Schlaf: Nachts das Fenster öffnen?

Schlafzimmerfenster auf oder zu? Das kann die Gemüter spalten
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Der eine lässt nachts auch im tiefsten Winter das Fenster sperrangelweit auf, weil er meint, das härte ab und sei gesund. Der andere befürchtet, dass schon das morgendliche Gezwitscher der Vögel seinen Schlummer beeinträchtigen könnte und macht selbst im Hochsommer die Schotten dicht.
Auf oder zu? Das ist für viele Menschen eine Glaubensfrage – auf die es, wie so oft bei Glaubensfragen, keine eindeutige Antwort gibt. "So lange man damit gut zurecht kommt und sich morgens fit fühlt, darf man beim Schlafen eigentlich alles machen", sagt Dr. Peter Geisler, der das Schlaflabor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirksklinikum Regensburg leitet.
Wenn jemand allerdings am Morgen häufig zerschlagen aufwacht und tagsüber müde ist, dann sollte er sich fragen, woran dies liegen könnte. Viele Ursachen können den Schlaf stören. "Dahinter können auch Gründe stecken, auf die die Fensterstellung einen Einfluss hat – wie die Temperatur und die Lärmbelastung", erläutert Experte Geisler.
Schlafzimmertemperatur wirkt sich auf Schlaf aus
Eine weit verbreitete Vorstellung lautet, das Schlafen bei Eiseskälte helfe dem Immunsystem auf die Sprünge und schütze so vor Krankheiten. Stichwort Abhärtung. "Wissenschaftlich gibt es dafür keinerlei Anhaltspunkte", stellt Peter Geisler klar. Dass es abhärtet, nächtens die Fenster aufzulassen, wenn es draußen schneit, ist folglich ein Mythos und bringt eigentlich nur eines mit sich: höhere Heizkosten. Außerdem schläft es sich schlecht, wenn man friert.
Allerdings beeinträchtigt auch ein überheizter Raum die Nachtruhe. In warmen Sommernächten schlafen viele Menschen daher besser, wenn die Fenster offen stehen. Denn nachts kühlt die Luft ab und das sollte man nutzen, rät Schlafmediziner Geisler. Am besten ist, das Schlafzimmer im Sommer tagsüber zu verdunkeln und die Fenster geschlossen zu lassen, sodass der Raum sich nicht zu sehr erwärmt. Gelüftet wird dann abends, aber erst, wenn die Außentemperatur tatsächlich unter der Innentemperatur liegt. "Da verschätzt man sich leicht, weil die gleiche Temperatur sich drinnen oft wärmer anfühlt als im Freien", sagt der Experte. Sein Tipp: Zwei Thermometer, eines in der Wohnung und eines draußen.
Prinzipiell empfehlen viele Experten, dass die Temperatur im Schlafzimmer zwischen 16 und 18 Grad liegen sollte. Schlafmediziner Geisler geht mit solchen festen Zahlenangaben lieber zurückhaltend um. "Ideal ist die Raumtemperatur, bei der man weder schwitzt noch friert", sagt er. "Wieviel Grad das sind, ist individuell verschieden und hängt auch von Faktoren wie dem Bettzeug und der Schlafbekleidung ab."
Nachteil: Durch offenes Fenster gelangen Pollen ins Schlafzimmer
Mit der Frischluft kann auch etwas hereinkommen, das vielen Menschen zu schaffen macht: Pollen, die Auslöser des Heuschnupfens. "Während der Pollenflugsaison ist es für Pollenallergiker sinnvoll, die Fenster und Türen zuzumachen und auch zuzuhalten", meint Geisler. "Das reduziert die Pollenbelastung in den eigenen vier Wänden."
Beim Lüften sollten Menschen mit Heuschnupfen auf die Tageszeit achten. Auf dem Land ist die Allergendichte morgens am höchsten und nimmt zum Abend hin ab. Hier also abends durchlüften. In der Stadt verhält es sich genau umgekehrt: Am Morgen fliegen die wenigsten Pollen durch die Luft. Dort daher besser in der Früh die Fenster öffnen. Allergiker können gegebenenfalls zusätzlich ein Pollenschutzgitter am Fenster anbringen, um sich zu schützen. Betroffene sollten vorab mit dem Arzt besprechen, wann diese Maßnahme und eventuell auch weitere sinnvoll sind.
Nächtliche Geräusche stören den Schlaf
Neben Pollen sollte man aber auch den Lärm, der potenziell ins Schlafzimmer dringt, beachten. Schon gelegentliche laute Geräusche wie ab und an vorbeifahrende Autos können den nächtlichen Schlummer deutlich beeinträchtigen. "Man muss die lärmbedingten Aufwachphasen gar nicht bewusst mitbekommen", erläutert Geisler. "Trotzdem führen sie zu Adrenalinausschüttung, Blutdruck- und Pulsanstieg – und damit zu einem weniger erholsamen Schlaf."
Insbesondere wer leicht durch nächtlichen Lärm aufwacht, sollte das Schlafzimmerfenster daher vorsichtshalber zulassen. Wichtig: Vor dem Schlafengehen gut durchlüften. So bleibt auch bei geschlossenen Fenstern nachts ausreichend "frische Luft" im Raum. Denn eine gewisse Luftzirkulation besteht immer, weil Fenster und Türen nicht hundertprozentig dicht sind. In einem Durchschnittsschlafzimmer von fünfzehn Quadratmetern befindet sich normalerweise weit mehr Sauerstoff, als ein oder auch zwei Menschen in einer Nacht zum Atmen benötigen.
Ob das Schlafzimmerfenster nachts offen oder doch besser geschlossen sein sollte, lässt sich also nicht pauschal beantworten. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Entscheidend ist letzten Endes das eigene Empfinden. "Jeder Mensch hat hier seine persönlichen Vorlieben und Gewohnheiten", sagt Peter Geisler. "Deshalb sollte man in diesen Dingen auf sich selbst hören – also darauf, was einem guttut und was nicht."