Logo der Apotheken Umschau

Probleme mit dem Einschlafen, unruhige Nächte oder sogar Schlafwandeln: Millionen Menschen in Deutschland leiden unter behandlungsbedürftigen Ein- und Durchschlafstörungen. In der Antike war man der Überzeugung, dass es am Mond liege. Dieser Glaube hält sich bis heute hartnäckig. Was sagt die Wissenschaft dazu?

Beeinträchtigt der Mond den Schlaf?

Der Einfluss des Mondes auf unseren Körper und besonders auf unseren Schlaf ist sehr viel weniger stark als die Leute vor Jahrhunderten angenommen haben und zum Teil noch heute annehmen. Zu diesem Ergebnis kam eine groß angelegte Studie des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München im Jahr 2014. Die Forscher analysierten Daten von 1.265 Personen aus knapp 2.100 Nächten – und konnten keinen Zusammenhang zwischen der Qualität des Schlafes und den Mondphasen finden. Daran änderten auch weitere Analysen von über 20.000 Nächten nichts, die ebenfalls im Rahmen der Studie untersucht wurden.

Dieses eindeutige Ergebnis widerlegt die lange Zeit viel zitierte Beobachtung des Baseler Chronobiologen Professor Christian Cajochen. Er erfasste in einer Studie aus dem Jahr 2003 die Schlafphasen von 33 Probanden und wertete diese zehn Jahre später hinsichtlich der damals herrschenden Mondphasen neu aus. Das Ergebnis: Bei Vollmond brauchten die Studienteilnehmer fünf Minuten länger zum Einschlafen und ihre Nachtruhe verringerte sich um 20 Minuten. Die Studie hatte allerdings nur wenige Teilnehmer, sodass sich nicht ausschließen lässt, dass es sich dabei um Zufallsbefunde handelt.

„Auch wenn verschiedene Studien Hinweise auf den Einfluss von Vollmond auf den Schlaf geben, gibt es darüber keine wissenschaftliche Sicherheit“, erklärt Professorin Kneginja Richter. Sie leitet die Schlafambulanz an der Nürnberger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Denkbar sei, dass allein schon die Erwartung, in einer Vollmondnacht schlecht zu schlafen, zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden kann. „Wenn Sie davon ausgehen, bei Vollmond hellwach im Bett zu liegen, werden Sie das vermutlich auch tun. Das ist wie Selbsthypnose“, sagt Richter. „Außerdem verbreitet der Vollmond helles Licht – wir brauchen jedoch Dunkelheit, um gut zu schlafen. Ich nehme daher an, dass unsere Vorfahren, als sie noch nicht in Häusern mit Jalousien und Vorhängen lebten, in Vollmondnächten tatsächlich schlechter schliefen. Aber aufgrund der Helligkeit und nicht, weil der Mond irgendwelche mystischen Kräfte hätte.“

Diese Einschätzung teilen auch Expertinnen und Experten vom Schlaflabor der Charité-Universitätsmedizin in Berlin. In jüngeren Studien konnten sie nicht belegen, dass der Vollmond den Schlaf beeinflusst. Allerdings halten sie es für möglich, dass evolutionsbedingt ein innerer Mond-Rhythmus in uns Menschen angelegt ist. Ähnlich wie der zirkadiane Rhythmus, auch innere Uhr genannt, der zum Beispiel das Schlaf-Wach-Verhalten steuert.

Dauert das Einschlafen bei Vollmond länger?

Trotz fehlender Studienlage haben viele Menschen das Gefühl, bei Vollmond schlechter einzuschlafen. „Ich habe einige Patientinnen und Patienten in meiner Sprechstunde, die so empfinden“, erzählt Kneginja Richter. „Sobald ich jedoch konkreter nach dem persönlichen Schlafumfeld und der Schlafhygiene frage, zeigt sich meist die eigentliche Ursache für Einschlafprobleme – und das ist nicht der Mond, sondern falsche Angewohnheiten.“

Fachleute raten generell dazu, bei einer Durchschnittstemperatur von 16 bis 18 Grad zu schlafen und Geräte wie Fernseher, Handys und Tablets nicht unmittelbar vor dem Zubettgehen zu benutzen. Zudem sollte es nachts dunkel sein, während morgens Helligkeit gut ist: „Ich empfehle, mit einem Lichtwecker oder einer Tageslichtlampe in den Tag zu starten. Setzen Sie sich 30 bis 45 Minuten nach dem Aufwachen seitlich mit offenen Augen vor ein entsprechendes Gerät. Das hilft, das ganze Jahr über die innere Uhr im Takt zu halten“, sagt Richter.

Wichtig: Die Lichtstärke sollte zwischen 3.000 und 10.000 Lux liegen (ohne Blaulichtanteile). „Bei Netzhautschäden, akuten Augenentzündungen oder Epilepsie sollten eine Tageslichtlampe oder ein Lichtwecker nicht zum Einsatz kommen“, sagt die Ärztin.

32088345_cf5ed4aa6d.IRWUBPROD_7AYB.jpg

Lichttherapie bei Depressionen

Winterdepression: Die dunklen Herbst- und Wintermonate machen manche Menschen depressiv. Ihnen kann oft der Einsatz von sehr hellem Kunstlicht helfen. zum Artikel

Kann Vollmond zum Schlafwandeln führen?

Schlafstörungen haben meist keine biologische, sondern eher psychische Ursachen. „Wie es unserer Seele geht, beeinflusst maßgeblich unsere Schlafqualität“, erklärt Prof. Kneginja Richter, die zu dem Thema ein Buch verfasst hat („Ausgeschlafen und mental stark“, Kösel Verlag).

Besonders für Menschen mit Parasomnie, einer Schlafstörung, die oft mit Schlafwandeln einhergeht, kann Stress ein Trigger sein. „Der Stand des Mondes spielt dabei keine Rolle. Meist scheint Schlafwandeln eine erbliche Veranlagung zu sein, oder die Begleiterscheinung einer Epilepsie“, erklärt die Expertin.

Wer Stress reduzieren will, sollte versuchen, zwei Stunden vor dem Schlafengehen über nichts Negatives mehr nachzudenken. „Schreiben Sie Ihre Sorgen oder Ängste stichpunktartig in ein Notizbuch oder Schreibheft und verstauen Sie es in einer Schublade. Das hilft dabei, nachts das Gedankenkarussell erst gar nicht beginnen zu lassen“, rät Richter.

Wer dennoch aufwacht und nicht mehr einschlafen kann, sollte es vermeiden, auf die Uhr zu sehen. Denn sich auszurechnen, wie viele – oder wie wenige – Stunden Schlaf noch übrig bleiben, verschlimmert Einschlafprobleme zusätzlich. „Bleiben Sie lieber im Dunkeln im Bett liegen und versuchen Sie zu entspannen“, empfiehlt die Medizinerin. „Stellt sich kein Schlaf mehr ein, können Sie aufstehen und bei gedimmtem Licht etwas möglichst monotones, unaufgeregtes machen wie das Lesen eines langweiligen Buches oder das Hören eines entspannten Hörbuchs oder Podcasts.“

Besteht ein Zusammenhang zwischen Vollmond und dem weiblichen Zyklus?

Der Mond braucht etwa einen Monat, um die Erde zu umkreisen. Da Menstruationszyklen von vielen Frauen etwa gleich lang sind, entstand im Laufe der Jahrhunderte der Glaube, dass der Mond Auswirkungen auf die Periode hat. Doch stimmt das? Ein internationales Forschungsteam kam 2021 zu dem Ergebnis: Der Mond scheint das Einsetzen der Menstruation bei Frauen zumindest in gewissen Zeiten ihres Lebens zu beeinflussen, wobei das Mondlicht der stärkste Taktgeber ist, seine Gravitationskräfte aber auch beitragen.

Zu einer ähnlichen Aussage gelangt eine jüngere Studie aus Frankreich mit sehr viel mehr Probanden. Insgesamt wurden die Aufzeichnungen von mehr als 3.000 Frauen aus Europa und Nordamerika über deren insgesamt fast 32.000 Zyklen ausgewertet. Es zeigte sich trotz einiger Diskrepanzen bei der Auswertung erneut ein geringer, aber statistisch signifikanter Zusammenhang zum Mondzyklus. Jedoch bringen die Forscher den Mechanismus, der den monatlichen Eierstockzyklus steuert, vor allem mit der inneren Uhr des Körpers, dem zirkadianen Rhythmus in Verbindung.


Quellen:

  • Cordi M, Ackermann S, Bes FW et al.: Lunar cycle effects on sleep and the file drawer problem. In: Current Biology: 16.06.2014, https://doi.org/...
  • Max-Planck-Gesellschaft: Beeinflusst der Mond unseren Schlaf?, Max-Planck-Wissenschaftler finden keinen Zusammenhang zwischen den Mondphasen und menschlichem Schlaf. Online: https://www.mpg.de/... (Abgerufen am 30.07.2024)
  • Cajochen C, Songül AE, Münch M et al.: Evidence that the Lunar Cycle Influences Human Sleep. In: Cell 25.07.2013, 23-15: 1485-1488
  • Helfrich-Förster C, Monecke S, Spiousas I et al.: Women temporarily synchronize their menstrual cycles with the luminance and gravimetric cycles of the Moon. Sciences Advances: https://doi.org/... (Abgerufen am 30.07.2024)
  • Ecochard R, Leiva R, Bouchard TP et al. : The menstrual cycle is influenced by weekly and lunar rhythms. In: Fertility and Sterility: 09.01.2024, https://doi.org/...