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Über Multiple Sklerose sagt man, es sei die Krankheit mit den tausend Gesichtern. Ähnliches könnte für die Myalgische Enzephalomyelitis gelten. Patienten berichten über verschiedenste Beschwerden, die unterschiedlich stark ausgeprägt sind, die sich von Tag zu Tag und sogar im Laufe eines Tages verändern. ME/CFS kann plötzlich beginnen, aber auch schleichend, es kann sich dauerhaft verschlechtern oder in Schüben verlaufen.

Manche Menschen, die daran erkrankt sind, können Beruf und Privatleben noch einigermaßen stemmen – wenn auch mit deutlichen Einschränkungen. Andere trifft es so schwer, dass sie es nicht mehr alleine schaffen, das Haus zu verlassen, teilweise nicht mal mehr das Bett. Schätzungen zufolge sind circa ein Viertel der Betroffenen haus- oder bettgebunden. Sie verschwinden aus dem Leben, ganz plötzlich.

Ärzte versuchen seit vielen Jahren einheitliche Kriterien festzulegen, anhand derer sie ME/CFS erkennen und die Diagnose stellen können. Dazu zählen unter anderem ältere wie die Kriterien nach Bell oder Fukuda. Neuere sind die Kanadischen Konsensuskriterien, aus denen die Internationalen Konsensuskriterien (ICC) hervorgegangen sind, sowie die des US-amerikanischen Institute of Medicine (IOM). Die von den Patienten beschriebenen Symptome stimmen bei den verschiedenen Richtlinien recht gut überein. Sie weichen aber darin ab, welche Beschwerden als charakteristisch gelten und helfen, ME/CFS von anderen Krankheiten zu unterscheiden.

Erschöpfung und Verschlimmerung der Symptome nach Belastung

Ein gesunder Mensch ist tagsüber körperlich und geistig aktiv, arbeitet, macht Erledigungen, geht seinen Hobbys nach. Abends ist er müde, auch ein Mittagstief ist normal. Jeder Mensch hat mal gute und schlechte Tage. Wer einen anstrengenden Tag hinter sich hat, fühlt sich erschöpft, ruht sich aus und ist bald wieder fit.

Für jemanden, der am Chronischen Fatigue Syndrom erkrankt ist, können im Vergleich zu früher einfachste Tätigkeiten in eine ausgeprägte Erschöpfung und Schwäche münden. Dazu reicht es, einen kleinen Spaziergang zu machen, eine Treppe hochzugehen, zu telefonieren, zu lesen, die Spülmaschine auszuräumen. Die Schwelle, ab der ein Betroffener erschöpft ist, kann sehr weit unten liegen. Ruhe verbessert diesen Zustand nicht wesentlich. Erschöpfung ist bei vielen Erkrankten ein Dauerthema, das über Jahre anhalten kann.

Hinzukommt, dass sich nach der teilweise kleinsten geistigen, psychischen oder körperlichen Anstrengung zeitverzögert – oft erst am nächsten Tag – die Erschöpfung verschlimmert. "Das ist charakteristisch für die Erkrankung", erklärt Scheibenbogen. Das Gefühl, der Akku ist leer und lässt sich nicht mehr aufladen, hält bisweilen über Tage oder Wochen an. Zudem berichten viele, sie fühlen sich, als hätten sie eine Erkältung mit Kopf- und Gliederschmerzen, leicht erhöhter Temperatur und geschwollenen Lymphknoten. Praktisch alle weiteren Symptome eines Patienten können sich nach einer Belastung verstärken.

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Schlechtes Gedächtnis, fehlende Konzentration

"Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme treten fast immer auf, sie können sehr ausgeprägt sein", erläutert die Berliner CFS-Expertin. Manche Erkrankten können sich schlecht konzentrieren, fühlen sich geistig wie benebelt, als würde das Gehirn von Reizen überflutet werden. Sie finden keine Worte, verlieren den Faden mitten im Satz, wirken geistig abwesend.

Kreislaufprobleme, Verdauungsbeschwerden, Gefühlsstörungen

Wenn sie aufstehen, rast das Herz oder stolpert. Ihnen wird schwindlig, sie fühlen sich benommen, schnappen nach Luft, sind unsicher auf den Beinen. So skizzieren Patienten oft die Kreislaufprobleme, die sie haben. Ein Teil von ihnen kämpft mit Verdauungsstörungen wie Reizmagen oder Reizdarm, andere haben eine Reizblase. Erkrankte reagieren nicht selten überempfindlich auf Licht, Gerüche, Geräusche und Berührungen. Sie bekommen Schweißausbrüche und haben trotzdem kalte Hände und Füße. Sie spüren ein Brennen und Kribbeln, die Muskeln zucken.

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"Viele Patienten leiden häufig an Infekten", so Scheibenbogen. Diese verlaufen oft schwerer und länger als bei gesunden Menschen.

Diagnose: Wie können Ärzte ein Chronisches Fatigue Syndrom feststellen?

Viele Mediziner kennen sich mit dem Krankheitsbild nur wenig aus und neigen dazu, die Beschwerden als psychisch bedingt zu deuten. Für Patienten ist es zum Teil schwierig, den "richtigen" Arzt zu finden. Sie haben lange Arzt-Odysseen hinter sich, bis endlich die Diagnose ME/CFS gestellt wird. "Das Problem ist, dass es bislang keinen diagnostischen Marker gibt, der spezifisch für die Krankheit ist", sagt Scheibenbogen.

Zwar gibt es durchaus Auffälligkeiten, die auf ME/CFS hindeuten. Zum Beispiel finden sich bei einem Teil der Patienten Hinweise auf einen Immundefekt, einen gestörten Energiestoffwechsel und eine Neigung zu Autoimmunkrankheiten. Die Daten stammen jedoch aus Studien, die erst durch weitere, größere bestätigt werden müssen. Zu unterschiedlich sind bislang die Ergebnisse solcher Analysen. Standardtests, wie sie beim Arzt üblich sind, verlaufen oft unauffällig.

Letztendlich muss sich ein erfahrener Arzt die Krankheitsgeschichte des Patienten anhören, die typischen Symptome von ME/CFS kennen und Krankheiten ausschließen, die mit ähnlichen Beschwerden einhergehen können. Wie zum Beispiel Depression, Rheuma, Schilddrüsenunterfunktion oder Schlafstörungen. Doch auch hier gilt Vorsicht. Wie Studien zeigen, tritt ME/CFS möglicherweise zusammen mit anderen Krankheiten auf, unter anderem Fibromyalgie, Reizdarm, Zöliakie, Depression, Allergien und Kreislaufsstörungen. Hier ist es für Ärzte und Ärztinnen manchmal schwer, die Erkrankung richtig einzuordnen.

CFS, Burnout oder Depression?

Erschöpfung, Müdigkeit, Bauchkrämpfe, Kopfschmerzen, Lärmempfindlichkeit, Konzentrationsprobleme: Solche Beschwerden treten gleichermaßen beim Chronic Fatigue Syndrom, bei einer Depression und einem Burnout auf. Woran soll man die Krankheitsbilder also unterscheiden? Das kann eine wirklich knifflige Aufgabe werden.

Ärzte wurden jahrelang dafür gegängelt, dass sie potenziellen psychischen Problemen ihrer Patienten zu wenig Aufmerksamkeit schenkten. Das hat sich inzwischen vielfach geändert, was auch wichtig ist. Allerdings passiert es, dass Ärzte Menschen mit komplexen Beschwerden, für die sich mit den klassischen Methoden keine Ursache finden lässt, manchmal zu schnell für psychisch krank halten. Sie sagen dann, ein seelisches Problem würde sich körperlich äußern – das gibt natürlich es auch, und zwar gar nicht so selten. Erschwerend kommt hinzu, "dass ein Teil der Betroffenen infolge der sehr belastenden Krankheit eine depressive Reaktion entwickelt", meint Scheibenbogen.

Patienten hingegen fühlen sich vom Arzt nicht ernst genommen, missverstanden, als psychisch krank abgetan. Dabei sind sie sich sicher, ein körperliches Problem zu haben und kein seelisches. Für Betroffene stellt in ihrer eigenen Wahrnehmung vor allem der Antrieb den entscheidenden Unterschied dar. Ein depressiver Mensch fühlt sich häufig antriebslos, wertlos, niedergeschlagen, kann sich an nichts mehr erfreuen. Wer an CFS leidet, hat den Antrieb, wird aber von seinem Körper daran gehindert, wieder aktiver zu werden. Er will, kann aber nicht.

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