Nachtschweiß: Hormonelle Schwankungen und Stoffwechselprobleme als Ursache

Die Schilddrüse (gelb eingefärbt): Ist sie zu aktiv, kann das unter anderem vermehrtes Schwitzen hervorrufen
Das vegetative Nervensystem steuert die vom Willen unabhängigen Köperfunktionen, wie zum Beispiel Herzschlag, Verdauung, Stoffwechsel, Hormonhaushalt und Temperaturausgleich. So beeinflussen Hormone und Stoffwechsel auch die Wärmeregelung. Bestimmte Störungen in diesen Bereichen wirken auf die Schweißproduktion und kurbeln sie dann auch in Ruhe an, also häufig nachts.
Zu den am meistens in Zusammenhang mit Nachtschweiß genannten Krankheitsbildern gehören eine Schilddrüsenüberfunktion und Diabetes mellitus. Bei einer Zuckerkrankheit kann Nachtschweiß ein Warnzeichen für eine nächtliche Unterzuckerung (Hypoglykämie) sein. Natürliche hormonelle Umstellungen in den Wechseljahren verursachen bei Frauen, wie übrigens auch bei Männern, teilweise nächtliche Schweißausbrüche.

Vermehrtes Schwitzen nachts kann den Schlaf empfindlich stören
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Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Vermehrtes Schwitzen am Tag und in der Nacht
Ein besonders wichtiger Hormonproduzent ist die Schilddrüse. Ihre Hormone sind an zahlreichen Abläufen im Körper wesentlich beteiligt. Bildet sie aus unterschiedlichen Gründen zu viel Schilddrüsenhormon, kommt es zu vielfältigen Beschwerden. Häufige Ursachen für eine solche Überproduktion sind Autoimmunerkrankungen wie die Basedow-Krankheit oder unabhängig aktive Schilddrüsenanteile (Schilddrüsenautonomie). Hierbei kann ein ursprünglicher Jodmangelkropf eine Rolle spielen. Seltener sind Entzündungen oder Tumore die Auslöser.
Symptome: Innere Unruhe, erhöhte Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit gehören zu den typischen Anzeichen. Dazu können vermehrtes Schwitzen, Nachtschweiß, unabhängig von der Jahreszeit, Abneigung gegen Wärme, Haarausfall, rascher Pulsschlag, Herzrhythmusstörungen kommen. Die Hand beziehungsweise die Finger zittern oft, etwa wenn der Betroffene einen Gegenstand hochhebt und dann ausgestreckt hält, wie eine Tasse zum Einschenken. Häufige Beschwerden sind zudem Bauchschmerzen, Muskelschwäche, Durchfall und Gewichtsverlust trotz Heißhunger. Es kann ein Kropf vorliegen. Eine Basedow-Krankheit zeigt sich häufig auch in Veränderungen an den Augen wie hervortretende Augäpfel.
Herzjagen, hohes Fieber, Schlaflosigkeit, Zittern der Finger, Erbrechen und zunehmende Verwirrtheit können Alarmzeichen für eine lebensbedrohliche thyreotoxische Krise sein, die sofort auf einer Intensivstation behandelt werden muss.
Diagnose: Die Beschwerden sowie die Krankengeschichte weisen dem Arzt meist schon die Richtung. Es folgt eine körperliche Untersuchung, bei der der Arzt die Schilddrüse abtastet und grundlegende Körperfunktionen wie Blutdruck, Herz- und Lungentätigkeit sowie Muskelreflexe überprüft. Ein Bluttest, mit dem das Schilddrüsensteuerhormon TSH bestimmt wird, gibt ersten Aufschluss über die Funktionslage der Schilddrüse. Weitere Blutuntersuchungen zur Hormon- und Immunsituation im Hinblick auf die Schilddrüse helfen, die Störung genauer zu bestimmen. Mit einer Ultraschalluntersuchung kann der Arzt die Schilddrüse und ihre Umgebung beurteilen sowie mögliche Knoten entdecken. Es folgt häufig eine Schilddrüsenszintigrafie, um die Ursache einer Funktionsstörung zu ermitteln und/oder die Aktivität von Knoten zu erkennen.
Therapie: Mit Medikamenten ist eine Hyperthyreose teilweise oder zeitweise gut zu behandeln: Sogenannte Thyreostatika tragen zu einer Normalisierung der Hormonproduktion bei. Bestimmte Formen der Überfunktion erfordern jedoch letztendlich eine Radiojodtherapie oder eine Operation, bei der die Schilddrüse teilweise oder ganz entfernt wird.
Lesen Sie mehr über das Krankheitsbild im Ratgeber "Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)".
Hormonelle Veränderungen: Schweißausbrüche und Hitzewallungen
In den Wechseljahren nimmt die Produktion weiblicher Geschlechtshormone wie Progesteron und Östrogen zunächst phasenweise (Prämenopause) und dann oft recht abrupt ab (Perimenopause). Sinkt der Östrogenspiegel, steigen relativ dazu Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin. Das kann unter anderem auch zu Hitzewallungen und Schweißausbrüchen, vor allem nachts, führen. Allerdings haben nicht alle Frauen damit zu tun. Wer besonders darunter leidet, spricht am besten mit dem Frauenarzt darüber, welche Hilfen möglich und sinnvoll sind.
Mitunter klagen übrigens auch Männer über Nachtschweiß, wenn sich bei einigen von ihnen alterstypische Hormonschwankungen einstellen und zum Beispiel der Testosteronspiegel sinkt.
Eine gesunde Lebensweise und angepasste Schlafgewohnheiten (siehe Kapitel "Therapie, Selbsthilfe") verschaffen vielen Betroffenen schon Erleichterung.
Wie Sie am besten mit möglichen Folgen der Hormonumstellungen umgehen, erfahren Sie im Ratgeber "Beschwerdefrei durch die Wechseljahre".
Diabetes mellitus: Nächtliches Schwitzen als Warnzeichen für Unterzuckerung
Bei Diabetes mellitus, volkstümlich Zuckerkrankheit genannt, kann Nachtschweiß im Zuge einer möglichen nächtlichen Unterzuckerung (Hypoglykämie) auftreten. Ein durchnässter Schlafanzug und feuchtes Bettzeug am Morgen, dazu das Gefühl, unausgeschlafen und gereizt zu sein, sind ernstzunehmende Warnzeichen, auf die klärende und vorbeugende Maßnahmen folgen sollten.
Allerdings lassen schon nach wenigen Hypoglykämien die Körperreaktionen auf die Unterzuckerung aus derzeit noch ungeklärten Gründen nach. Warnsymptome wie zum Beispiel Schweißausbrüche oder Muskelzittern treten dann nicht mehr auf. Das hat zur Folge, dass die Betroffenen bei nächtlichem Unterzucker nicht immer aufwachen, sondern ihn überschlafen. Sie geraten deshalb unter Umständen in einen lebensbedrohlichen Zustand (prinzipiell natürlich auch am Tage).
Bei länger bestehendem Diabetes kann es zu Nervenschädigungen, darunter einer sogenannten autonomen Neuropathie, kommen. Sind dadurch auch Nerven angegriffen, die die Schweißabsonderung regeln, arbeiten die Schweißdrüsen nicht mehr richtig. Einerseits ereignen sich dann möglicherweise regellose Schwitzattacken beim Essen und in der Nacht. Andererseits kann willkommenes Schwitzen ausbleiben, nicht zuletzt auch als Warnsymptom bei Unterzucker. Das heißt also, dass bei Diabetes natürliche Vorgänge wie das Schwitzen in unterschiedlicher Weise gestört sein können. So hat auch Nachtschweiß bei dieser Erkrankung oft verschiedene Ursachen.
Verdacht auf Unterzucker tagsüber oder nachts ist immer ein Anlass, Blutzuckereinstellung, Lebensführung und Behandlung bei einem Diabetiker engmaschig zu überprüfen. Dabei geht es insbesondere um Insulin oder blutzuckersenkende Tabletten, etwa Sulfonylharnstoffpräparate oder Glinide. Unregelmäßigkeiten bei Einnahme und Dosierung der Medikamente oder Art und Dosierung des Insulins können ausschlaggebend sein. Manchmal spielen auch ungewöhnliche körperliche Anstrengung, das Essen oder Alkoholkonsum eine Rolle.
Wichtig ist es, sofort auf Anzeichen einer Unterzuckerung wie Tag- oder Nachtschweiß, Muskelzittern, Schwindelgefühle zu reagieren und Traubenzucker oder eine Zuckerfertiglösung zu sich zu nehmen. Falls ein Diabetiker Unterzuckerungen immer weniger deutlich wahrnimmt, können bestimmte Trainingsmethoden ein Weg sein. Mit ihnen kann der Betroffene lernen, zu starke Schwankungen des Blutzuckers zu vermeiden oder sie besser aufzufangen.
Um Hypoglykämien nachts auf die Spur zu kommen, ist es außerdem notwendig, nicht nur morgens, sondern tatsächlich auch nachts den Blutzucker zu messen, etwa zwischen zwei und drei Uhr, sodass der Blutzuckerverlauf zweifelsfrei erkennbar wird. Gegebenenfalls ist die abendliche Insulindosis anzupassen. Auch ein Schokoriegel vor dem Zubettgehen kann (im Rahmen des Ernährungsplans) ab und zu hilfreich sein. Sprechen Sie sich im Einzelnen hierzu unbedingt mit Ihrem Arzt ab.
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