenhauf vom Universitätsklinikum Würzburg. "Durch eine schlechte Ernährung oder eine mangelnde Mundhygiene können schädliche Bakterien überhandnehmen." Das Zahnfleisch entzündet sich, die Bakterien wandern in die Tiefe des Zahnhalteapparats und führen langfristig zum Abbau des Kieferknochens. Anfangs verursacht dieser Prozess keine Schmerzen. Viele werden erst aufmerksam, wenn durch den Rückgang des Zahnfleischs lange Zahnhälse entstehen oder die Zähne locker werden.

Wirkung auf den Blutzucker

"Rauchen, Stress sowie eine genetische Veranlagung begünstigen Paro­dontitis", sagt Ulrich Schlagenhauf. Ein weiterer Risikofaktor: Diabetes. "Ist der Blutzuckerspiegel über längere Zeit zu hoch, steigt die Gefahr für Parodontitis", erklärt Dia­betologe Professor Dr. Dirk Müller-Wieland vom Universitätsklinikum Aachen. Zudem wird dann die Behandlung der Zähne komplizierter, der Krankheitsverlauf schwerer. Umgekehrt kann sich eine Parodontitis negativ auf den Blutzucker auswirken. Entzündungsbotenstof­fe scheinen den Zucker im Blut daran zu hindern, in die Zellen zu gelangen, der Zuckerspiegel steigt.

"Mit der Tiefe der Zahnfleischtaschen erhöht sich meist der Blutzucker-Langzeitwert HbA1c", sagt Müller-Wieland. So kann Typ-2-Dia­betes entstehen. Oder der Blutzucker bei Diabetikern verschlechtert sich. Menschen mit Parodontitis haben ein größeres Herzinfarkt-Risiko. "Die Keime gelangen vom kranken Zahnfleisch in die Blutbahn", erklärt Professor Dr. Stefan Blankenberg, Kardiologe am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. "Das Immunsystem schüttet Entzündungsbotenstoffe aus, die die Gefäßwände beeinträchtigen." Es entstehen Ablagerungen. Reißen sie ein, bilden sich darüber Gerinnsel, die das Gefäß verschließen und zu einem Herzinfarkt führen können. Das ist eine Erklärung. Eine andere: "Bei Parodontitis-Patienten summieren sich oft auch andere Risikofaktoren wie Rauchen, hoher Blutdruck und Blutzucker, sodass sie sowieso stärker gefährdet sind", so der Kardiologe.

Die Zähne gut pflegen!

Mindestens einmal im Jahr sollte jeder zum Zahnarzt gehen. Je früher eine Parodontitis erkannt wird, desto besser kann der Arzt sie behandeln. Etwa indem er die entzündungsauslösenden Bakterien entfernt, welche die Zahnbürste nicht erreicht. Trotzdem wichtig: mindestens zweimal am Tag die Zähne putzen und einmal am Tag Zahnseide anwenden, um die Zahnzwischenräume zu säubern. Zudem rät Schlagenhauf, gesund zu essen: "Insbesondere nitratreiches Gemüse wie grüner Blattsalat wirkt Zahnfleisch­entzündungen entgegen", wies der Experte in einer Studie nach. "Bakterien im Mund wandeln Nitrat in Nitrit um. Dieses hemmt krank machende Keime. Nach dem Schlucken wird es unter den sauren Bedingungen im Magen zu Stickstoffmonoxid umgewandelt, das die Gefäße weitet." Und das ist gut fürs Herz.

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