Welche Regelschmerzen sind noch normal?

Kurz vor der Menstruation werden in der Gebärmutterwand große Mengen der hormonähn­lichen Substanz Prostaglandin freigesetzt, die die Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur unterstützt und die Blutgefäße verengt. Bei Frauen mit stärkeren Schmerzen kann also eine übermäßige Prostaglandin-Freisetzung die Ursache für Schmerzen sein. Einen Wert auf der Schmerzskala anzugeben ist schwierig, denn Schmerzen sind immer subjektiv.

"Beschwerden, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen, sind nicht normal. Wenn eine Frau regelmäßig arbeitsunfähig ist und ständig Schmerzmittel nehmen muss, sollte sie die Ursachen ärztlich abklären lassen", rät Professor Stefan Renner, Präsident der Europäischen Endometriose-Liga.

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Hintergrundinformation: So entstehen Regelschmerzen

  1. In den Eierstöcken reifen Eizellen heran.
  2. Nicht befruchtete Eizellen werden über die Eileiter ausgeschieden.
  3. Die Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen, und die Blutung beginnt.
  4. Um diesen Prozess zu unterstützen, werden in der Gebärmutterwand Prostaglandine freigesetzt.
  5. Diese hormonähnlichen Substanzen wirken gefäßverengend und lösen Muskelkontraktionen sowie Schmerzen in der Gebärmutter aus.

Endometriose als Ursache der Schmerzen?

Treten die Beschwerden nicht nur während der Periode auf oder sind sie anhaltend stark, können sie ein Symptom für Endometriose sein. Bei dieser Erkrankung siedelt sich Gebärmuttergewebe außerhalb der Gebärmutter an und blutet im Zyklusrhythmus mit. Wachsen die Herde weiter, können Zysten, Verwachsungen und Unfruchtbarkeit die Folgen sein.

Die Grafik zeigt, wo sich Endometrioseherde zum Beispiel zeigen können

Die Grafik zeigt, wo sich Endometrioseherde zum Beispiel zeigen können

Von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung vergehen häufig Jahre. "Es gibt fließende Übergänge zwischen Regel- und Endometrioseschmerzen, weshalb die Erkrankung leider oft übersehen wird", erklärt Renner. Er kritisiert: "Gynäkologen stufen die Schmerzen als unauffällig ein, manchmal werden Patientinnen nicht ernst genommen."

Wie kann ich meine Beschwerden lindern?

"So subjektiv die Schmerzen sind, so subjektiv ist auch das, was einem guttut", sagt Dr. Britta von Holle, Gynäkologin aus München. Sie rät betroffenen Frauen: "Gehen Sie in sich, und hören Sie, wonach Ihrem Körper gerade ist. Das kann Sport sein oder eine Tasse Tee auf der Couch." Schnell wirke meist alles, was die Muskulatur der Gebärmutter entkrampft. Also zum Beispiel eine Wärm­flasche, Wärmekompressen zum Aufkleben oder ein warmes Bad. "Die Kompressen wirken ähnlich wie die Wärmflasche, die Nachfrage ist relativ groß. Da sie etwa acht Stunden wärmen, sind sie für den Tag bestens geeignet und bilden eine gute Alternative zu schmerzstillenden Tabletten", erklärt Heiner Meinecke, Apotheker aus der Nähe von Bielefeld. Um unnötigen Druck im Bauchraum zu vermeiden, empfiehlt Gynäkologin Britta von Holle außerdem, an diesen Tagen auf blähende Nahrungsmittel wie Zwiebeln, Bohnen und Kohlgemüse zu verzichten.

Was bringt Sport bei Regelschmerzen?

Auch hier steht die individuelle Entspannung im Vordergrund. Wenn eine lockere Joggingrunde für Sie angenehm ist, laufen Sie. Wenn das für Sie aufgrund der Schmerzen nur in Stress ausartet, können Sie auch Ihre Yogamatte ausrollen. "Gegen Sport ist nichts einzuwenden. Hauptsache, Sie absolvieren kein Gewaltprogramm wie etwa eine anstrengende Bergtour", so Ärztin von Holle.

Welche pflanzlichen Arzneimittel können mir helfen?

"Gänsefingerkraut gilt als krampflösend, Kamille und Melisse wirken beruhigend, und auch Schafgarbe verspricht Linderung bei Regelschmerzen", sagt Meinecke. Besonders entspannend wirken diese Kräuter als Tee. Lassen Sie sich in der Apotheke eine Mischung zusammenstellen, und trinken Sie davon zwei Tassen pro Tag. Auch Baden entkrampft, erklärt der Apotheker und empfiehlt Zusätze mit Melissen-, Lavendel- oder Fichtennadelöl. Eine entspannende Alternative für den Unterleib: Bauchmassagen im Uhrzeigersinn um den Nabel herum mit ätherischen Ölen aus Kamille, Fenchel, Majoran oder Wacholder.

Entspannungs-Yoga gegen Regelschmerzen

Diese Yoga-Haltungen entlasten den Bauch und das Becken. Ver- weilen Sie in jeder Haltung so lange, wie es Ihnen guttut. Dabei stets tief in den Bauch atmen

Was kann ich tun, wenn all das nichts hilft?

Dann kann es durchaus ratsam sein, schmerzlindernde Medikamente einzunehmen – nach Rücksprache mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt. "Am besten helfen die Stoffe Ibuprofen und Naproxen. Bei reinen ­Regelschmerzen kann auch ein Krampflöser wie Butylscopolamin gut wirken, bei Endometriose jedoch nicht", sagt Gynäkologin Britta von Holle. Bekommt man die Menstruationsbeschwerden mit den rezeptfreien Schmerzmitteln leicht in den Griff, ist das die richtige Behandlung. Verändern sich die Schmerzen aber in Intensität und Dauer nicht, werden sie sogar schlimmer oder bleiben sie auch außerhalb der Periode bestehen, sollten Sie in Ihrer ärztlichen Praxis abklären lassen, was die Ursache ist. Eventuell kann dann eine Endometriose dahinterstecken.

Endometriose-Check: Bei diesen Symptomen sollten Sie zum Arzt gehen

  • Zyklische Beschwerden
  • Schmerzen kurz vor oder während der Periode
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
  • Schmerzen beim Wasserlassen
  • Schmerzen beim Stuhlgang
  • Blutbeimengungen im Urin
  • Blutbeimengungen im Stuhl
  • Unerfüllter Kinderwunsch

Wie erkennt mein Arzt Endometriose?

Leider nicht bei einer normalen Ultraschalluntersuchung. Wenn die Zellen genau wie die Gebärmutterschleimhaut alle vier ­Wochen abbluten, erkennt die Gynäkologin oder der Gynäkologe eventuell typische Zysten. "Das Blut kann nicht abfließen, kapselt sich ab und führt zu Endometrioseknötchen oder später zu Endometriosezysten. Diese sehen im Ultraschall sehr charakteristisch aus", erklärt Expertin von Holle. Aber bedenken Sie: Per Ultraschall kann immer nur ­eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Für einen gesicherten Befund ist eine Bauchspiegelung notwendig.

Wie wird Endometriose behandelt?

Die Therapie richtet sich nach der Stärke der Beschwerden, dem Ort der Endometrioseherde und der Familienplanung der Patientin. Ist das Ausmaß der Krankheit sehr schwer oder verursacht sie eine Unfruchtbarkeit, sollte operiert werden: "Die Herde werden meist im Rahmen einer Bauchspiegelung herausgeschnitten oder mit Strom oder Laser verödet", erklärt Mediziner Renner. Sind die Beschwerden milder, treten aber dennoch wiederholt auf, ist eine Hormontherapie möglich. Wichtig zu wissen: Frauen, die die Pille nehmen, merken eventuell bis zum Absetzen nichts von ihrer Erkrankung. "Die Pille kaschiert nicht nur die Endometriose, sie unterdrückt sie sogar. Wenn man sie absetzt, kann es zu einer Explosion der Krankheit kommen", klärt von Holle auf.

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