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Ungesunde Ernährung als Auslöser?

Laut der deutschen Ärzteleitlinie hat die Colitis ulcerosa seit den 1950er-Jahren in den westlichen Industrieländern, aber auch in anderen Ländern, die sich auf dem Weg zur Industrialisierung befinden, deutlich zugenommen. Da Menschen zeitgleich zunehmend mehr verarbeitete Kohlenhydrate und Zucker sowie chemisch aufbereitete Fette gegessen haben, dafür aber deutlich weniger Ballaststoffe, vermuten Forscher, es könnte einen Zusammenhang geben. Neuere Studien zeigen zudem, dass tierisches Eiweiß und Transfettsäuren einen ungünstigen Einfluss haben könnten. Omega-3-Fettsäuren, Gemüse und Vitamin D könnten sich dagegen positiv auswirken. Ob bestimmte Lebensmittel oder Ernährungsweisen aber tatsächlich eine Colitis ulcerosa begünstigen oder vor dieser schützen können, ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt.

Gesund ernähren, Nährstoffmängel vermeiden

Bedingt durch die häufigen Durchfälle, die Bauchschmerzen, die entzündete Darmschleimhaut und mangelnden Appetit, nehmen Menschen mit Colitis ulcerosa häufig zu wenig Nährstoffe auf. Es kann zu einem Mangel an Makronährstoffen wie Eiweiß kommen und zu einem Mangel an Mikronährstoffen: Colitis-Patienten haben häufig zu wenig Eisen, Vitamin D, Folsäure, Vitamin B12, Zink und Selen. Sie sollten daher gezielt Lebensmittel essen, die größere Mengen dieser Mikronährstoffe enthalten. Nahrungsergänzungsmittel sollten nur bei einem nachgewiesenem Mangel an Mikronährstoffen und nach Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin eingenommen werden.

Zudem haben Betroffene häufig an Nahrungsmittelunverträglichkeiten, was zusätzliche Beschwerden bereitet. Bei Kindern können die Nährstoffdefizite sogar zu einem verminderten Wachstum führen.

Studien haben gezeigt, dass Mangelerscheinungen zu Gewichtsverlust führen können. Ebenso schwindet Muskelmasse, da im Rahmen einer Entzündung Eiweiß über den Darm verloren geht oder mehr Eiweiß gebraucht und gegebenenfalls aus den Muskeln abgebaut wird. Auch mangelnde Bewegung, bedingt durch die schlechte körperliche Verfassung während eines akuten Schubs der Colitis, trägt zum Muskelabbau bei. Eine ausreichende Eiweißaufnahme ist daher wichtig.

Während eines akuten Schubs kann es nötig sein, zusätzlich zur normalen angepassten Kost, Trinknahrung zu sich zu nehmen. Bei einer sehr ausgeprägten Form der Darmentzündung, die in der Klinik behandelt werden muss, ist gelegentlich eine parenterale Ernährung notwendig, bei der alle wichtigen Nährstoffe als Infusion verabreicht werden.

Lässt sich die Remission durch angepasste Ernährung beeinflussen?

Folgende Ernährungsmaßnahmen könnten einen positiven Einfluss auf die Aktivität der Colitis ulcerosa haben (eindeutige wissenschaftliche Belege stehen allerdings aus):

• Wenig verarbeitete Lebensmittel, künstliche Süßungsmittel und Emulgatoren essen.

• Lebensmittel meiden, die viel Transfette enthalten können, zum Beispiel Chips, Margarine, Kekse, süße (industriell hergestellte) Backwaren.

• Ob die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren die Erkrankung positiv beeinflusst, ist derzeit unklar. Reich an Omega-3-Fettsäuren sind zum Beispiel Leinöl und Fisch.

• Wer aufgrund der Colitis Verengungen im Dickdarm hat, sollte nur wenig Ballaststoffe essen. Ansonsten können sich Ballaststoffe aus Gemüse, Obst, Nüssen, Samen und Vollkornprodukten vermutlich günstig auswirken, da Ballaststoffe die Stuhlkonsistenz beeinflussen und den „guten“ Darmbakterien als Futter dienen.

• Viele Menschen mit Colitis ulcerosa berichten, dass bestimmte Lebensmittel ihre Symptome verschlechtern. Es ist dann durchaus sinnvoll, in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin, auf diese zu verzichten.

• Einige Patientinnen und Patienten könnten von der Low-FODMAP-Diät profitieren. Hier müssen Sie über einen definierten Zeitraum bestimmte Zuckermoleküle aus Obst und Gemüse, aber auch aus Weizen, Kuhmilch, etc. meiden. Die Low-FODMAP-Diät hat sich etabliert, um die Beschwerden eines Reizdarmsyndroms, welches oft in Folge einer Colitis ulcerosa auftritt, zu behandeln. Sie eignet sich nicht als langfristige Ernährungsform, da die Zuckermoleküle, die gemieden werden, den guten Darmbakterien als Futter dienen.

• In den USA ist die sogenannte Specific Carbohydrate Diet (SCD) verbreitet, bei der Sie auf zahlreiche Lebensmittel verzichten müssen, die bestimmte Kohlenhydrate enthalten. Es ist im Grunde eine spezielle Form der Steinzeiternährung. Etwas weniger restriktiv ist die IBD-Anti-Inflammatory Diet, welche von der Universität von Massachusetts (USA) entwickelt wurde und zu der es erste kleine Studien gibt. Nutzen und Risiken dieser Diäten sind unter Ärzten und Wissenschaftlerinnen umstritten. Besprechen Sie dies unbedingt vorher mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin!

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Beratender Experte

Beratender Experte: Prof. Torsten Kucharzik

Beratender Experte: Prof. Torsten Kucharzik

Professor Dr. Torsten Kucharzik ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Endokrinologie, Diabetologie, Geriatrie und Rettungsmedizin. Er ist Ärztlicher Direktor des Klinikums Lüneburg undChefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie am Klinikum Lüneburg. Zu seinen klinischen Forschungsschwerpunkten zählen chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Er ist außerdem korrespondierender Autor der S3-Leitlinie Colitis ulcerosa.

Quellen:

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Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

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