Welche Impfungen im Alter wichtig sind

Grippeimpfung: Für ältere Menschen ein wichtiger Schutz vor schwerer Erkrankung
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Haben Sie dieses Jahr schon einmal in Ihren Imfpass geschaut? Hinter vier Impfungen sollte am Ende des Jahres ein Haken stehen. Damit schützen Sie sich gegen die häufigsten und für Sie riskantesten Erreger, wenn Sie das 60. Lebensjahr überschritten haben. Für manche der empfohlenen Impfungen müssen Sie jedes Jahr bei Ihrem Hausarzt antreten – etwa für die jährliche Grippeimpfung am besten zwischen Oktober und November. Bei anderen wiederum reicht eine ein- oder zweimalige Injektion oder eine Auffrischung alle zehn Jahre. Außerdem hängt es auch von Ihrem Gesundheitszustand oder Ihren Vorerkrankungen ab, ob der Arzt Sie zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal stechen muss.
Impfen – ein lebenslanges Thema
Senioren sollten sich bewusst machen, dass der Mensch im Alter anfälliger für Infektionen wird. Das Immunsystem lässt nach, die Abwehrkräfte arbeiten weniger effektiv und können Angriffe schlechter abwehren als in jungen Jahren. Deshalb haben Viren und Bakterien leichteres Spiel und sind häufiger für jene Lungenentzündungen verantwortlich, die im Krankenhaus enden.
Die Impfstoffwirkung fällt bei Älteren schwächer aus. Ein 100-prozentiger Schutz ist nicht garantiert. "Eine Impfung – etwa gegen die Grippe – kann die Ansteckung nicht völlig ausschließen", sagt Dr. Anja Kwetkat, Leiterin der Arbeitsgruppe Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie. "Aber der Verlauf der Erkrankung, die Schwere der Beschwerden sind weitaus weniger schlimm." Die Geimpften landen seltener im Krankenhaus oder in einer langen Bettlägerigkeit. Ärzte müssen bei ihnen seltener Antibiotika verordnen. Kwetkat rät, wenigstens einmal im Jahr den Impfpass zum Hausarzt mitzunehmen, damit er den Impfstatus kontrollieren kann.
Welche Impfungen sind ab 60 Jahren sinnvoll?
Die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO) veröffentlicht jährlich ihre aktuellen Empfehlungen zum Impfschutz. Derzeit rät sie Menschen ab einem Alter von 60 Jahren zu folgenden Impfungen:
- Tetanus: Selbst kleine Verletzungen können bei Ungeimpften zu einem Wundstarrkrampf führen, wenn die auslösenden Erreger in die Wunde eindringen. Die Grundimmunisierung findet deshalb in der Regel im ersten Lebensjahr statt. Erwachsene jeden Alters sollten alle zehn Jahre ihren Impfschutz auffrischen lassen.
- Diphtherie: Diese Krankheit wird durch Bakterien übertragen und kann mitunter lebensgefährlich verlaufen. Wie bei Tetanus erfolgt die Grundimmunisierung für Diphtherie meist in der Kindheit. Bei Erwachsenen ist alle zehn Jahre eine Auffrischung angeraten.
- Keuchhusten (Pertussis): Die STIKO empfiehlt, sich bei der nächsten Auffrischung gegen Tetanus und Diphtherie auch gegen Keuchhusten impfen zu lassen. Die vermeintliche Kinderkrankheit kann Älteren gefährlich werden. Wer Umgang mit kleinen Kindern hat, sollte auf jeden Fall sicherstellen, dass er geimpft ist.
- Pneumokokken: Die Bakterien können eine Lungenentzündung auslösen, die bei Älteren oft schwer und manchmal sogar tödlich verläuft. Deshalb sollten alle Menschen ab 60 Jahren oder mit bestimmten chronischen Krankheiten sich einmal dagegen impfen lassen. Unter Umständen kann eine Auffrischung sinnvoll sein. Das am besten mit dem Hausarzt absprechen.
- Grippe (Influenza): Die Impfung gegen Grippe muss jährlich erfolgen, am besten im Herbst, vor Beginn der Grippesaison. Doch auch zu einem späteren Zeitpunkt, im Dezember oder Januar, kann die Immunisierung durchaus noch sinnvoll sein. Die große Grippewelle erreicht uns oft erst nach dem Jahreswechsel. Gehen Sie trotzdem rechtzeitig zur Impfung – es dauert etwa zwei Wochen, bis der Schutz vollständig aufgebaut ist.
- Gürtelrose (Herpes-Zoster): Die Erreger der Windpocken können nach jahrzehntelangem Schlummer im Körper wieder aktiv werden und dann eine Gürtelrose hervorrufen. Am häufigsten trifft es Erwachsene ab 60 oder Menschen mit geschwächter Abwehrkraft. Ein so genannter Totimpfstoff zeigte bislang den besten und auch nebenwirkungsärmsten Schutz. Ihre Impfung sollte an zwei Terminen im Abstand von 2 bis 6 Monaten erfolgen. Bei der Zoster-Impfung sind die Nebenwirkungen besonders häufig und unangenehm: etwa Rötungen, Schwellungen, Müdigkeit, Muskel- oder Kopfschmerzen. Sie treten bei etwa jedem Zehnten auf und dauern nur wenige Tage an. Ein Problem sind die nach wie vor bestehenden Lieferengpässe, weil die Nachfrage die Produktionskapazitäten ubersteigt. Besprechen Sie mit Ihrem Hausarzt, wann Sie geimpft werden können.
Weitere Impfungen sind im Einzelfall empfehlenswert.
- Lassen Sie sich gegen FSME impfen, wenn Sie in einem Zecken-Risikogebiet leben und sich viel im Freien aufhalten. Hier braucht es eine Grundimmunisierung mit drei Impfungen im Abstand von wenigen Monaten. bei Älteren sollte die Impfung alle drei Jahre aufgefrischt werden.
- Auch Reiseimpfungen können sinnvoll sein. Wenn Sie eine Fernreise planen, fragen Sie Ihren Arzt, wogegen Sie sich schützen sollten – z.B. gegen Cholera, Typhus, Gelbfieber, Hepatitis oder Polio.
Wie wirken Impfungen?
Wer gegen eine Krankheit geimpft ist, bildet üblicherweise Abwehrstoffe (Antikörper) gegen den auslösenden Erreger. Diese Antikörper richten sich gegen den Keim oder Bestandteile davon. Sie sorgen dafür, dass das Immunsystem den Erreger unschädlich macht, wenn er in den Körper gelangt. Das schützt nicht nur die geimpfte Person vor einer Erkrankung, sondern verhindert auch, dass sich der Erreger im Körper weiter vermehren kann und auf andere Personen übertragen wird.
Experten sprechen in diesem Zusammenhang auch von "Herdenimmunität". Wenn sehr viele Menschen gegen eine bestimmte Krankheit geimpft oder anderweitig immunisiert sind, kann diese sich nicht weiter in der Bevölkerung verbreiten. Auf diese Weise gelang es zum Beispiel mithilfe der Impfung, die Pocken auszurotten.
Wie finde ich heraus, ob ich geimpft bin?
Viele Impfungen benötigen von Zeit zu Zeit eine Auffrischung, damit der Schutz gewährleistet bleibt. Wenn Sie wissen wollen, ob Sie gegen eine Infektionskrankheit geschützt sind und wann Ihre nächsten Impftermine anstehen, genügt oft schon ein Blick in den Impfpass. Dort trägt der Arzt jede Impfung mit Datum ein. Manche Mediziner schreiben gleich mit Bleistift den nächsten Impftermin darunter. Falls Sie mit den Einträgen im Impfpass nicht zurecht kommen, nehmen Sie das Dokument einfach zum nächsten Termin in die Praxis mit und lassen Sie dort überprüfen, ob Ihr Impfschutz vollständig ist.
Was tun, wenn ich Auffrischungsimpfungen über Jahre hinweg vergessen habe?
Wenn Sie Auffrischungsimpfungen vergessen haben, sollten Sie diese möglichst rasch nachholen. Die Antikörper, die nach einer Impfung gebildet werden und im Blut zirkulieren, nehmen im Lauf der Jahre ab. Durch die Auffrischungsimpfung wird der Körper quasi an den Impfschutz erinnert und bildet wieder neue Antikörper. Nach dem Prinzip "Jede Impfung zählt" ist in der Regel keine erneute Grundimmunisierung nötig. Besprechen Sie das Thema mit Ihrem Hausarzt und nehmen Sie den Impfpass zum Gespräch mit.
Und was, wenn ich den Impfpass verloren habe?
Können Sie Ihren Impfpass nicht mehr finden, stellt Ihnen der Hausarzt einen neuen aus. Ihren Impfstatus können Sie bei dem Arzt erfragen, bei dem Sie die Impfungen haben machen lassen. Liegt die letzte Immunisierung zu lange zurück oder ist aus einem anderen Grund nicht dokumentiert, empfiehlt die STIKO, die notwendigen Impfungen vorsichtshalber auffrischen zu lassen. Sprechen Sie das am besten mit Ihrem Hausarzt ab.
Trägt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten?
Generelle Richtlinien, welche Impfung für wen sinnvoll ist, legt in Deutschland die STIKO fest. Empfiehlt sie eine Impfung, tragen meist die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten. Der gemeinsame Bundesausschuss der gesetzlichen Krankenkassen, der darüber entscheidet, orientiert sich an den Vorgaben der STIKO.
Ich nehme Immunsuppressiva. Worauf muss ich bei der Impfung achten?
Wer aufgrund von Rheuma, einer Organtransplantation oder aus einem andern Grund Medikamente nimmt, die das Immunsystem unterdrücken, ist besonders gefährdet, eine Infektion mit Viren oder Bakterien zu erleiden oder sogar bei erfolgter Infektion besonders schwer zu erkranken. Der beste Schutz gegen einige gefährliche Viren und Bakterien ist eine Impfung – doch durch eine immunsuppressive Therapie ist diese nicht immer möglich.
Es kommt darauf an, womit der Patient geimpft wird: Bei Totimpfstoffen gibt es beispielsweise keine Probleme. Der Patient kann laut STIKO geimpft werden, ohne dass die Medikamente vorübergehend abgesetzt werden müssen. Es kann aber sein, dass der Schutz durch die Impfung bei ihm nicht so gut ist wie gewünscht. Um das zu überprüfen, kann der Arzt das Blut später auf Antikörper untersuchen lassen.
Komplizierter ist es mit Lebendimpfstoffen. Hier muss der Arzt genau abwägen, ob und wie geimpft werden kann. Denn solange die Abwehrkräfte durch Medikamente unterdrückt werden, kann auch schon die geringe Menge an lebenden Erregern im Impfstoff den Patienten schwer krank machen. Manchmal kann die Medikamenten-Einnahme aber für ein paar Wochen vor und nach dem Impftermin unterbrochen werden, damit der Körper einen Impfschutz aufbauen kann. Rheumatologe Prof. Hendrik Schulze-Koops vom Klinikum der Universität München betont aber, dass diese Entscheidung immer individuell vom behandelnden Arzt getroffen werden muss, da nicht jeder Patient einfach die Medikamente aussetzen kann.
Wer ein eingeschränktes Immunsystem hat, ist außerdem darauf angewiesen, dass sein Umfeld gut geschützt ist. Partner, Familienmitglieder und enge Freunde sollten möglichst einen vollständigen Impfschutz vorweisen können. Doch Achtung: Wenn sich Partner oder Kinder mit Lebendimpfstoffen immunisieren lassen, können sie unter Umständen immunsupprimierte Angehörigen mit den Impfviren anstecken. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob und wie lange Sie dann besser Abstand halten sollten.
Fachliche Beratung:
- Dr. Anja Kwetkat, Leiterin der Arbeitsgruppe Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie
- Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Fachimmunologe am Klinikum der Universität München.