Die diesjährigen Medizin-Nobelpreisträger Harvey J. Alter, Michael Houghton und Charles M. Rice haben der Menschheit mit der Entdeckung des Hepatitis-C-Virus einen großen Dienst erwiesen. Ihre Forschung nützt letztlich auch dem aktuellen Kampf gegen das Coronavirus, wie eine Expertin der Nobelversammlung, Maria Masucci, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Stockholm unterstreicht.

Warum ist die Entdeckung des Hepatitis-C-Virus durch die diesjährigen Preisträger so wichtig gewesen?

Weil das Krankheitsrisiko sehr hoch war, bevor man die Träger identifizieren konnte. Sehr hoch im Sinne von sehr bedrohlich. Dieses Virus wird durch Blutkontakt übertragen, ein wenig wie HIV. Es wird nicht so sehr sexuell übertragen, sondern zum Beispiel, wenn man operiert wird, zum Zahnarzt geht, ein Tattoo bekommt - überall, weil die Überträger unbekannt waren.

Wie steht es derzeit um den Kampf gegen Hepatitis?

Das Screening auf Hepatitis C und Hepatitis B ist weit verbreitet. Unglücklicherweise gibt es noch immer viele Träger in einigen Weltteilen. Hepatitis C ist weltweit verbreitet, aber vor allem in einigen Teilen Europas wie Russland und Osteuropa. Hepatitis B ist besonders in Asien verbreitet. Wir haben also einen langen Weg hinter uns, sind aber noch nicht am Ziel. Es gibt noch eine Menge zu tun. Lassen Sie es mich so sagen: Die Wissenschaft hat getan, was sie konnte. Jetzt ist die Gesellschaft dran.

Inwiefern nutzt die Forschung der Preisträger auch dem Kampf gegen das Coronavirus?

Ich denke, die Wissenschaft hat verglichen mit der Zeit, als diese Forscher ihre Entdeckungen gemacht haben, einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Hepatitis C war das erste Virus, das durch molekulare Methoden entdeckt wurde. Es hat Jahre gedauert, bis man vom Wissen über einen möglichen Infektionserreger zur Identifizierung eines Kandidaten gekommen ist, vielleicht 15 Jahre. Jetzt hat es ungefähr 15 Tage gedauert, um den Geheimnissen des Coronavirus auf den Grund zu gehen.

Der Fortschritt bei Corona ist dramatisch und extrem schnell gewesen. Gleichzeitig haben wir ein Verständnis dafür, dass jedes Virus anders ist und seine eigenen Strategien hat. Dabei ist das Hepatitis-C-Virus ein RNA-Virus, wie das Coronavirus. Es ist nicht dieselbe Familie, aber viele Charakteristika sind zumindest ähnlich.

War es in diesem Jahr zu früh für einen Preis für die Forschung im Kampf gegen Corona?

Es ist ein bisschen zu früh, um zu verstehen, ob einer der vielen, vielen Fortschritte, die beim Verstehen des Coronavirus gemacht wurden, eine wirklich bahnbrechende Entdeckung ist. Deshalb wird das eine kleine Weile dauern.

Zur Person: Maria Masucci ist Mitglied der Nobelversammlung des Karolinska-Instituts in Stockholm. Dort ist sie Professorin für Virologie am Institut für Zell- und Molekularbiologie.