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Wie entsteht eine Reiseübelkeit?

Reiseübelkeit tritt als Symptom einer Reisekrankheit auf. Diese wird durch ein Ungleichgewicht in der Wahrnehmung von Bewegungen ausgelöst. „Wir haben verschiedene Sensoren im Körper, die uns melden, wie unser Körper im Raum liegt: das Gleichgewichtsorgan im Innenohr, die Augen und die im Körper verteilten druckwahrnehmenden Rezeptoren – auch Propriozeptoren genannt“, erklärt Prof. Dr. Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin Düsseldorf.

„Normalerweise stimmen diese Informationen überein, wenn wir auf dem Boden laufen. Sitzen wir jedoch im Auto oder auf einem Schiff, passen die Informationen nicht mehr zusammen. Die Rezeptoren melden, dass wir sitzen, während das Gleichgewichtsorgan Bewegung und Schwanken registriert. Das ‚verwirrt‘ das Gehirn. Infolge der Verwirrung wird das Brechzentrum aktiviert und wir müssen uns übergeben – möglicherweise dient das als Schutzmechanismus, um sich hinzulegen und die Orientierung wiederherzustellen.“

Wer ist besonders häufig von Reiseübelkeit betroffen?

Jüngere Menschen sind eher von Reiseübelkeit betroffen, Frauen mehr als Männer. Jelinek zufolge seien auch schwangere Frauen anfälliger dafür, was eher mit der Schwangerschaft zu tun habe als mit der Reisekrankheit. Prinzipiell aber könne jede Person Reiseübelkeit bekommen.

Kann man Übelkeit auf Reisen vorbeugen?

Man kann den Körper – ähnlich wie bei Allergien – schrittweise gegenüber der erwarteten Situation unempfindlich machen oder desensibilisieren. „Das bedeutet, dass man sich nach und nach an die Bewegungen und Bedingungen gewöhnt, die die Übelkeit auslösen – zum Beispiel an die Bewegung eines Schiffes oder eines Flugzeugs. Durch bestimmte Lagerungsübungen kann der Körper lernen, besser darauf zu reagieren“, erklärt Dr. med. Martin Fischer, Arzt und Apotheker aus Essen-Kettwig.

Man kann die Übelkeit zudem durch eine kluge Platzwahl während der Reise reduzieren: „Im Auto oder Bus sollte man besser vorne sitzen, auf dem Schiff oder im Flugzeug in der Mitte“, sagt Jelinek.

Fährt man selbst, wird einem seltener übel. Das liegt daran, dass man nach vorne schaut und das Gehirn abgelenkt ist. Daher helfe auch Beifahrern entsprechende Ablenkung: etwa nach vorne aus dem Fenster schauen – aber nicht lesen oder Filme ansehen.

Frische Luft, keinen Alkohol trinken, nicht rauchen und leichte Kost zu sich zu nehmen, sind auf Reisen ebenfalls empfehlenswert. „Es ist auch ratsam, auf histaminreiche Speisen und Getränke wie Wein und Käse zu verzichten. Denn Histamin ist als Botenstoff an der Entstehung der Reiseübelkeit beteiligt“, betont Jelinek.

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Welche Medikamente helfen bei Reiseübelkeit?

Antihistaminika wie Dimenhydrinat können Reiseübelkeit vorbeugen. Diese Mittel beruhigen die Nerven. Man bekommt sie als Tabletten oder Kaugummis rezeptfrei in der Apotheke. Bei Kindern sollte man davor Rücksprache mit dem Arzt halten. In der Regel nimmt man das Medikament eine bis eine halbe Stunde vor Reisebeginn ein. Nebenwirkungen können zum Beispiel Schläfrigkeit und Benommenheit sein.

Scopolamin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das Schwindel und Übelkeit verringern kann. Es wirkt, indem es das Gleichgewichtsorgan im Innenohr beruhigt. „Scopolamin wird oft als Pflaster verwendet, besonders bei Schiffsreisen, um Reisekrankheit zu verhindern“, sagt Jelinek. Man klebt es fünf bis sechs Stunden vor Beginn der Reise auf, die Wirkung hält etwa drei Tage an.

Gibt es eine genetische Veranlagung für Reiseübelkeit?

„Es gibt Zwillingsforschungen, die belegen, dass eine genetische Veranlagung für Reiseübelkeit vorhanden sein kann. Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass manche Menschen aufgrund ihrer Gene eher anfällig für Reisekrankheiten sind als andere“, sagt Fischer.

Wirken Ingwer und Vitamin B6 gegen Reiseübelkeit?

Inhaltsstoffe der Ingwerpflanze, wohl die sogenannten Gingerole, mindern Übelkeit und Brechreiz. „Ingwer-Präparate wirken vorbeugend gegen Reiseübelkeit, das wurde an Seeleuten getestet. Ingwertee zeigte diesen Effekt jedoch nicht“, erläutert Jelinek.

Präparate mit Vitamin B6 einzunehmen, sei bei Reiseübelkeit nicht hilfreich. Sie haben den Experten zufolge keinen nachgewiesenen Effekt.

Was ist von Akupressur-Armbändern zu halten?

Akupressur-Armbänder üben sanften Druck auf bestimmte Punkte am Handgelenk aus. „Einigen Menschen könnte das bei Reiseübelkeit helfen, weil die Akupressur ablenkt. Wissenschaftlich nachgewiesene Wirkung haben diese jedoch nicht “, sagt Fischer. Letztendlich könne aber auch der Placebo-Effekt eine Rolle spielen.


Quellen:

  • Grøntved A, Brask T, Kambskard J et al.: Ginger root against seasickness. A controlled trial on the open sea . In: Cover image for Acta Oto-Laryngologica Acta Oto-Laryngologica: 01.02.1988, https://doi.org/...
  • Mutschler E, Geisslinger G et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen. In: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 01.01.2013, 10: 311
  • Priesol AJ: Motion sickness. Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc: https://www.uptodate.com/... (Abgerufen am 11.06.2024)