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Restless Legs Syndrom – kurz zusammengefasst

  • Das Restless Legs Syndrom (RLS, unruhige Beine, Wittmaack-Ekbom-Syndrom) verursacht eine quälende Unruhe und Spannung in den Beinen, eventuell auch ein Kribbeln, Ziehen oder Stechen. Seltener sind auch die Arme betroffen.
  • Die unangenehmen Empfindungen treten fast ausschließlich in Ruhe, insbesondere abends und nachts auf und rauben den Schlaf. Bewegung bringt nur kurzfristig Besserung.
  • Unruhige Beine kommen in der Schwangerschaft vor. Dann verschwinden die Symptome meist nach der Geburt. Mehr dazu lesen Sie hier: "Restless-Legs-Syndrom in der Schwangerschaft".
  • Liegt den ruhelosen Beinen eine andere Erkrankung zugrunde, reicht es oft, diese zu behandeln. Ansonsten helfen bei schweren Symptomen Medikamente.
  • Experten gehen davon aus, dass RLS etwa 5 bis 10 Prozent der Europäer betrifft. Das Risiko steigt mit dem Alter. Es gibt eine familiäre Form. Hier macht sich die Krankheit eventuell schon vor dem 30. Lebensjahr bemerkbar.
  • In seltenen Fällen treten unruhige Beine schon bei Kindern auf. Die Beschwerden können dann mit Wachstumsschmerzen oder der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) verwechselt werden.

Welche Symptome sind typisch für RLS?

Betroffenen fällt es nicht immer leicht, ihre Beschwerden zu beschreiben. Die Symptome können von Patient zu Patient variieren. Dennoch gibt es charakteristische Merkmale:

  • Betroffene spüren ein unangenehmes Spannungs- und Unruhegefühl in den Beinen, seltener auch in den Armen. Manche Patienten beschreiben auch ein Prickeln, Reißen oder Stechen
  • Sie haben das unstillbare Bedürfnis, sich zu bewegen, ihre Beinmuskeln anzuspannen oder zu dehnen
  • Die unerträglich Unruhe tritt vor allem abends und nachts auf, wenn sich die Betroffenen eigentlich ausruhen oder schlafen möchten
  • Die Symptome bessern sich vorübergehend durch Aktivität - etwa, wenn die Erkrankten aufstehen und umhergehen. Manche duschen ihre Beine kalt ab oder massieren sie. Im Anschluss kehren die Beschwerden jedoch sofort zurück
  • Durch die Unruhe in den Beinen können die Betroffenen schwer einschlafen, oft nicht durchschlafen, untertags sind sie müde und erschöpft

Ein Restless Legs Syndrom kann den Alltag stark einschränken. Längeres Sitzen – etwa im Kino, im Flugzeug oder im Restaurant – wird zur Qual. Freunde und Familie haben nicht immer Verständnis.

Ursachen: Wie entsteht ein Restless Legs Syndrom?

Unruhige Beine entstehen wahrscheinlich, weil die Nachrichten-Übermittlung im Nervensystem gestört ist. Die genauen Ursachen sind noch nicht geklärt.

Forscher nehmen an, dass unruhige Beine teilweise vererbt werden, da das Syndrom oft mehrere Familienmitglieder betrifft (familiäres RLS). Wenn Eltern oder Geschwister erkrankt sind, steigt das eigene Risiko. Außerdem erhöhen bestimmte Veränderungen in den Erbanlagen (Genen) die Wahrscheinlichkeit, an ruhelosen Beinen zu erkranken.

Unruhige Beine können durch äußere Einflüsse oder begleitend dazu auftreten (sekundäres RLS):

  • Eisenmangel
  • Nierenfunktionsstörung
  • Schwangerschaft (mehr dazu lesen Sie im Artikel "Restless-Legs-Syndrom in der Schwangerschaft")
  • Neurologische Erkrankungen wie Polyneuropathie oder Morbus Parkinson

Manche Medikamente können ein Restless Legs Syndrom auslösen oder verstärken.

Wie stellt der Arzt die Diagnose RLS?

Der Arzt erkundigt sich nach den Beschwerden und der Krankengeschichte. Tritt RLS auch bei Familienangehörigen auf, macht das die Diagnose wahrscheinlicher. Die folgenden vier Punkte sprechen für ein Restless-Legs-Syndrom:

  • Die Betroffenen spüren einen unangenehmen Bewegungsdrang, meist in den Beinen, eventuell verbunden mit Empfindungsstörungen oder Schmerzen
  • Die Symptome treten hauptsächlich in Ruhe auf
  • Bewegung lindert die Symptome vorübergehend
  • Die Beschwerden machen sich vor allem am Abend und in der Nacht bemerkbar

Es folgt eine körperliche und vor allem neurologische Untersuchung. Meistens ist das Ergebnis unauffällig. Die neurologische Untersuchung liefert manchmal aber auch Hinweise auf eine (begleitende) Nervenkrankheit.

Das Restless Legs Syndrom kann die Folge anderer Erkrankungen oder Störungen sein. Um sie aufzudecken, wird der Arzt weitere Untersuchungen vornehmen:

  • Durch eine Blutuntersuchung lässt sich ein Eisenmangel ausschließen. Der Ferritin-Wert sollte im oberen Normalbereich liegen
  • Die Nierenwerte im Blut geben Aufschluss über die Nierenfunktion
  • Die Schilddrüsenwerte können Schilddrüsenstörungen aufdecken

RLS-Symptome ähneln manchmal den Beschwerden der Nervenerkrankung Polyneuropathie. Um sie abzugrenzen, misst der Arzt die Nervenleitgeschwindigkeit (Elektroneurografie) und die Arbeitsweise der Muskulatur (Elektromyografie).

Stehen Schlafstörungen und ausgeprägte Tagesmüdigkeit im Vordergrund, kann eine Untersuchung im Schlaflabor aufschlussreich sein. Die Ärzte erfassen dort mithilfe spezieller Messgeräte zum Beispiel unwillkürliche Beinbewegungen während des Schlafs. So lassen sich andere Ursachen eines gestörten Schlafs erkennen.

L-Dopa-Test

Der L-Dopa-Test kann den Verdacht auf unruhige Beine erhärten. Das Medikament L-Dopa wird im Gehirn zu Dopamin. Dieses beeinflusst die Signalübertragung der Nerven. Beim L-Dopa-Test erhält der Erkrankte L-Dopa, sobald die Beschwerden einsetzen. Bessern sich die Symptome, deutet dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Restless Legs Syndrom hin. Tritt keine Besserung ein, spricht das jedoch nicht gegen RLS.

Therapie: Was hilft bei Restless Legs Syndrom?

Ob ein Restless Legs Syndrom behandelt werden sollte, ist immer eine individuelle Entscheidung. Ausschlaggebend sind die Beschwerden des Patienten.

RLS kann während der Schwangerschaft auftreten. Dann verschwindet es oft nach der Entbindung. Mehr dazu lesen Sie im Beitrag "Restless-Legs-Syndrom in der Schwangerschaft".

Hat sich das Syndrom aufgrund einer Erkrankung oder Störung entwickelt, reicht es manchmal aus, diese zu behandeln:

  • Bei einem Eisenmangel erhält der Patient Eisen als Präparat oder Infusion
  • Eine schwere Nierenfunktionsstörung muss entsprechend behandelt werden

Manche Medikamente können ein Restless Legs Syndrom verstärken. Eventuell ist es möglich, die Arzneien – in Abstimmung mit dem Arzt – gegen geeignetere zu tauschen.

Therapie mit Medikamenten

Bei einem Restless Legs Syndrom unbekannter Ursache können die Symptome mit Medikamenten behandelt werden. Das Syndrom selbst ist nicht heilbar.

Vielen Betroffenen helfen Wirkstoffe, die in höherer Dosierung auch gegen die Parkinson-Krankheit eingesetzt werden, zum Beispiel Dopamin-Präparate. Ähnlich wie der körpereigene Botenstoff Dopamin wirken diese Arzneien auf die Kommunikation der Nervenzellen.

Mittel der Wahl bei leichten Beschwerden ist L-Dopa in Kombination mit Benserazid. Neben diesem Medikament gibt es auch eine Version, die den Wirkstoff nach und nach mit Verzögerung freigibt (Retardform), die jedoch häufig weniger wirksam ist als das Standard-Präparat.

Ebenfalls bei RLS zugelassen sind Ropinirol oder Pramipexol und Rotigotin. Diese sogenannten Dopaminagonisten wirken ähnlich wie L-Dopa.

Bei all diesen Medikamenten können Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Schwindel vorkommen, vor allem in der ersten Zeit nach Therapiebeginn.

Über die Parkinsonmedikamente hinaus ist für schweres RLS ein Opiat (Oxycodon und Naloxon) zugelassen, welches nach Einnahme langsam in den Blutkreislauf freigesetzt wird (retardiert).

Auch Wirkstoffe gegen Epilepsien wie Pregabalin, Carbamazepin oder Gabapentin können die RLS-Symptome lindern. Diese sind jedoch für RLS nicht zugelassen.

Problem "Augmentation"

Manchmal verstärken Dopamin-Präparate die Beschwerden des Restless Legs Syndroms, medizinisch Augmentation genannt. Das Risiko für eine Augmentation erhöht sich mit zunehmender Dosis der Parkinson-Medikmente. Die Symptome entwickeln sich dann schon früher am Tag und nicht erst abends oder in der Nacht. Oft sind sie quälender als zuvor. Sie setzen in Ruhe rascher ein und können sich auf andere Körperregionen ausbreiten. Die Augmentation lässt sich behandeln, indem auf ein anderes Medikament umgestellt wird.

Was hilft sonst noch?

Manche Patienten machen gute Erfahrungen mit Hausmitteln wie Wechselduschen oder leichter Gymnastik. Manche probieren es mit Homöopathie. Einen wissenschaftlichen Beleg für die Wirksamkeit solcher Maßnahmen gibt es allerdings nicht. Ob Magnesiumpräparate helfen, ist ebenfalls unklar.

Ein Restless Legs Syndrom kann die Lebensqualität und das psychische Wohlbefinden stark beeinträchtigen. Mit dem Arzt kann in solchen Fällen die Möglichkeit einer psychotherapeutischen Unterstützung besprochen werden. Der Austausch mit anderen Betroffenen – zum Beispiel in einer Selbsthilfegruppe - wirkt eventuell entlastend.

Privatdozentin Dr. med. Ilonka Eisensehr

Privatdozentin Dr. med. Ilonka Eisensehr

Beratende Expertin

Privatdozentin Dr. med. Ilonka Eisensehr ist Fachärztin für Neurologie. Sie studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Tufts University Boston und habilitierte sich an der Universität München über das Dopaminsystem und Schlaf-bezogene Bewegungsstörungen. Sie ist in eigener neurologischer Praxis in München tätig, außerdem Mitglied des Lehrkörpers der Universität München. Sie verfasste zahlreiche Publikationen zum Thema Dopaminsystem, Schlafmedizin und Epilepsie und ist Mitglied in vielen wissenschaftlichen Gremien. Ihre Schwerpunkte sind: Neurologische Diagnostik, Diagnostik und Behandlung von Bewegungsstörungen, Schlafstörungen sowie des Restless-Legs-Syndroms, außerdem Schlaganfall-Check inklusive Farbduplexsonographie.

Informationen und Hilfe finden Sie auch bei der Deutschen Restless Legs Vereinigung.

Quellen:
Leitlinie "Restless-Legs-Syndrom (RLS) und Periodic Limb Movement Disorder (PLMD)", AWMF-Leitlinien-Register Nr. 030/081, (Stand: September 2012)
Marco Mumenthaler, Heinrich Mattle: Neurologie, Thieme-Verlag, Stuttgart 2013
Bremer J. et al.: Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, Springer-Verlag, Berlin 2007

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.