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Bis zu 30 Millionen Männer und Frauen in Deutschland leiden laut Deutscher Hochdruckliga unter einem zu hohen Blutdruck, der dauerhaft bei mindestens 140/90 mmHg liegt. „Zu 90 Prozent ist die Hypertonie in den Genen begründet und nimmt im Alter zu. Der Lebensstil, wie etwa ein hohes Gewicht, kann die Blutdruckhöhe mit beeinflussen“, sagt Prof. Dr. Markus van der Giet, Leiter des Hypertoniezentrums der Charité in Berlin und Präsident der Deutschen Hochdruckliga.

Hypertonie als Folge einer Grunderkrankung

Bei einem kleinen Rest treffe dies aber nicht zu. „Bei diesen Menschen ist der Bluthochdruck Folge einer Grunderkrankung und kann dann auch Männer und Frauen betreffen, die jung sind, sich gut ernähren und bewegen“, erklärt der Experte. Fachleute sprechen dann von sekundärer Hypertonie. Sie ist nicht leicht zu ­erkennen, obwohl es Hinweise gibt: plötz­licher, heftiger morgendlicher Schwindel oder Kopfschmerz in Kombination mit Bluthochdruck über mehrere Wochen bei Personen zwischen 30 und 50, wie Dr. Ute Bals erklärt. Bals praktiziert als hausärztliche Internistin in Quickborn bei Hamburg und engagiert sich im Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten in der Arbeitsgruppe „Sekundäre Hypertonie“.

„Oft fällt die sekundäre Hypertonie erst dadurch auf, dass sich bei den Betroffenen der Blutdruck mit gängigen Medikamenten nicht einstellen lässt“, so die Hausärztin. Mithilfe von bildgebenden Methoden wie dem Ultraschall sowie Urin- und Bluttests untersuchen Ärztinnen und Ärzte dann Betroffene – und finden häufig die Ursachen. Diese können sein:

Ursache Nieren

„Kommt in der Niere nicht genug Blut an, schüttet sie Stoffwechselprodukte aus, mit denen etwa das Blutvolumen erhöht werden kann oder sich Blutgefäße eng stellen lassen“, erklärt Ute Bals. Das erhöht den Druck. Die Niere verfügt über ­mehrere Arten von Fühlern, um die Blutmenge zu kontrollieren.

Die einen sitzen im Inneren der Niere, die anderen in den Arterien. „Diese Arterien können verengt sein – bei alten Menschen etwa, die rauchen oder Probleme mit ihrem Cholesterin haben“, sagt Markus van der Giet. Aber auch bei jungen Menschen. Sekundäre Hypertonie-Fälle gehen häufiger auf eine sogenannte Nierenarterienstenose zurück. Ute Bals: „Typisch für sie sind plötzlich auf­tretende Bluthochdruckphasen mit häufigen Kopfschmerzen, Sehstörungen, einem Druckgefühl im Brustbereich und Herzklopfen oder innerer Unruhe.“ Sicherheit gibt erst die ­Diagnose einer Expertin oder eines Experten. Dann helfen Stents, die Engstellen weiten.

Neben den Fühlern in der Nierenarterie ­können auch die Blutdruck-Fühler im Nierengewebe fehlerhaft arbeiten. „Das kann durch Entzündungen verursacht werden, die nach Viruserkrankungen auftreten, aber auch durch Autoimmunerkrankungen“, erklärt Bals. Die Entzündung wird meist durch einen Urintest entdeckt.

Ursache Nebennieren

Die Nebennierenrinde produziert zum Beispiel Aldosteron und Cortisol. „Bei ungefähr der Hälfte der Menschen, die eine sekundäre Hypertonie haben, ist eine Überproduktion von Aldosteron ursächlich“, weiß Markus van der Giet. Der Grund für dieses sogenannte Conn-Syndrom kann eine Vergrößerung der Nebennieren sein. Das kann medikamentös behandelt werden. Ist die Vergrößerung nur einseitig, kommt zudem eine Entfernung der betroffenen Nebenniere in Frage.

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Etwas seltener sind Aldosteron produzierende Wucherungen, sogenannte Adenome. Oft seien Betroffene – abgesehen vom Bluthochdruck – symptomfrei. „Weil es aber zu einem Kaliummangel im Blut kommt, leiden die Menschen irgendwann vermehrt ­unter Muskelschwäche, Krämpfen, Herzrhythmusstörungen, Verstopfung und häufigem Wasserlassen“, erklärt van der Giet. Ähnlich sind die Symptome, wenn in der Nebennierenrinde aufgrung eines Tumors zu viel Cortisol gebildet wird. „Ein Zeichen dieses Cushing-Syndroms ist aber auch die Gewichtszunahme insbesondere am Körperstamm. Zudem kommt es zum Auf­treten eines runden ‚Vollmondgesichts‘“, sagt Ute Bals. Liegen Adenome oder Tumore vor, wird versucht, sie zu entfernen.

Das Nebennierenmark produziert Adrenalin – und kann durch Wucherungen ebenfalls aus dem Tritt geraten. Diese Adenome bilden im Überschuss Stresshormone und verursachen so anfallsartige Hochdruckkrisen mit Kopfschmerzen, Herzklopfen, Schwitzen, Blässe und Übelkeit.

Ursache Schilddrüse

Auch eine Schilddrüsenüberfunktion kann zu erhöhten Blutdruckwerten führen. „Typisch für diese Menschen ist, dass sie unter Hitze leiden, viel schwitzen und Haare verlieren“, erläutert Ute Bals. Weitere mögliche Hinweise können häufiger Stuhlgang und eine innere Unruhe sein. Mittels Blutbild werden die Schilddrüsenwerte bestimmt und – meist medikamentös – behandelt.

Ursache Medikamente

Zu viel Cortison kann auch in den Körper gelangen, wenn das Hormon über Spritzen oder Tabletten aufgenommen wird. „Das kann zum Beispiel starke Allergiker ­betreffen oder Menschen, die sich einer Krebstherapie unterziehen“, sagt Ute Bals. Die Folgen können dann dieselben sein wie beim Cushing-Syndrom.

„Auch die Pille kann bei manchen Frauen Bluthochdruck auslösen“, erläutert Markus van der Giet. Er rät, in den Monaten nach einer erstmaligen Einnahme regelmäßig den Blutdruck zu messen – und bei Problemen andere Verhütungsmethoden zu wählen. Problematisch können zudem Cox-Hemmer sein, also Schmerzmedikamente etwa mit Ibuprofen, Diclofenac oder Acetylsalicyl­säure. Sie erhöhen den Blutdruck.

Ursache Schlafapnoe

Viele Menschen leiden unter Schlafapnoe. „Im Körper führen diese ständigen nächtlichen Atemaussetzer zu einer Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, also zu einer Stressreaktion“, so Markus van der Giet. Hausärztin Bals erzählt, dass sie manchmal zu hohe Blutdruckwerte misst und keinerlei Ursachen feststellen kann – bis die betroffenen ­Patientinnen und Patienten ­erzählen, dass sie ständig müde sind und tagsüber immer wieder einschlafen.

Oft sei es auch der Partner oder die ­Partnerin, der oder die von Atemaussetzern berichtet. Diese Atemaussetzer sind wie ­Erstickungsanfälle für den Körper und ­stellen einen hohen Stress­faktor dar – durch den sich ein hoher Blutdruck festigen kann.