Diabetes Ratgeber

"Wer rastet, der rostet" hört man oft – und das Sprichwort stimmt: Dass man mit Ausdauersport vielen Krankheiten vorbeugen kann, gilt inzwischen als sicher. Aber wie sieht es mit Krafttraining aus? Wissenschaftler haben jetzt herausgefunden: Wer zusätzlich zum Ausdauersport seine Muskeln trainiert, hat ein noch geringeres Risiko, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder bestimmte Krebsarten zu bekommen beziehungsweise daran zu sterben. Besonders stark war dieser Effekt bei Typ-2-Diabetes. Für ihre Untersuchung haben die Forscher aus Boston und São Paulo große Studien zusammengetragen und analysiert.

Schutzeffekt bei Diabetes besonders stark

Sie zogen unter anderem Daten der Nurses' Health Study heran: Bei den fast 100 000 Teilnehmerinnen sank das Risiko für Typ-2-Diabetes um 67 Prozent, wenn sie wöchentlich mindestens 150 Minuten Ausdauertraining plus 60 Minuten Krafttraining absolvierten. Ein ähnliches Bild ergab sich bei der Auswertung der Health Professionals Follow-up Study, an der 30 000 Männer teilnahmen: Wer mindestens 150 Minuten pro Woche Kraft und Ausdauer trainierte, verringerte das Risiko, Typ-2-Diabetes zu bekommen, um 41 Prozent. Daten der Women's Health Study zeigten, dass auch Krafttraining alleine einen Effekt haben kann: Demnach ging jegliches Krafttraining – unabhängig von anderen Aktivitäten – mit einem 30 Prozent niedrigeren Diabetesrisiko einher.

Die Auswertung der Forscher ergab außerdem, dass bei Typ-2-Diabetes – anders als bei den anderen untersuchten Erkrankungen – der Schutzeffekt weiter stieg, wenn man länger trainierte, also statt einer halben Stunde pro Woche zum Beispiel zweieinhalb Stunden.

Körper reagiert sensibler auf Insulin

Warum gerade die Effekte des Krafttrainings auf Diabetes so stark sind, kann nur gemutmaßt werden: Wahrscheinlich verbessert die Zunahme an Muskelmasse und -kraft die körpereigenen Regulationsmechanismen in Bezug auf den Blutzucker und lässt den Körper sensibler auf das Hormon Insulin reagieren. Der Grund: Muskeln verbrauchen viel Glukose (Traubenzucker). Werden die Muskeln regelmäßig beansprucht, verbessert das die Aufnahme von Glukose aus dem Blut: die Insulinsensitivität der Muskeln nimmt zu. Und: Je mehr Muskelmasse da ist, desto höher ist auch der Bedarf an Zucker in Ruhe, unter anderem weil dann die Zuckerspeicher in den Muskeln aufgefüllt werden.

Zudem, so die Annahme der Wissenschaftler, wirkt sich die Fettreduktion durch das Krafttraining positiv auf andere Risikofaktoren für Typ-2-Diabtes wie Bluthochdruck aus.

Einfluss von Muskeltraining auf andere Erkrankungen

Bei Herz-Kreislauf-Leiden und Krebs war der Effekt von Kraftsport nicht so ausgeprägt wie bei Typ-2-Diabetes. In Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigte die Analyse, dass vor allem die Kombination aus Ausdauer- und Kraftsport das Erkrankungsrisiko mindert. Allerdings reichen demnach ein bis zwei Stunden Muskeltraining pro Woche bereits aus. Wer mehr tut, erzielt der Erhebung zufolge keinen größeren Effekt.

In Hinblick auf das Risiko, an Krebs zu sterben, ergab die Auswertung kein eindeutiges Bild: Eine Untersuchung zeigte, dass das Risiko um 32 Prozent sank. Laut einer anderen Studie verringerte sich das Risiko um 19 Prozent und in zwei Erhebungen hatte Krafttraining keinen Effekt. Zur Verringerung des Risikos unterschiedlicher Krebsarten fanden die Forscher eher wenig Daten.

Wie viel Sport empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation?

Die  Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im vergangenen Jahr ihre  Empfehlungen in Sachen Sport, Bewegung und Aktivität aktualisiert.  Demnach sollten Erwachsene ihre Ausdauer mindestens 150 bis 300 Minuten  pro Woche bei mittlerer Intensität trainieren – das sind ungefähr 21  Minuten am Tag. Oder sie trainieren mindestens 75 bis 150 Minuten  wöchentlich bei hoher Intensität. Außerdem sollten sie an mindestens  zwei Tagen in der Woche zusätzlich alle relevanten Muskelgruppen  kräftigen. Älteren Menschen empfiehlt die WHO, darüber hinaus an  mindestens drei Tagen gezielt ihr Gleichgewicht und ihre Koordination zu  schulen. Auch wenn die Vorgaben sehr detailliert sind und für manch  einen recht ambitioniert wirken, gilt: Wenig körperliche Aktivität ist  besser als gar keine.