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Was ist ein Arzt ohne sein Stethoskop? Eine Chirurgin ohne ihr Skalpell? Oder gar eine Apothekerin ohne Medikamente? Sie können nicht ohne einander. In der Gesundheitsberichterstattung werden die einzelnen Instrumente, Geräte und Arzneimittel dennoch oft zu wenig berücksichtigt. Anders in der Kolumne von Sonja Gibis. Hier kommen die Gegenstände selbst zu Wort und berichten humorvoll aus ihrer Geschichte und ihrem Alltag. In dieser Folge: eine Insulinpumpe.

Ich begrüße heute einen Gast, von dem ich sicher viel lernen kann. Sie sollen das Leben von Zuckerkranken sehr erleichtern, habe ich gehört.

Sie haben noch nie über mich geschrieben? Wie das? Wir Insulinpumpen haben in den vergangenen Jahren eine ordentliche Karriere hingelegt. Das hätte für Sie als Medizinjournalistin doch längst mal ein Thema sein müssen.

Verzeihen Sie. Das liegt daran, dass wir für Menschen mit Diabetes ein eigenes Magazin herausgeben, den Diabetes Ratgeber. Deswegen begegnet man der Krankheit in der Apotheken Umschau seltener.

Dann wird es aber Zeit, dass Ihre Leserinnen und Leser mehr darüber erfahren. Diabetes geht viele an. Immer mehr Menschen leben mit der Erkrankung – und zwar jeder ihrer Formen.

Ja, davon habe ich gehört. Man unterscheidet den jugendlichen Diabetes und den Alterszucker.

Das ist jetzt aber wirklich Schnee von gestern. Der Typ 2 wurde mal als Alterszucker bezeichnet. Aber viele, die heute an Diabetes erkranken, sind gar nicht so alt. Schuld, dass die Betroffenen immer jünger werden, ist unter anderem ein ungesunder Lebensstil. Doch spielen auch die Gene eine Rolle. Für diese Patientinnen und Patienten bin ich aber kaum zuständig. Eine Stütze bei der Therapie bin ich vor allem für Menschen, die an Diabetes Typ 1 leiden, was Sie jugendlichen Diabetes nennen. Die meisten erkranken nämlich tatsächlich in jüngeren Jahren. Völlig gefeit ist man aber auch als Erwachsener nicht.

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Insulinpumpe

Eine Insulinpumpe versorgt Menschen mit Diabetes fortlaufend mit Insulin und wird am Körper getragen zum Artikel

Typ 1 oder 2 – ist das denn so ein großer Unterschied?

Und wie! Bei beiden ist der Zuckerspiegel im Blut erhöht. Die Ursachen sind aber völlig verschieden – und teils auch die Behandlung. Bei Typ 1 steckt das Immunsystem dahinter, das außer Rand und Band geraten ist. Es greift die Zellen der Bauchspeicheldrüse an, die den Botenstoff Insulin herstellen. Der funktioniert im Körper wie ein Schlüssel. Das Schloss, in das er passt, öffnet dem Zucker den Weg in die Zelle. Wenn keine Schlüssel mehr hergestellt werden, sieht es schlecht aus.

Verstehe. Der Zucker bleibt im Blut.

Und richtet dort viel Unheil an – vor allem auf längere Sicht. Wenn der Zuckerspiegel im Blut sehr hoch ist, können Sie aber auch ins Koma fallen. Für Menschen mit Diabetes Typ 1 gibt es nur eine wirksame Therapie: Insulin. Bevor das verfügbar war, endete die Erkrankung tödlich. Und zwar immer.

Wie schrecklich! Ich kenne einige Menschen, die Typ 1 haben.

Die können sehr froh sein, dass sie heute leben. Die Insulintherapie gibt es seit etwa 100 Jahren. Die ersten Spritzen hatten noch sehr dicke Nadeln. Später kamen dann die sogenannten Pens, deren Piks man kaum noch spürt. Mehr Freiheit hat man aber mit mir, einer Pumpe.

Und was machen Sie anders?

Sehen Sie das feine Schläuchlein hier? Über das gebe ich in kleinen Zeitabständen etwas Insulin direkt unter die Haut ab. Denn ein wenig davon braucht ihr Körper den ganzen Tag über. Wie viel, das kann man einstellen.

Das heißt: Einmal eingestellt – und Sie können den Job der Bauchspeicheldrüse übernehmen?

Das leider nicht. Denn sobald Sie etwas essen, brauchen Sie eine Extraportion Insulin. Je nachdem, wie viel Zucker danach in die Zellen geschleust werden muss. Betroffene lernen, wie sie das ausrechnen – und mir dann mitteilen, wie viel ich zusätzlich liefern muss. Ob ich in Zukunft auch das übernehmen kann? Fachleute tüfteln schon länger an der nächsten Generation. Damit das Leben mit Diabetes noch einfacher wird.


Quellen:

  • Kamrath C, Tittel S et al.: Early versus delayed insulin pump therapy in children with newly diagnosed type 1 diabetes: results from the multicentre, prospective diabetes follow-up DPV registry . National Library of Medicine: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 01.08.2024)