Gut betreut: So helfen Apotheken bei Typ-2-Diabetes

Typ-2-Diabetes geht oft mit hohen Blutdruckwerten einher. Die Apotheke kann zur Selbstmessung beraten
© W&B/Maik Kern
Die Studie Glicemia 2.0 wurde von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem Wissenschaftlichen Institut für Prävention im Gesundheitswesen der Bayerischen Landesapothekerkammer (WIPIG) durchgeführt. Dr. Helmut Schlager, Geschäftsführer des WIPIG, erzählt im Gespräch mit dem Diabetes Ratgeber, warum und wie Apotheken ihre Kunden mit Typ-2-Diabetes unterstützen können.
Herr Dr. Schlager, was wollten Sie mit der Studie herausfinden?
Wir wollten wissen, was öffentliche Apotheken in Sachen Prävention leisten können. Dabei hat uns bei Glicemia 2.0 besonders interessiert, was die Apotheken für den Schutz und die Förderung der Gesundheit von Menschen tun können, die bereits an Typ-2-Diabetes erkrankt sind.
Und was ist dabei herausgekommen?
Wir konnten belegen, dass eine statistisch signifikante Senkung des Langzeitblutzuckers bei einer engmaschigen Betreuung durch die Apotheken möglich ist. Genauer gesagt: Bei den intensiv betreuten Patientinnen und Patienten sank der HbA1c-Wert innerhalb von einem Jahr im Mittel von 8,0 auf 7,3 Prozent. Ohne die intensive Betreuung nur von 7,9 auf 7,6 Prozent. Auch in der Senkung des Gewichts hatten wir gute Erfolge: Im Schnitt verloren die engmaschig begleiteten Patientinnen und Patienten 1,65 Kilogramm, die der Vergleichsgruppe nur 1,1 Kilogramm.
Es gab in der Studie also zwei Gruppen. Wie war die Erhebung aufgebaut?
Glicemia 2.0 ist eine sogenannte randomisierte-kontrollierte klinische Studie. Es haben 26 öffentliche Apotheken teilgenommen. Diese wurden per Zufall in zwei Gruppen eingeteilt: In die sogenannte Interventionsgruppe, in der die Menschen mit Diabetes engmaschig betreut wurden, und in die Kontrollgruppe, wo die Betreuung sehr viel weniger intensiv war. Die Apotheken haben dann unter ihren Kunden 198 Teilnehmer mit Typ-2-Diabetes für die Studie gewonnen. Die Teilnehmer hatten neben dem Diabetes weitere Gemeinsamkeiten: zum Beispiel einen Langzeitblutzuckerwert von mindesten 7 Prozent und einen Body-Mass-Index von mindestens 25. Jeder Teilnehmer wurde über ein Jahr beobachtet. Zu Studienbeginn, nach sechs und nach zwölf Monaten wurden unter anderem der HbA1c-Wert und das Gewicht festgestellt.

Dr. Helmut Schlager ist Apotheker und Geschäftsführer des WIPIG in München
© W&B/Thomas Dashuber
Und wie genau sah die Betreuung aus?
Mit den Patientinnen und Patienten der Interventionsgruppe wurden individuelle Ziele zum Beispiel in Bezug auf Ernährung und Bewegung festgelegt. Es gab für sie drei persönliche Beratungsgespräche und sechs Gruppenschulungen. Außerdem einmal im Monat Telefongespräche mit ihrem Ansprechpartner in der Apotheke und schriftliches Informationsmaterial. Und sie bekamen zum Beispiel einen Schrittzähler.
Was müssen Apotheken denn mitbringen, um Menschen mit Typ-2-Diabetes so zu betreuen?
Fachlich ist das kein Problem. Das Programm kann in allen Apotheken umgesetzt werden, das war uns besonders wichtig. Natürlich muss man sich überlegen, ob die personellen Strukturen so ein Betreuungsprogramm ermöglichen. Wenn das der Fall ist, reicht eine Wochenendschulung, um das Wissen in Sachen Diabetes aufzufrischen.
Welche Vorteile bringt es denn, wenn Menschen mit Diabetes von ihrer Apotheke und nicht nur vom Arzt unterstützt werden?
Wichtig bei chronischen Krankheiten ist, dass die Unterstützung der Apotheke eine Ergänzung der ärztlichen Betreuung darstellt. Wir sprechen immer von der Trias aus Arzt, Apotheker und dem Patienten samt den Angehörigen: Es geht den Patienten am besten, wenn alle an einem Strang ziehen. Wir wissen aus vielen Studien, dass nur ein Teil der Empfehlungen von Ärzten oder eben Apothekern umgesetzt wird. Und da gilt bei guter Zusammenarbeit dann hoffentlich das Sprichwort "Doppelt hält besser."
Was bedeutet die Studie für die künftige Versorgung von Menschen mit Diabetes?
Fest steht: Eine intensive und engmaschige Betreuung verbessert die gesundheitliche Situation von Diabetikern erheblich. Ziel ist es nun, unser Konzept allen öffentlichen Apotheken zur Verfügung zu stellen. Apotheker könnten künftig also eine größere Rolle in der Prävention spielen und Ärzte noch stärker unterstützen. Außerdem liefert unsere Studie gute Argumente für die mögliche Kostenübernahme solcher Programme durch die Krankenkassen.