Wadenkrämpfe: Ursachen, Therapien, Selbsthilfe

Wadenkrampf aus dem Schlaf heraus: Dehnen hilft
© W&B/Martin Ley
So zeigen sich Wadenkrämpfe
Sie können höllisch schmerzen und kommen meist ohne Vorwarnung – in der Gymnastikstunde, beim Waldlauf, im Schwimmbad oder nachts im Schlaf: Krämpfe in der Wade. Der Muskel zieht sich äußerst schmerzhaft zusammen, wird hart, fühlt sich an wie im Schraubstock. Der Hauch einer falschen Bewegung, und die nächste Schmerzwelle ist da. So geht das sekunden- bis minutenlang.
Wer das kennt – und das ist die Mehrzahl – wendet häufig instinktiv das richtige Mittel an: Er dehnt die Wadenmuskulatur. Zieht die Fußspitze in Richtung Körper, tritt mit der Ferse nach vorne. Oder er stellt das attackierte Bein durchgestreckt nach hinten und drückt die Ferse dabei fest auf den Boden. Dann löst sich der Krampf, die Schmerzen vergehen. Nur manchmal bleibt ein unangenehmes Gefühl zurück, wie bei einem Muskelkater.
Die Krämpfe (medizinisch Crampi oder Crampus-Syndrome, im weiteren Sinne verwenden Ärzte auch den Begriff Spasmus, Mehrzahl: Spasmen) können tagsüber auftreten, bei bestimmten Aktivitäten, aber auch abends im Bett, beim Einschlafen oder mitten in der Nacht. Manchmal ziehen sich auch Muskeln vorne oder seitlich am Schienbein, an der Fußsohle und an den Zehen zusammen.
Nicht immer lässt sich für die peinvollen Muskelkrämpfe eine Ursache finden. Wenn diese sogenannten idiopathischen Wadenkrämpfe nicht zu oft auftreten und sich gleich wieder legen, besonders nach den Dehnübungen, besteht meist kein Grund zu Sorge. Eine familiäre Veranlagung kommt mitunter vor.
Video: Stretching – 11 einfache Übungen
Wie es zu Wadenkrämpfen kommt
- Überanstrengte oder untrainierte Muskeln, gestörter Flüssigkeits- und Mineralhaushalt
Sportler haben des Öfteren mit Schmerzattacken im Bein zu tun – wenn sie sich zu viel zumuten, ihre Muskeln nicht zur Ruhe kommen lassen. Schwitzen sie dazu auch noch stark und trinken sie zu wenig, verlieren sie Flüssigkeit und wichtige Mineralstoffe.
Diese brauchen die Nerven jedoch, um geordnete Befehle an die Muskelfasern leiten zu können, die sich dann je nach Bedarf zusammenziehen, auseinanderdehnen oder entspannen.
Auch die Muskelfunktionen selbst sind auf einen ausgeglichenen Mineralstoffhaushalt angewiesen. Eine ohnehin schon übermüdete Muskulatur bekommt doppelt Probleme mit der nötigen Feinabstimmung, wenn Mineralstoffe, etwa Magnesium und Kalium, fehlen.
Die andere Seite: Wer nach einer langen Trainingspause wieder motiviert einsteigt, spürt oft schon bald, wie die durchs Nichtstun verkürzten Muskeln unkontrolliert hart werden, etwa wenn der fleißige Turner mit bestimmten Übungen gerade diese Partien anspannt.
Menschen, die viel am Schreibtisch und abends vor dem Fernseher sitzen, bekommen die Folgen der muskulären Unterforderung häufig nachts zu spüren.
Manche bemerken auch, dass sich ihre Bein- oder Fußmuskulatur verkrampft, nachdem sie einige Zeit in unbequemen Schuhen unterwegs waren und ihre Muskeln dadurch unter Dauerspannung standen. Bei Fußfehlstellungen, Senk- oder Spreizfüßen können ebenfalls abendliche oder nächtliche Fußkrämpfe auftreten.
- Verändertes Muskelspiel im Alter und in der Schwangerschaft
Mit den Lebensjahren neigen die Muskeln dazu, sich zu verkürzen, der Körper baut Muskelmasse ab, wenn man nicht bewusst durch regelmäßige Bewegung gegensteuert. Viele ältere Menschen trinken außerdem zu wenig oder ernähren sich einseitig. Das beeinträchtigt den Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt (Elektrolythaushalt).
Dazu kommen weitere Einflüsse: hormonelle Veränderungen, Durchblutungsstörungen, Probleme mit dem Rückgrat und den dort verlaufenden Nerven, die Nebenwirkungen verschiedener Medikamente.
Das Wechselspiel der Hormone und Stoffwechselveränderungen führen bei Schwangeren zu Verschiebungen im Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt.
Krankhafte Ursachen für Wadenkrämpfe
Wenn sich die Muskeln immer wieder schmerzhaft und anhaltend verkrampfen, eventuell nicht nur in der Wade oder im Fuß, sondern auch in anderen Körperpartien, wenn weitere Beschwerden wie Schmerzen, Schwellungen oder Taubheitsgefühle dazukommen, kann manchmal auch eine ernsthafte Ursache dahinterstecken.
Wer eine chronische Stoffwechselerkrankung wie Diabetes oder eine chronische Nierenschwäche hat, sollte ohnehin körperliche Veränderungen aufmerksam beobachten, damit er rechtzeitig seinen Arzt konsultiert, um möglichen Komplikationen gegenzusteuern.
Nierenkranke, die eine künstliche Blutwäsche (Dialyse) benötigen, haben manchmal vermehrt mit Wadenkrämpfen zu tun.
Für Menschen, die unter Alkoholsucht leiden, sind Krämpfe und Missempfindungen in den Beinen ebenfalls Alarmzeichen für Mangelzustände und Nervenschädigungen.
Infekte mit hohem Fieber und/oder Durchfällen und Erbrechen führen bisweilen schnell zu bedrohlichen Ungleichgewichten im Wasser-Salz-Haushalt (Elektrolythaushalt) mit ausgeprägtem Mineralstoffmangel.
Außerdem können Nervenerkrankungen wie zum Beispiel Polyneuropathien für Wadenkrämpfe verantwortlich sein. Nächtliche, schmerzhafte Wadenkrämpfe sind vereinzelt ein Hinweis auf die amyotrophe Lateralsklerose, eine fortschreitende Erkrankung der Bewegungsnerven im Gehirn und Rückenmark.
Selten verbergen sich bestimmte Muskelkrankheiten (Myopathien, unter anderem sogenannte Myotonien) hinter den Krämpfen. Solche Erkrankungen sind meist erblich und machen sich häufig schon im Kleinkind-, Kindes- und Jugendalter mit charakteristischen Beschwerden bemerkbar. Sie können praktisch alle Skelettmuskeln und andere Willkürmuskeln, auch mit bestimmten Verteilungsmustern, erfassen.
Typisch für eine Untergruppe von Muskelkrankheiten wie die sogenannten Myotonien ist es etwa, dass sich einmal angespannte Muskeln nur noch mühsam entspannen. So lassen sich etwa die zur Faust geballte Hand oder die geschlossenen Augenlider nur mehr langsam öffnen. Dazu kommen vermehrte Muskelsteifigkeit, manchmal Lähmungsattacken und bei einigen Krankheitsbildern auch Wadenkrämpfe. Mehr dazu in den Kapiteln "Wie der Arzt vorgeht" und "Ursachen: Muskelerkrankungen".

Ständig Wadenkrämpfe? Am besten zum Arzt
© iStock/wavebreak
Wadenkrämpfe: Wann zum Arzt?
Sprechen Sie in jedem Fall mit Ihrem Arzt, wenn
- Sie häufig Muskelkrämpfe im Bein haben
- Sie feststellen, dass die Krämpfe sich nicht lösen, wenn Sie die Wadenmuskulatur dehnen und andere Selbsthilfetipps anwenden,
- die Krämpfe sehr schmerzhaft sind und oft minutenlang anhalten,
- Sie wegen der Krämpfe nicht schlafen können und am Tage müde und unkonzentriert sind,
- die Krämpfe immer wieder bei bestimmten Bewegungen einsetzen.
Gehen Sie ebenso zum Arzt, wenn andere Symptome und Auffälligkeiten dazukommen, zum Beispiel:
- Lähmungserscheinungen im Bein, Kribbeln und Taubheitsgefühle (Notfall!),
- häufige oder plötzliche Schmerzen im Bein, Fuß oder in der Leiste,
- Schwellungen an Bein oder Fuß,
- Rückenschmerzen.
Der Arzt, zunächst der Hausarzt beziehungsweise ein Facharzt für innere Krankheiten (Internist), wird Sie gründlich untersuchen und je nach Diagnose selbst behandeln oder an einen Kollegen aus einem anderen Fachgebiet überweisen. Das kann zum Beispiel ein Spezialist für Nervenerkrankungen (Neurologe, eventuell auch mit Schwerpunkt neuromuskuläre Erkrankungen) oder für die Bewegungsorgane (Orthopäde) sein, gegebenenfalls ein Facharzt für Humangenetik (siehe dazu Kapitel "Diagnose").
Nicht zu verwechseln sind Wadenkrämpfe mit anderen Beschwerden in den Beinen, wie dem Syndrom der unruhigen Beine (Restless-Legs-Syndrom), oder vorübergehenden, oft nächtlichen Muskelzuckungen, die weniger schmerzhaft als unangenehm sind. Die Muskeln verkrampfen sich dabei nicht und werden auch nicht hart. Die Missempfindungen können aber zu nachhaltigen Schlafstörungen führen.
Therapie von Wadenkrämpfen: Dehnen und bewegen
Grundlage der Behandlung und Vorbeugung von Wadenkrämpfen sind Übungen, die die Unterschenkelmuskulatur dehnen. Maßvolle, aber regelmäßige Bewegung ist das beste Mittel gegen die schmerzhaften Crampi. Dazu heißt es, ausreichend trinken und sich ausgewogen ernähren. Manchmal sind Magnesiumpräparate in Absprache mit dem Arzt hilfreich. Haben die Beschwerden eine krankhafte Ursache, behandelt der Arzt die jeweilige Erkrankung.
In den folgenden Kapiteln dieses Beitrags erfahren Sie mehr zu möglichen Untersuchungsschritten und zu krankhaften Ursachen. Selbsthilfetipps im Kapitel "Therapie und Selbsthilfe" zeigen, wie Sie im Alltag am besten mit "gewöhnlichen" Wadenkrämpfen umgehen.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.