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Pedelecs bringen Deutschland ins Rollen. Das belegen nicht nur die steigenden Verkaufszahlen für motorisierte Fahrräder. Die Menschen radeln mit ihren E-Bikes auch öfter und weiter, als sie es mit einem herkömmlichen Drahtesel tun würden. Das zeigt eine Umfrage der Stiftung Warentest.

Die Kehrseite der Medaille: Unfälle mit E-Bikes nehmen zu. Im ersten Halbjahr 2020 kletterte ihre Anzahl auf 6227 – ein Anstieg um fast 50 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum.

Fahrräder mit Motor erfordern eine Umstellung. Sie sind im Schnitt deutlich schwerer als gewöhnliche Räder und sie verleiten zu höherer Geschwindigkeit. Auf der anderen Seite können sie der Gesundheit aber guttun.

„Gerade bei den älteren Radlern haben wir in unseren Studien festgestellt, dass sie sehr vom Pedelec profitieren“, sagt Professor Uwe Tegtbur von der Medizinischen Hochschule Hannover. Der Trainingseffekt für das Herz-Kreislauf-System sei nur minimal geringer als beim herkömmlichen Rad. „Dafür fuhren unsere Probanden auf dem Pedelec weitere Strecken und auch insgesamt länger, weshalb der positive Effekt für die Gesundheit höher war“, berichtet der Sportmediziner.

In diesem Beitrag verraten Experten, wie man den Umstieg meistert – und worauf es ankommt, um sicher unterwegs zu sein. Mit den folgenden Tipps gewinnen Sie Sicherheit und Fahrfreude.

Welches ist das richtige Modell für mich?

„Sicherheit auf dem Pedelec fängt beim Fahrradkauf an“, sagt Tegtbur. Ein sportliches Fahrrad mag verlockend sein. Aber wenn der hohe Holm beim Auf- und Absteigen behindere, gehe das auf Kosten der Sicherheit.

Dann besser ein Modell mit tiefem Einstieg wählen. Auch eine gute Einweisung bereits im Laden macht Sinn. „Ich wünschte mir, Verkäufer würden darauf hingewiesen werden, dass es spezielle Sicherheitstrainings für Pedelec-Fahrer gibt“, sagt Tegtbur. So bietet etwa der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) zertifizierte Kurse an.

Vorsichtiger Start

Josef Böck kennt die Schwächen von Pedelec-Neulingen. Er ist Fahrsicherheitstrainer beim ADFC Kempten, speziell für Radler jenseits der 50. „Oft hapert es schon beim Aufsteigen“, sagt er. Nach seiner Beobachtung glauben viele, erst einmal für ordentlich Schwung sorgen zu müssen. Sie würden sich daher mehrfach mit einem Fuß abstoßen – als ob es sich um einen Tretroller handle. „Das sorgt bereits auf den ersten Metern für Unsicherheit.“

Ist dieser erste entscheidende Schritt geschafft, gilt es, das kontrollierte Fahren zu üben. Zum Beispiel geradeaus durch eine enge Gasse oder sicher um die Kurve – ohne Hütchen umzuwerfen.

Wie bremse ich richtig?

Zentrales Thema in jedem Kurs ist das Bremsen. „Viele haben gehört, dass ihre Scheibenbremsen stark zupacken und trauen sich gar nicht richtig zu bremsen, sondern lassen oft nur ausrollen und springen dann ab“, berichtet Böck. Das sei gefährlich und führe zu Stürzen.

Im Kurs übt er mit seinen Teilnehmern daher das  kontrollierte Abbremsen – wohl dosiert, mit Vorder- und Hinterradbremse. Wichtig ist, nur einen, maximal zwei Finger auf dem Bremshebel zu haben. Damit lässt sich die Bremswirkung besser dosieren als mit der ganzen Hand – und gleichzeitig behalten die Radler den Lenker im Griff.

Weiterer Tipp: Beim Bremsen die Arme leicht anwinkeln und das Gewicht des Oberkörpers tiefer in Richtung Lenker verlagern. Das sorgt für bessere Fahrstabilität und mehr

Kontrolle über das Rad behalten

Der beste Schutz ist jedoch, vorausschauend zu fahren und andere Verkehrsteilnehmer im Blick zu behalten. Autofahrer unterschätzen häufig die Geschwindigkeit von Radlern mit Pedelec. Auch die Rücksichtnahme auf schwächere, langsamere Verkehrsteilnehmer gehört dazu. „Man muss lernen, sich selbst unter Kontrolle zu haben, und nicht so schnell zu fahren, wie es geht“, so Böck.

Nie ohne Helm fahren

„Besonders häufig sehen wir Verletzungen im Bereich von Schlüsselbein und Schultergürtel, die meist von seitlichen Stürzen herrühren“, sagt

Professor Michael Raschke, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Dramatisch sind Kopfverletzungen, die schon bei niedrigen Geschwindigkeiten zu bleibenden Schäden oder sogar zum Tod führen können. „Daher gilt: Beim Radfahren unbedingt einen gut sitzenden Helm tragen“, betont Experte Raschke.