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Liebe Politikerinnen und Politiker dieses Landes, bitte erspart uns den Freedom Day! Erspart uns das nächste Chaos in den Kliniken. Erspart uns Produktionsengpässe, Energie- und Wasserknappheit, überquellende Mülltonnen und leere Supermarktregale. Bitte bleibt bei den noch bestehenden Corona-Maßnahmen. Und bitte bleibt bei der FFP-2-Maskenpflicht in allen öffentlichen Räumen, auch in Schulen.

Die Inzidenzen sind hoch wie nie. Das Sars-Cov-2-Virus überrascht uns mit immer neuen Varianten. Schon steht Deltrakron vor der Tür. Noch lange nicht haben alle Menschen eine Impfung, geschweige denn den Booster erhalten und riskieren damit einen schweren Infektionsverlauf.

Warum also ausgerechnet jetzt, mitten in einer Corona-Welle, der Freedom Day?

Möglicherweise steckt dahinter die Idee, das Virus jetzt einfach einmal durchlaufen zu lassen – in der Hoffnung, dass dann endlich alle, auch die Ungeimpften, ausreichend immunisiert sind, um die nächste Welle im Herbst zu überstehen. Das wäre aber genau die Strategie, die die Bundesregierung die letzten zwei Jahre vermieden hat. Auch wenn das Virus weniger gefährlich erscheint, wenn Intensivstationen und Kliniken noch keine Überlastung droht, sollten wir doch inzwischen eines gelernt haben: Corona lässt sich in keinem Fall berechnen.

Chefredakteurin Anne-Bärbel Köhle

Chefredakteurin Anne-Bärbel Köhle

Die vermeintlich mildere, aber hochansteckende Omikron-Variante kann nach wie vor einen dramatischen Verlauf nehmen. Übrigens nicht nur für Ungeimpfte. Ein Kollege, fit und geboostert, war vier Wochen lang so beeinträchtigt, dass er nicht arbeiten konnte. Eine Kollegin kämpft immer noch mit den Folgen einer Infektion, klagt über Müdigkeit und enorme Antriebslosigkeit. Wie viele Betroffene, auch Kinder, künftig Long Covid erfahren, mit lebenseinschränkenden, langwierigen Folgen wie Hirnnebel und anhaltenden Erschöpfungssymptomen, lässt sich noch gar nicht absehen. Viele von uns haben betagte Angehörige, Menschen in ihrem Umfeld mit schweren Erkrankungen, und können nicht davon ausgehen, dass diese eine Infektion ohne Weiteres überstehen.

Dazu kommt: Mit zunehmender Zahl von Erkrankten müssen diejenigen, die noch gesund sind, die Arbeit der massenhaft Infizierten schultern. Auch in Kliniken. Auch an anderen produktionskritischen Arbeitsstätten: den Wasser- und Stromwerken, dem öffentlichen Nahverkehr, den Supermärkten, den Pflegeheimen, Tagesstätten und Schulen…

Im Angesicht des Ukraine-Kriegs wirkt der Kampf gegen diese Pandemie fast unbedeutend. Doch gerade jetzt sollte jeder von uns alles tun, um möglichst einsatzfähig zu bleiben: Zwei Millionen Menschen sind derzeit auf der Flucht, auch zu uns. Die Zustände vor Ort in der Ukraine sind ein humanitäres Desaster. Abhilfe kann nur von Menschen geschaffen werden, die das Corona-Virus nicht ans Bett fesselt.

Bitte erspart uns also den Freedom Day!