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Zu einer leukozytoklastischen Vaskulitis im engeren Sinne (Immunkomplex-Vaskulitis), kommt es, wenn große Immunkomplexe aus dem Blut sich an den Gefäßwänden ablagern. Die häufigste Ursache ist eine Überempfindlichkeitsreaktion (Hypersensitivitätsreaktion) des körpereigenen Abwehrsystems auf Bestandteile von Krankheitserregern oder auf Medikamente. Bei anderen Formen der leukozytoklastischen Vaskulitis gibt es zusätzlich zu Immunkomplexen weitere Teilursachen. Die Krankheit kann auch im Rahmen einer systemischen Vaskulitis auftreten.

Entstehung von Immunkomplexen

Kleine Immunkomplexe entstehen im Körper beispielsweise, wenn wenige Bakterien durch eine kleine Wunde ins Blut gelangen und dort von spezifischen Antikörpern gebunden werden. Diese Komplexe sind im Blut gut löslich und werden in der Leber abgebaut. Große, dreidimensionale Immunkomplexe hingegen entstehen, wenn hohe Konzentrationen an Fremdsubstanzen und entsprechenden Antikörpern aufeinander treffen.

Dies ist vor allem dann der Fall, wenn während einer Infektion große Mengen eines Krankheitserregers ins Blut gelangen. Häufige Auslöser sind dabei  Racheninfekte durch Streptokokken oder Viren, Magen-Darm-Infekte durch sogenannte Enteroviren sowie Infektionen mit dem Hepatitis B- oder dem Hepatitis C-Virus. Manche Menschen bilden auch Antikörper gegen Medikamente wie bestimmte Schmerzmittel, einige Antibiotika, wassertreibende Mittel (Diuretika) oder Wirkstoffe der "Anti-Baby-Pille".

Wenn große Mengen eines Krankheitserregers oder eines Medikaments, gegen das bereits Antikörper gebildet wurden, ins Blut gelangen, entstehen riesige Immunkomplexe. Diese sind im Blut nur schwer löslich und neigen dazu, sich als Feststoffe an den Gefäßwänden abzulagern. Dazu kommt es vor allem in denjenigen Gefäßen, in denen das Blut sehr langsam fließt. Dies ist unter anderem in den mikroskopisch kleinen Venen der Fall, die das Blut aus den feinen Haargefäßen (Kapillaren) der Haut ableiten. Besonders niedrig ist die Strömungsgeschwindigkeit im Bereich der Unterschenkel.

Sobald sich große Immunkomplexe an den Gefäßwänden abgelagert haben, wandern weiße Blutkörperchen (Leukozyten) vom Typ der neutrophilen Granulozyten aus dem Blut in die Gefäßwände ein und lösen eine Entzündungsreaktion aus. Die weißen Blutkörperchen versuchen, die Immunkomplexe durch Freisetzung bestimmter Inhaltsstoffe abzubauen. Dies gelingt jedoch nur teilweise. Im Rahmen dieser Reaktion gelangen die aggressiven Inhaltsstoffe auch – sozusagen versehentlich – in das angrenzende Gewebe. Dadurch werden die Gefäßwände zusätzlich geschädigt.

Treten dabei rote Blutkörperchen (Erythrozyten) aus den kleinen Gefäßen in die umgebende Haut aus, werden punktförmige Einblutungen sichtbar. Schließlich sterben die eingewanderten Leukozyten ab und ihre Zellkerne zerfallen in kleine Bruchstücke. Der Arzt spricht dann von Leukozytoklasie (griechisch leukos "weiß", zytos "Zelle", klasis "Zerbrechen, Bruch"). So setzt sich auch der Name der Krankheit – leukozytoklastische Vaskulitis – zusammen.

Kryoglobulinämische Vaskulitis

Zu einer leukozytoklastischen Vaskulitis kann es auch kommen, wenn neben  abgelagerten Immunkomplexen noch weitere Teilursachen vorhanden sind: Bei der kryoglobulinämischen Vaskulitis sind es die sogenannten Kryoglobuline (griechisch kryos "Frost, Eiskälte", lateinisch globulus "Kügelchen"). Dies sind spezielle Immunkomplexe, die vor allem bei Kälte unlöslich werden. Sie werden gelegentlich im Rahmen einer chronischen Hepatitis C oder einer bestimmten Erkrankung des blutbildenden Systems (Plasmozytom) gebildet.

Autoimmunkrankheiten als Teilursache

Bei Patienten mit bestimmten Autoimmunkrankheiten aus der Gruppe der Kollagenosen (zum Beispiel Sjögren-Syndrom, systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis) tritt gelegentlich eine leukozytoklastische Vaskulitis auf. Dies ist vor allem der Fall, wenn die Kollagenose sich schubartig verschlechtert. Vermutlich enthalten die Immunkomplexe auch diejenigen Autoantikörper, die für die Kollagenose verantwortlich sind.

Morbus Behçet als Auslöser

Bei der Behçet-Krankheit (gesprochen "Bech-tschet") führt eine erbliche Veranlagung zu einer abnormen Aktivierung von neutrophilen Granulozyten. Die Folge sind Entzündungsreaktionen in verschiedenen Organen. An der Haut kann sich die Behçet-Krankheit unter anderem in Gestalt einer leukozytoklastischen Vaskulitis zeigen.

Systemische Vaskulitis

In seltenen Fällen kann eine leukozytoklastische Vaskulitis der Haut auf eine systemische Vaskulitis hinweisen. Hierunter versteht man eine Entzündung der Blutgefäße, die verschiedene Organsysteme in Mitleidenschaft zieht. Dazu zählen die Wegener-Granulomatose, die mikroskopische Polyangiitis und das Churg-Strauss-Syndrom.

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