Insulintherapie bei Diabetes: Das zahlt die Krankenkasse
Wird für Insulin gezahlt?
Ja. Wenn man an Diabetes erkrankt und die Krankheit diagnostiziert ist, hat man bei Bedarf einen Anspruch auf Insulin. „Das wird immer bezahlt“, sagt Dr. Dorothea Reichert. Die Fachärztin für Innere Medizin leitet eine diabetologische Gemeinschaftspraxis in Landau in der Pfalz und ist Vorstandsmitglied der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).
Die Regelung gilt für Patienten und Patientinnen mit Typ-1-Diabetes genauso wie für Betroffene mit Typ-2-Diabetes. Bei letzteren allerdings nur, wenn weder eine Ernährungsumstellung noch Bewegung oder blutzuckersenkende Tabletten ausreichend helfen.
Erstattet die Kasse auch die Kosten für eine Insulinpumpe?
„Pumpsysteme sind für die Krankenkassen deutlich teurer als die klassischen Insulinspritzen“, so Reichert. Auch deshalb würden die Kassen in einem Genehmigungsverfahren prüfen, ob sie die Kosten tragen (siehe S. 32/33).
„Es kommt dabei immer auf den Einzelfall an“, bestätigt Ebert. Entscheidend dabei ist: Für eine Kostenübernahme ist erforderlich, dass andere, günstigere Therapien für einen Behandlungserfolg nicht ausreichen.
Gehören Smartpens zu den Regelleistungen der Kassen?
Etwa 95 Prozent der insulinpflichtigen Menschen mit Diabetes benutzen nach Angaben von diabetesDE — Deutsche Diabetes-Hilfe inzwischen Pens. Mit diesen können sie die erforderliche Insulinmenge einstellen und sich nahezu schmerzfrei spritzen. Liegt eine entsprechende Diagnose und ärztliche Verordnung vor, müssen die Krankenkassen Insulinpens bezahlen. Auch Smartpens, also digitale Insulinpens, die technisch weiter fortgeschritten sind, gelten als Regelleistung.
Ihr Vorteil: Die Daten zur Insulinabgabe lassen sich speichern, in ein Smartphone übertragen — und auch mit der Diabetespraxis leichter teilen. Der behandelnde Arzt oder die Ärztin können die Therapie so besser optimieren. „Wie bei allen Hilfsmitteln kann es aber sein, dass die Krankenkasse die Notwendigkeit über den Medizinischen Dienst prüft und eine Begründung haben will“, sagt Rechtsanwalt Oliver Ebert von der Kanzlei REK Rechtsanwälte, der viele Jahre lang Vorsitzender des Ausschusses Soziales der DDG war.
Erhält man mit Diabetes Typ 1 eine Pumpe?
Beim Typ 1 fällt den Kassen in der Regel ein Ja zum Antrag leichter. „Das liegt daran, dass ein Pumpensystem die überlegene Therapie ist, um Patientinnen und Patienten vor einer Unterzuckerung zu bewahren“, sagt Diabetologin Reichert. Inzwischen gibt es AID-Systeme, die das Insulin automatisiert dosieren und „den Blutzucker quasi wie mit einem Regler bei einer Heizung viel genauer einstellen“, so die Expertin. Genau das gelinge mit herkömmlichen intensivierten Insulintherapien häufig nicht gut genug.
Achtung!
Auch wenn die Kasse Kosten übernimmt, kann sie bestimmte Pumpensysteme ablehnen und auf andere verweisen, etwa wenn exklusive Versorgungsverträge bestehen.
Wann werden Pumpen bei Typ-2-Diabetes übernommen?
Für Menschen mit Typ-2-Diabetes ist es deutlich schwieriger, die Bedingungen für eine Kostenübernahme zu erfüllen. „Das wird nur genehmigt, wenn nachweisbar ist, dass mehrere Insulininjektionen pro Tag nicht zum Erfolg führen und andere therapeutische Maßnahmen auch nicht fruchten“, erläutert Reichert.
Mögliche andere Voraussetzungen für eine Kostenübernahme
• Menschen mit Diabetes sind in Schichtarbeit tätig, haben deshalb einen unregelmäßigen Tagesablauf.
• Erkrankte leiden unter schweren Unter- zuckerungen in der Nacht.
• Frauen mit Diabetes, die sich ein Kind wünschen oder bereits schwanger sind, benötigen ein Pumpensystem, um ihren Blutzucker zu stabilisieren.
Was ist beim Antrag auf Kostenübernahme zu beachten?
Damit eine Insulinpumpe genehmigt wird, gilt es, mehrere Hürden zu nehmen. „Am wichtigsten ist, dass der Antrag von Anfang an gut begründet ist, idealerweise von einer Fachärztin oder einem Facharzt in einer diabetologischen Praxis, mit klarer Indikation und Verbesserungsziel“, sagt Reichert.
Hilfreich ist dafür ein Tagebuch, in dem die Blutzuckerwerte der vergangenen drei Monate notiert werden. Ebenso die gegessenen Kohlenhydrate und die Insulindosis. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen prüft diesen Erstantrag. Anschließend genehmigt die Kasse die Insulinpumpe gegebenenfalls zunächst auf Probe. Wie lange die Probezeit dauert, legt die Kasse fest.
Danach folgt die nächste Stufe des Verfahrens: Sind unter anderem ein weiteres ärztliches Gutachten und das Blutzuckertagebuch während der Probephase eingereicht, übernimmt die Kasse die Pumpentherapie bestenfalls auf Dauer. „Die Genehmigung gibt’s in der Regel, wenn eine Verbesserung der Blutzuckereinstellung nachweisbar ist“, sagt Reichert.
Was bekommen Privatversicherte erstattet?
Es werden immer nur Hilfsmittel bezahlt, die im jeweiligen Vertrag genannt sind. Dies gilt auch für Insulinpens und Pumpensysteme. Je nach Anbieter fallen diese Verträge jedoch recht unterschiedlich aus. „Schlimmstenfalls müssen Privatversicherte mit Diabetes darin nicht genannte Hilfsmittel selbst bezahlen, auch wenn sie medizinisch notwendig sind“, sagt Rechtsanwalt Ebert.
Bei den Krankenkassen könne es sich lohnen, bei einer womöglich strittigen Ablehnung eines Antrags Widerspruch und Rechtsmittel einzulegen. Hingegen sei es oft wenig Erfolg versprechend, „Leistungen von einem Privatversicherer einzuklagen, die im Versicherungsvertrag an sich ausgeschlossen sind“.
Tipp: Privat Krankenversicherte können bei Streitigkeiten um Therapiematerial einen Ombudsmann oder eine Ombudsfrau zurate ziehen. Diese helfen kostenlos (www.pkv-ombudsmann.de).
Quellen:
- diabinfo -Das Diabetesinformationsportal: Diabetes: Was zahlt die Krankenkasse?. Medium: https://www.diabinfo.de/... (Abgerufen am 30.04.2024)
- Bundesärztekammer: Nationale Versorgungsleitlinie , Diabetes Typ 2. Leitlinie: 2023. Online: (Abgerufen am 30.04.2024)
- GKV-Spitzenverband: Bekanntmachung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, Fortschreibung der Produktgruppe 30 "Hilfsmittel zum Glukosemanagement" des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V. Online: https://www.gkv-spitzenverband.de/... (Abgerufen am 30.04.2024)