Lebensmittelsicherheit: Saubere Sache
Vitamine, Nährstoffe und Mineralstoffe – eine ausgewogene Ernährung hilft uns, gesund zu bleiben. Allerdings nur, wenn wir unsere Speisen auch richtig zubereiten. Wer bei der Hygiene schlampt, riskiert das Gegenteil.
Eine Infektion mit Salmonellen, E. coli, Campylobacter oder Listerien kann bei Alten, Kleinkindern, Schwangeren oder Kranken sehr gefährlich werden. Fleisch sollte man darum immer durchgaren, Tiefkühlbeeren erhitzen – in ihnen könnten sich Noroviren ansammeln – und Salate sowie Obst gründlich putzen.
Worauf es schon bei der Produktion von Lebensmitteln ankommt und welchen Einfluss das Coronavirus auf unsere Lebensmittelsicherheit hat, erklärt Dr. Georg Schreiber, stellv. Abteilungsleiter der Abteilung "Lebensmittelsicherheit" beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Interview.
Herr Schreiber, auf Twitter warnte ihr Bundesamt kürzlich vor Nahrungsergänzungsmitteln, die versprechen, Covid-19 zu verhindern oder zu heilen.
Georg Schreiber: Genau! Diese Behauptung ist natürlich Quatsch. Es gibt keine Nahrungsergänzungsmittel, die diese Erkrankung verhindern oder heilen können. Und es ist grundsätzlich verboten, gesundheitsbezogene Aussagen bei Lebensmitteln zu verwenden. Wenn wir solche Fälle entdecken, schreiten wir ein.
Wie gehen Sie vor?
Solche Produkte werden vor allem im Internet angeboten. In Zusammenarbeit mit der Lebensmittelüberwachung der Bundesländer informieren wir die Internet-Plattformen, auf denen die Präparate angeboten werden, dass diese Art der Produktwerbung nicht zulässig ist, weil sie den Verbraucher täuscht, und das Produkt ihm vielleicht sogar schadet.

Dr. Georg Schreiber ist stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Lebensmittel- sicherheit beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
© Claudius Pflug
Mit den großen, allgemein bekannten Plattformen haben wir eine gute Kooperation: Die Produkte verschwinden meist sofort von der Seite. Langwieriger ist es mit kleinen Webshops. Da müssen wir zunächst den Betreiber ausfindig machen und die zuständige Behörde informieren, die dann einschreitet.
Viele Menschen kaufen ihr Essen online. Sind Lebensmittel aus dem Netz sicher?
Wenn man konventionelle Produkte wie Milch, Butter oder Eier kauft, ist das kein Problem. Die großen Händler wissen, worauf es bei der Lagerung und Lieferung von Lebensmitteln ankommt – wie zum Beispiel die Kühlkette einzuhalten. Zudem haben die etablierten Händler mit Onlineshop meist auch ein Lager im Umkreis des Bestellers, so dass die Lieferwege kurz sind.
Anders schaut es – wie gesagt – bei Nahrungsergänzungsmitteln aus. Wir finden häufig Schlankheitsmittel und Muskelaufbaupräparate, die Substanzen enthalten, die gesundheitsschädlich und schlichtweg verboten sind.
Die Corona-Epidemie hat den Berufsalltag der meisten Arbeitnehmer verändert. Gilt das auch für die Lebensmittelkontrolleure?
Das ist in der Lebensmittelbehörde nicht anders als in anderen Firmen: Die Kollegen müssen sich schützen – da können die Kontrollen nicht wie sonst üblich durchgeführt werden. Zudem konzentrieren sich die Kontrolleure derzeit verstärkt auf den Einzelhandel: Werden die nötigen Vorkehrungen bezüglich der Hygiene eingehalten? Das ist ja besonders bei Selbstbedienungstheken ein großes Thema.
Heißt das, dass die Kontrollen bei den Herstellern in diesen Zeiten reduziert werden?
Es finden vielleicht weniger Kontrollen statt, aber sie werden natürlich nicht ausgesetzt. Die Lebensmittelunternehmer sind ja in erster Linie für die Sicherheit der Lebensmittel verantwortlich: in der Produktion, beim Transport oder im Verkauf. Sie haben umfangreiche Verpflichtungen, Eigenkontrollen durchzuführen und ihr Personal zu schulen. Das muss alles dokumentiert werden.
So bleibt die Küche sauber
Die Behörde prüft, ob die Betriebe das wirklich einhalten. Zusätzlich nehmen sie unangekündigt Proben, die dann im Labor untersucht werden. Es wird geprüft, ob die Kennzeichnung korrekt ist, Höchstwerte von Verunreinigungen oder Pflanzenschutzmitteln eingehalten werden und Vieles mehr.
Der EU-Verbraucherverband Beuc meldete schon lange vor der Pandemie, dass 2017 rund 20 Prozent weniger Kontrollen durchgeführt wurden als zehn Jahre zuvor. Wie soll da eine gleichbleibende Qualitätskontrolle gewährt bleiben?
Besser als möglichst viel zu kontrollieren ist es, risikoorientiert zu kontrollieren. In Betrieben, die Hackfleisch produzieren, ist das Risiko für Verunreinigungen größer als in solchen, die Mineralwasser abfüllen. Deshalb stehen dort häufiger Kontrollen an, und Firmen, die in der Vergangenheit alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten haben, stehen weniger im Fokus als solche, die auffällig geworden sind.
Die Orientierung auf mittlere bis große Risiken erlaubt weniger Kontrollen, die mit höherer Effektivität durchgeführt werden. Aber natürlich müssen die Bundesländer ausreichende Ressourcen für die amtliche Lebensmittelüberwachung zur Verfügung stellen.
Trotzdem haben viele Verbraucher das Gefühl, dass Lebensmittelskandale zunehmen.
Das ist sicherlich nicht der Fall. In der gesamten EU sind die Behörden vernetzt und informieren sich gegenseitig, wenn Produkte auf den Markt gelangt sind, die möglicherweise gesundheitsschädlich sind. So können die Probleme normalerweise schnell beseitigt werden, bevor Skandale entstehen.
Es mag der Eindruck entstehen, dass es heute häufiger zu Verunreinigungen kommt als früher, da die Zahl der Rückrufe steigt. Aber das liegt insbesondere daran, dass die Hersteller offensiver mit solchen Situationen umgehen.
Die Fehlerkultur hat sich verändert: Heute weiß man, dass Intransparenz dem Ruf eines Unternehmens mehr schadet als einen Fehler, der passieren kann, zuzugeben und die Verbraucherinnen und Verbraucher zu warnen.
Für den Fall Wilke im Oktober 2019 scheint das aber nicht der Fall gewesen zu sein.
Wilke ist ein besonderes Beispiel – der Betrieb musste nach Aufdeckung großer Missstände schließen. Was den Fall aber auch besonders macht, ist, dass es uns erstmals gelungen ist, mithilfe neuer DNA-Analysen den Verursacher mehrerer von Listerien ausgelöster Krankheitsausbrüche in Krankenhäusern und Reha-Kliniken zu identifizieren.
In Zusammenarbeit mit den betroffenen Bundesländern wurden die Warenlieferungen dieser Einrichtungen über einen längeren Zeitraum analysiert. Nur eine einzige Firma hatte alle Einrichtungen beliefert – die Firma Wilke.
Normalerweise ist die Aufklärung von Listerien verursachten Krankheitsausbrüchen extrem schwierig, da zwischen der Ansteckung und dem Krankheitsausbruch zwei Wochen vergehen können. Zudem wird nicht jeder krank, der die verunreinigten Lebensmittel zu sich nimmt – alte und kranke Menschen sowie Kleinkinder sind hier besonders gefährdet.
Insgesamt sind tierische Produkte häufiger mit Keinem belastet als pflanzliche – sind Veganer, was Lebensmittelvergiftungen betrifft, auf der sicheren Seite?
Pflanzliche Lebensmittel sind seltener keimbelastet als tierische. Aber auch hier kann es zu Erkrankungen kommen: 2011 führten die Sprossen eines Biobetriebs zum EHEC-Skandal, 53 Menschen starben. Und ein Jahr später im Herbst erkrankten 10.000 Schüler an Noroviren, die sie über Tiefkühlbeeren aufgenommen hatten, die nicht erhitzt worden waren.
Virenverunreinigte Tiefkühlbeeren sind ein häufiges Problem, weshalb man sie erhitzen sollte, insbesondere vor Verzehr durch empfindlichere Personen, wie Kleinkinder, Schwangere, Kranke und Ältere. Auch finden wir im Convenience Bereich z. B. bei vorgeschnittenen und verpackten Salaten immer wieder zu hohe Keimbelastungen.
Wie kann ich als Endkunde denn merken, ob ein Lebensmittel verunreinigt ist?
Bakterien sind mikroskopisch klein – die kann man als Verbraucher nicht erkennen. Man kann sich aber schützen, z. B. sollte man das Verbrauchsdatum strikt beachten und etwa Fleisch nach Ablauf nicht mehr verzehren. Im Unterschied dazu muss man bei Lebensmitteln mit einen Mindesthaltbarkeitsdatum wie Joghurt nicht so streng sein. Hier kann man auch nach Ablauf des Datums durch Riechen und Schmecken feststellen, ob sie noch gut sind.
Generell sollte man die Regeln einer guten Küchenhygiene einhalten, also z. B. für rohes Fleisch und Salate verschiedene Schneidbretter und Messer verwenden, um sog. Kreuzkontaminationen vom Frischfleisch oder Fisch auf den Salat zu vermeiden. Und: Durch das ausreichende Erhitzen von Speisen können die meisten Krankheitserreger abgetötet werden.