Sie wollen sich mehr bewegen? Etwas für Ihre Gesundheit tun? Hier finden Sie das passende Training für Ihre Ziele, und vielleicht sogar ihren neuen Lieblingssport
Von Konstanze Faßbinder, 03.06.2019
Spaß, Gesundheit, Fitness, eine gut proportionierte Figur: Sportler sind aus verschiedenen Gründen aktiv
"Bin halt nicht so die Sportskanone." Einer der Klassiker unter den Ausreden. Egal, ob man sich vor der Laufgruppe im Kollegenkreis drücken oder sich rechtfertigen will, warum einem nach fünf Minuten die Puste ausgeht. "Und es stimmt: Die Leistungsfähigkeit unseres Herz-Kreislauf-Systems ist genetisch bedingt", sagt Dr. Mirko Brandes, Sportwissenschaftler am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen.
Aber er betont auch: "Wir alle haben ein angeborenes Minimum und Maximum im Potenzial, die Spannbreite ist groß." An welchem Ende der Skala man sich befinde, könne jeder selbst beeinflussen. Wer sich nach oben orientiert, profitiert in jedem Fall – und das nicht nur vorbeugend.
Das schaffen Sie mit Bewegung
Verbrennung hochfahren
Die Muskelzellen benötigen bei Bewegung mehr Zucker. Das kann beim Abnehmen helfen. Gleichzeitig verbessert es die Wirkung des blutzuckersenkenden Hormons Insulin. Davon profitieren besonders Menschen mit Diabetes. Regelmäßige Bewegung hilft ihnen deshalb auch, Medikamente zu sparen.
Druck abbauen
Sport erhöht kurzfristig Blutdruck und Puls, weil Muskeln und Organe mehr Blut brauchen. Auf Dauer bewirkt die Aktivität aber, dass die Gefäßwände elastischer werden und der Blutdruck sinkt. Für Hochdruckpatienten ist Sport daher eine wirksame Medizin, wenn der Arzt zugestimmt hat.
Schlechtes Fett wegkriegen
Regelmäßige körperliche Aktivität wirkt sich günstig auf den Fettstoffwechsel aus: Die Spiegel des gefäßschützenden HDL-Cholesterins steigen. Im Gegensatz zum schädlichen LDL lagert es sich nicht in den Gefäßen ab. Zudem können sich weitere Fettwerte bessern.
Immunsystem stärken
Sport hilft, Infekte abzuwehren. Denn werden Muskeln beansprucht, produzieren sie unter anderem den Botenstoff Zytokin, den das Immunsystem braucht. Zudem geben Muskeln große Mengen an Interleukin-6 ins Blut ab, das Entzündungen hemmt.
Atmung verbessern
Regelmäßige Bewegung ist auch für Menschen mit Lungenproblemen, vor allem COPD-Patienten, sehr wichtig: Die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt zu, die Atemmuskeln werden trainiert, die Atemnot lässt nach, das Risiko für akute Verschlechterungen sinkt - und die Lebensqualität steigt.
Graue Zellen aktivieren
Ein großes Hirnareal steuert unsere Motorik. Wer Sport treibt, erhöht nicht nur die Aktivität der Nervenzellen und den Blutfluss in diesem Bereich. Laut Studien fördert Bewegung die Gehirnleistung generell. Ebenfalls belegt: die positive Auswirkung auf die Entstehung von Demenzerkrankungen.
"Bewegung ist auch eines der wenigen Heilmittel, das – bei vernünftiger Dosierung – praktisch keine Nebenwirkungen hat", betont Sportmediziner Dr. Karlheinz Zeilberger aus München. Längst ist sie deshalb ein wichtiger Bestandteil vieler Therapien. So zum Beispiel bei Volkskrankheiten wie Knie- oder Hüftgelenksarthrose, die die Beweglichkeit des Patienten zunächst stark einschränken.
"Gerade Patienten mit einem neuen Gelenk müssen wir bei guter Heilung schnellstmöglich aus ihrer Schonhaltung herausholen", sagt auch Brandes. Er untersucht, wie man Betroffene nach der Operation am erfolgreichsten motiviert. Neben dem direkten Einfluss auf orthopädische Probleme hat Bewegung positiven Einfluss auf den Stoffwechsel, die Immunabwehr, das Herz-Kreislauf-System sowie das Gehirn.
Bewegung fürs Wohlbefinden
Bewegung kann auch bei der Behandlung von Erkrankungen wie einer Depression helfen, Symptome zu lindern und das Wohlbefinden zu steigern. Dabei scheint es eine Rolle zu spielen, dass die Patienten spüren: Sie schaffen etwas, das sie sich vorgenommen haben. Vor allem aber lässt sich mit Sport das Risiko dieser und vieler weiterer Zivilisationskrankheiten deutlich senken. Er ist die Präventionsmaßnahme schlechthin. Je früher man damit anfängt, desto besser. Doch daran hapert es.
Wissenschaftler der TU München haben kürzlich als Teil einer weltweiten Initiative Daten ausgewertet und festgestellt: Kinder und Jugendliche hierzulande bewegen sich deutlich weniger als die Gleichaltrigen vieler anderer Länder. Nur ein Fünftel erreichte die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Mindestzeit von einer Stunde moderater oder intensiver Aktivität pro Tag. Das Risiko, dass die Kinder als Erwachsene ebenso wenig Sport treiben, sei entsprechend hoch, die Folgen von Inaktivität seien bereits heute die fünfthäufigste Todesursache, warnen die Forscher.
Motivation durch Erfolg
Wer jetzt denkt, bei mir ist es sowieso schon zu spät, den könnte eine US-amerikanische Studie motivieren. Die Befragung von über 300.000 Erwachsenen ergab: Auch wer erst zwischen 41 und 60 Jahren seine körperliche Aktivität steigerte, senkte sein Risiko, vorzeitig an einer Krankheit zu sterben. Und es muss nicht gleich ein Marathon oder schweißtreibendes Zumba sein. Schon tägliches Treppensteigen oder Spazierengehen gilt laut Experten als kleine Trainingseinheit.
Dran bleibt vor allem, wer relativ rasch Erfolg erlebt hat, die Effekte seiner Mühen spürt. Deshalb lesen Sie im Folgenden, mit welchem Training Sie Ihre gesundheitlichen Ziele am besten erreichen können.
Regelmäßiger Ausdauersport bringt das Blut auf Normaldruck Der rote Kopf beim Laufen ist ein gutes Zeichen. Die Gefäße im Gesicht und auf der gesamten Körperoberfläche weiten sich, der Blutdruck sinkt. Verursacht wird dieser Effekt, weil die kleinen Blutgefäße unter der Haut stark durchblutet werden und Wärme abgeben. Der Körper schüttet zudem mehr Stickstoffmonoxid aus. Langfristig entspannt es die Gefäßmuskulatur, was die Gefäße darüber hinaus weiter macht.
"Wer zu sporteln anfängt und dranbleibt, verliert außerdem in der Regel auch Gewicht", sagt Zeilberger. "Jedes Kilo weniger senkt den Blutdruck zusätzlich." Das Herz pumpt gegen weniger Widerstand an. Und regelmäßiges Training beruhigt das vegetative Nervensystem, das bei chronischem Stress dauerhaft in Aufruhr ist – und bei vielen den Blutdruck hochjagt, erklärt Zeilberger.
Wichtig zu wissen: Nach ein paar Minuten setzt der Durchblutungseffekt durch Sport ein und hält einige Stunden an, ebenso die Blutdrucksenkung. Das Nervensystem hingegen ist bei regelmäßigem Training dauerhaft beruhigt, auch wenn wir uns nicht bewegen. Laufen für die Gefäße Vor allem Ausdauersportarten wie Joggen, Radfahren, Inlineskaten oder Nordic Walking helfen dabei, den Blutdruck zu regulieren. Alternativen für die kalte Jahreszeit: Langlaufen oder moderate Skitouren.
Wer gerne in der Gruppe aktiv wird, liegt mit einer Ballsportart wie Fußball oder Basketball richtig. Weniger an- strengende Trainingsmöglichkeiten bieten flottes Spazierengehen, Schwimmen oder Wandern.
"Fangen Sie aber nicht auf gut Glück irgendetwas an", warnt Mediziner Zeilberger, der als Olympiaarzt die Eisschnellläufer betreut hat. "Lassen Sie Ihre Risikofaktoren überprüfen und sich bei der Wahl beraten."
Sport baut die Muskulatur um und auf Muskeln wiegen mehr als Fett- und Bindegewebe. Deshalb nehmen viele nicht gleich ab, wenn sie anfangen, Sport zu treiben und Muskulatur aufzubauen. "Am Gürtel werden Sie trotzdem einen Unterschied merken", so Experte Zeilberger. Denn nach ein paar Wochen bis Monaten regelmäßigen Trainings baut der Körper das Verhältnis von Muskeln und Fett um. Zudem verbrennen Muskeln insgesamt mehr Energie – selbst, wenn wir auf dem Sofa sitzen. Wichtig für Figur-Fitness: "Wenn Sie zu intensiv trainieren, kommen Sie gar nicht ans Fett ran", warnt Zeilberger. Dann greifen unsere Muskeln stattdessen auf schnell verfügbare Energie aus Kohlenhydraten zurück. Gesteuert wird die Fettverbrennung über den Puls. Sie sinkt bei höherer Herzfrequenz, auch wenn dann mehr Kalorien verbrannt werden. Am besten besprechen Sie mit Ihrem Arzt, in welchem Pulsbereich Sie optimalerweise aktiv sind.
Fix und fertig ist falsch
"Sind Sie nach dem Sport fix und fertig, haben Sie entweder nicht den richtigen gewählt oder ihn falsch betrieben", sagt Zeilberger. Mit individuell zugeschnittener Beratung kann das vermieden werden. Ärzte mit sportmedizinischer Ausbildung übernehmen dies oder führen gleich einen Sportcheck durch. Ein Fitnessexperte passt Training und Intensität entsprechend an.
Krafttraining ist immer eine wichtige Ergänzung zum Ausdauersport. Es hilft, die Figur zu straffen und Muskeln aufzubauen. Dafür kann man im Fitnessstudio an Geräten üben oder zu Hause Liege- und Seitstütze, Sit-ups und Kniebeugen machen. Auch kraft- intensivere Yoga-Arten, Pilates oder Gymnastik sind empfehlenswert. Wer Gewicht abbauen will, muss zuerst auf seine Ernährung achten. Generell sollten Hobbysportler auf Sportlernahrung verzichten. "Überflüssige Kohlenhydrate wandern bei Otto Normalverbraucher direkt ins Fett", sagt Zeilberger.
Training mit Spaß stärkt sowohl Körper als auch Psyche Es muss nicht Yoga sein oder Tai-Chi. Jede Form der Bewegung wirkt gegen Stress. "Denn wer Stress hat, ist meist nicht nur geistig, sondern auch körperlich angespannt", erklärt Professor Jens Kleinert von der Abteilung Gesundheit und Sportpsychologie der Deutschen Sporthochschule Köln.
Moderate Bewegung, sowie manchmal auch Anstrengung hilft, Spannungen abzubauen. Die Muskeln spannen sich an und entspannen sich wieder. Dieser Reiz trägt auch dazu bei, dass die Konzentration von Stresshormonen wie Cortisol im Blut sinkt.
Sport ohne Stress
Wie das am besten gelingt? Generell halten Experten Ausdauertraining für stimmungsaufhellend. Kürzlich kamen chinesische Forscher nach der Analyse mehrerer Studien zu dem Ergebnis, dass das psychische Wohlbefinden direkt nach Sport mit kurzer, starker Belastung am höchsten ist. Beispiel hierfür: Krafttraining. "Aber schon Spazierengehen oder Gartenarbeit kann das Wohlbefinden steigern", sagt Kleinert. Wichtig dabei: regelmäßig üben und eine Aktivität wählen, die auf lange Sicht Spaß macht. Erholsam für die Seele ist Sport nämlich vor allem dann, wenn er nicht überfordert und keinen zusätzlichen Stress verursacht. Zeit- und Leistungsdruck sollte man vermeiden.
Kraftvoll abreagieren
Experte Kleinert hält es zudem für vorteilhaft für die Psyche, wenn die Aktivität im Gegensatz zum Alltag steht und dessen Belastungen ausgleicht. Neue Eindrücke und knifflige Bewegungsabläufe zum Beispiel tun nach stundenlangem Sitzen im Büro gut. Gestresste Manager hingegen reagieren sich besser mit Hanteltraining ab. Wer körperlich arbeitet, erholt sich eher bei ruhigeren Sportvarianten.
Sport kann Muskeln spürbar lockern Aktivität erhöht die Durchblutung und lockert die Muskeln. Ihr Tonus sinkt, schmerzhafte Verspannungen lösen sich. "Mit Krafttraining für die Rücken- und Brustmuskulatur stabilisieren Sie Ihren Rumpf. Viele typische Rückenbeschwerden können so behoben werden", sagt Sportmediziner Karlheinz Zeilberger. Idealerweise beuge man Kreuzschmerzen mit regelmäßiger Bewegung vor. "Fangen Sie nicht erst an, wenn es wehtut."
Dehnen gegen den Schreibtisch-Effekt
Nach dem Kräftigen empfiehlt der Experte leichte Dehnübungen. "Man könnte auch sagen: klassische Gymnastik." So wird verhindert, dass sich Muskeln verkürzen. Vor allem bei Menschen, die beruflich viel am Schreibtisch sitzen, besteht diese Gefahr.
Zu wenig Bewegung spielt bei Rückenproblemen oft eine große Rolle. Wer entgegenwirken will, muss nicht unbedingt gezielt den Bereich trainieren, der schmerzt. Der Schultergürtel profitiert bereits, wenn man beim Joggen die Arme bewusst mitbewegt. Auch Schwimmen beansprucht viele Muskelpartien moderat. Hier ist laut Zeilberger die richtige Technik besonders wichtig. "Wer beim Brustschwimmen den Kopf dauerhaft falsch hält, bekommt Probleme mit der Halswirbelsäule."
Zeitlicher Aufwand: Seien Sie realistisch, wie viel Freizeit Sie übrig haben oder investieren möchten. Wer sich zu viel vornimmt, findet auch schneller ein Argument, den Sport ausfallen zu lassen.
Eine Frage des Geldes: Wie viel man investiert, ist Geschmacks- und Finanzfrage. Bei kostenintensiveren Sportarten wie Mountainbiken oder einer längerfristigen Mitgliedschaft in einem Studio sollte man leih- oder probeweise testen, ob sie einem Freude bereiten und körperlich guttun. Mitunter kann eine große Ausgabe aber auch motivieren, regelmäßig und vor allem langfristig zu trainieren.
Die richtige Ausstattung: Zum Joggen braucht es erst mal nicht viel mehr als ein Paar stabile Laufschuhe mit guter Dämpfung. Idealerweise erklärt ein Experte die richtige Lauftechnik. Beim Schwimmen sind korrekte Bewegungsabläufe wichtig. Badeanzug oder -hose hat jeder zu Hause
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