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Wer sollte geimpft werden?

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt allen Menschen ab 60 sich mit dem verfügabren Totimpfstoff impfen zu lassen. Und zwar zweimal im Abstand von zwei bis sechs Monaten. Der Impfstoff enthält eine bestimmte Oberflächenstruktur des Virus. „Diese erinnert das Immunsystem an die Varizella-Zoster-Viren und sorgt dafür, dass viele spezifische Abwehrzellen davor schützen, dass das Virus wieder aktiv wird“, sagt Dr. Martina Prelog, Professorin an der Universität Würzburg und Fachimmunologin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Die Impfung ist außerdem für Menschen ab 50 empfohlen, die besonders gefährdet sind – etwa, weil sie wegen einer Grunderkrankung wie Diabetes oder aus anderen Gründen eine geschwächten Immunabwehr haben. „Ein Totimpfstoff ist auch für immunschwache Personen gut geeignet und durch den Wirkverstärker wird das Immunsystem optimal stimuliert“, erklärt Prelog.

Was ist Gürtelrose?

Gürtelrose wird durch das Varizella-Zoster-Virus ausgelöst. Wer sich zum ersten Mal – in der Regel als Kind – mit dem Erreger ansteckt, bekommt Windpocken. Die Erkrankung heilt, aber das Virus bleibt lebenslang in den Nervenzellen. Später kann es wieder aktiv werden und in dem von den entsprechenden Nerven versorgten Bereich zu Schmerzen und bläschenförmigem Hautausschlag führen. Schmerzen, die nach Abheilen des Ausschlags über Wochen und Monate weiter bestehen, sind die häufigste Komplikation. In Einzelfällen bleiben sie ein Leben lang.

Können sich auch Jüngere impfen lassen?

Der Impfstoff ist auch bei Risikopersonen ab 18 Jahren zugelassen. Eine STIKO-Empfehlung für unter 50-Jährige gibt es derzeit aber nicht. Laut Expertin Prelog kann eine Immunisierung aber sinnvoll sein für alle mit erhöhtem Risiko, an Gürtelrose zu erkranken: „Also vor allem Personen mit Immunschwäche.“ Diese kann angeboren sein oder entsteht etwa durch eine Chemotherapie oder Medikamente, die die eigene Immunabwehr verringern. Verordnet werden die Arzneien unter anderem nach Transplantationen oder bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Dr. Jens Lassen, Vorsitzender des Hausärzteverbands Schleswig-Holstein: „Jeder Fall muss individuell abgewogen werden. Dabei spielen beispielsweise auch mögliche Vorerkrankungen eine Rolle.“ Ob die Kasse die Impfung bezahlt, wenn es keine STIKO-Empfehlung gibt, sollte vorher erfragt werden.

Wie wirksam ist die Impfung?

Sie bietet keinen vollständigen Schutz. Aber mit Impfung erkranken weniger Menschen im Laufe ihres Lebens – laut Robert Koch-Institut drei von 100 Erwachsenen. Ohne Impfung sind es 33 von 100. „Geimpfte sind deutlich besser geschützt. Erkranken sie doch, ist der Verlauf unterschiedlich und hängt unter anderem von Vorerkrankungen ab“, sagt Mediziner Lassen. Ob eine Auffrischung nötig ist, ist noch unklar. „Nach derzeitigem Kenntnisstand besteht in den ersten Jahren nach der Impfung ein konstanter und guter Schutz“, so Lassen. Prelog verweist zudem auf Verlaufsbeobachtungen und statistische Berechnungen, die einen länger anhaltenden Impfschutz vermuten lassen.

Ich hatte bereits Gürtelrose. Kann ich mich trotzdem impfen lassen?

„Eine durchgemachte Gürtelrose schützt nicht davor, erneut zu erkranken“, sagt Hausarzt Lassen und rät auch dann zur Impfung. Die STIKO schreibt ebenfalls: Die Impfung kann sinnvoll sein, um eine weitere Episode zu verhindern. Wer gerade erkrankt ist, sollte mit der Impfung warten, bis die Symptome der Gürtelrose wieder abgeklungen sind.

Ich bin mir unsicher, ob ich Windpocken hatte. Brauche ich die Impfung?

Die STIKO knüpft die Empfehlung nicht an eine durchgemachte Windpockenerkrankung, die man vorher im ärztlichen Gespräch oder mittels Laboruntersuchung sichern müsste. „Die Empfehlung gilt auch, wenn man sich nicht an eine Windpockenerkrankung erinnern kann“,sagt Lassen. „Denn nur eine Blutuntersuchung zeigt eindeutig, ob man sich schon einmal mit Windpocken infiziert hat.“ Solche Untersuchungen sind nur in Ausnahmen nötig – etwa vor einer Organtransplantation.

Wie verträglich ist die Impfung?

„Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle sind sehr häufig. Man kann auch Fieber bekommen oder sehr müde sein“, so Prelog. Die Beschwerden verschwinden nach wenigen Tagen. „Die starke Reaktion entsteht vor allem durch den Wirkverstärker“, erläutert die Expertin. Er sorge bei Älteren, deren Immunsystem typischerweise schwächer ist, aber für eine verbesserte Impfantwort – also stärkeren Schutz. In einer Studie wurde bei Personen ab 65 Jahren für geschätzt drei Fälle pro Million verabreichter Dosen ein erhöhtes Risiko für eine entzündliche Erkrankung der Nerven beobachtet. Die Vergleichsgruppe hatte den Lebendimpfstoff gegen Gürtelrose erhalten, den die STIKO nicht als Standardimpfung empfiehlt.

Die Studie könne zu Fehlinterpretationen anregen, so Prelog. „Zum Beispiel fehlt ein Vergleich zu Personen, die nicht geimpft waren.“ Auch lasse sich daraus nicht ableiten, dass die Impfung die Erkrankung verursacht hat. „Nach derzeitigem Wissen überwiegt der Nutzen der Impfung deutlich mögliche Risiken.“ Dem Paul-Ehrlich-Institut, das unter anderem die Impfstoffsicherheit überwacht, wurden zudem Verdachtsfälle von Gürtelrose im Zusammenhang mit der Impfung gemeldet. Seine Analysen ergaben aber keinen Hinweis darauf, dass innerhalb von 28 Tagen nach der Impfung ein erhöhtes Risiko besteht, eine Gürtelrose zu entwickeln.


Quellen:

  • Robert Koch-Institut: Windpocken (Varizellen), Gürtelrose (Herpes zoster). https://www.rki.de/... (Abgerufen am 04.08.2023)
  • Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 04/2023, Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut 2023. https://www.rki.de/... (Abgerufen am 04.08.2023)
  • Robert Koch-Institut: Gürtelrose (Herpes zoster): Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Erkrankung und Impfung. https://www.rki.de/... (Abgerufen am 04.08.2023)
  • Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 50/2018. https://www.rki.de/... (Abgerufen am 04.08.2023)
  • Robert Koch-Institut: Kurz & knapp: Faktenblätter zum Impfen, Herpes-zoster-Impfung (mit dem Totimpfstoff). https://www.rki.de/... (Abgerufen am 04.08.2023)
  • Goud R, Lufkin B, Duffy J et al.: Risk of Guillain-Barré Syndrome Following Recombinant Zoster Vaccine in Medicare Beneficiaries. In: JAMA Internal Medicine: 01.11.2021, https://doi.org/...
  • Paul-Ehrlich-Institut: Daten zur Pharmakovigilanz von Impfstoffen aus den Jahren 2019 bis 2021. https://www.pei.de/... (Abgerufen am 04.08.2023)