Omikron und Corona–Medikamente: Was hilft gegen die neue Variante?

Personen mit einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf, können Medikamente gegen Covid-19 helfen.
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Seitdem vor gut zwei Jahren die ersten Covid–19-Patienten Deutschlands in München behandelt wurden, hat sich das Virus verändert. Die Omikron-Variante verbreitete sich besonders schnell. Von ihrer Subvariante BQ.1.1 wird das nun wieder befürchtet. Sie ist so mutiert, dass sie sich wohl leichter überträgt als die vorhergehenden Subvarianten sowie die Delta–Variante. Zudem versagen bei ihr bestimmte Medikamente.
Schon eine im Dezember 2021 im Fachmagazin „Cell“ veröffentlichten Studie zeigte, dass mehrere Präparate bei Omikron anscheinend ihre Wirksamkeit einbüßen. Dabei ging es laut Mitteilung der Uni Erlangen um viele der zugelassenen und gegen frühere Varianten wirksamen Medikamente auf Antikörper–Basis.
Mitte November 2022 kam nun eine weitere Studie zu dem Ergebnis: Für die Behandlung der Corona-Subvariante Omikron BQ.1.1 werden die Antikörper-Präparate nicht zum Einsatz kommen können. Alle derzeit zugelassenen Antikörpertherapien wirkten bei ihr nicht, teilte das Deutsche Primatenzentrum in Göttingen mit. Die Analyse von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der Einrichtung sowie der Universität Erlangen-Nürnberg wird in der Fachzeitschrift „The Lancet Infectious Diseases“ vorgestellt.
Reduzierte Wirksamkeit von Antikörper–Präparaten
Antikörper bildet der Körper nach einer Impfung oder Infektion. Sie können an das Virus binden und es ausschalten. Antikörper können auch biotechnologisch hergestellt werden, um damit Infizierte zu behandeln. Weil das Omikron–Virus gegenüber früheren Varianten deutlich verändert ist, können Antikörper – körpereigene oder als Medikament hergestellte – die Infektion aber offenbar nicht mehr so gut bekämpfen.
Casirivimab, Sotrovimab, Tixagevimab und Cilgavimab: Auf solchen Antikörper-Präparaten ruhte zunächst Hoffnung. Bei früher Gabe sollten sie schwere Verläufe verhindern. Bei Omikron BQ.1.1 gelten sie nun als wirkungslos.
Bei ihren Laboruntersuchungen an Zellkulturen stellten die Forschenden aus Göttingen und Erlangen-Nürnberg fest, dass BQ.1.1 weder durch einzelne Antikörper noch durch Antikörpercocktails neutralisiert werden konnte. Gegen einige Präparate waren auch andere Subtypen schon immun. Sie wurden daher schon gegen Omikron nicht mehr als einzige Therapie eingesetzt, sondern nur noch in Kombination mit anderen Mitteln. Ursache dafür, dass die Antikörper-Präparate ihre Wirkung verloren haben seien Mutationen des sogenannten Spikeproteins des Coronavirus, hieß es von den Forschern.
„Die immer weiter fortschreitende Resistenzentwicklung von Sars-CoV-2-Varianten macht es erforderlich, dass neue Antikörpertherapien entwickelt werden, welche insbesondere auf die derzeit zirkulierenden und zukünftige Virusvarianten abgestimmt sind“, erläuterte Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am Primatenzentrum. „Idealerweise sollten sie auf Regionen im Spike-Protein abzielen, die nur wenig Potenzial für Fluchtmutationen aufweisen.“
Vor allem in Regionen, in denen BQ.1.1 stark verbreitet ist, sollten Ärzte bei der Behandlung infizierter Risikopatienten nicht allein auf Antikörpertherapien setzen, sondern zusätzlich weitere Medikamente wie Paxlovid in Betracht ziehen, sagte Studienleiter Markus Hoffmann. Darüber hinaus müssten neue Antikörpertherapien entwickelt werden.
Einsatz antiviraler Arzneimittel verstärken
Antivirale Arzneimittel wie Paxlovid und Molnupiravir sind die ersten Pillen gegen Corona, die auf Rezept in den Apotheken erhältlich sind.
Molnupiravir werde „als Kapsel zwei Mal täglich über fünf Tage eingenommen und wirkt auch gegen die Omikron–Variante“, so der Pandemie–Beauftragte des Klinikums rechts der Isar der TU München, Christoph Spinner.
Remdesivir, ursprünglich gegen das Ebolavirus entwickelt und 2020 gegen Corona zugelassen, wird laut Spinner weiter eingesetzt. „Es wirkt ebenso gegen Omikron und zeigte in einer Studie einen etwa 80–prozentigen Schutz vor schweren Verläufen.“ Anders als die orale Therapie mit Paxlovid und Molnupiravir muss Remdesivir intravenös als Kurzinfusion gegeben werden.
Dexamethason bei schweren Verläufen
Während die Antikörper–Gabe sowie antivirale Mittel nur in einer frühen Phase der Krankheit hilft, bleibt das entzündungshemmende Dexamethason später bei schwerem Verlauf die Standard-Behandlung. Weiter verabreicht werden auch Interleukin–6–Antagonisten, die auch die Entzündungsreaktion blockieren und die ursprünglich für rheumatische Erkrankungen entwickelt wurden, und sogenannte Januskinase–Inhibitoren wie Baricitinib. Dieses Mittel wird schon länger auch bei Covid–19 angewendet und von der WHO empfohlen. Zudem werden weiter Blutverdünner verabreicht, um Thrombosen, Schlaganfällen und Herzinfarkten vorzubeugen.
Impfung bleibt wirksamstes Mittel
Die Tabletten müssen früh genommen werden, um die Viren zu bremsen. Vorbeugende Antikörper-Gaben sollten nicht als Alternative zur Impfung gesehen werden, warnt Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing. Die Präparate regen den Körper nicht dazu an, eigene Antikörper zu bilden. Sie seien nur geeignet für Menschen, die eine Impfung nicht vertragen oder keine Antikörper bilden können. Die Impfung bleibe das wirksamste Mittel, betonen Experten immer wieder.