Was die Wissenschaft über den Einfluss der Sternzeichen auf unser Leben weiß
Skorpione sind angeblich eifersüchtig. Waagen hingegen gelten als diplomatisch. Klingt zwar nach einem Widerspruch, aber Steinböcke sind anscheinend besonders willensstark und gleichzeitig selbstkritisch. Die Sternzeichen und Horoskope begeistern viele Menschen. Aber woher stammt diese Faszination für einen Zusammenhang von Sternen und menschlichen Charaktereigenschaften – und was haben wissenschaftliche Studien darüber herausgefunden?
Was ist Astrologie überhaupt?
Seit jeher dienten Sonne, Mond, Sterne und Planeten als Orientierung. Diese Himmelsbeobachtung, auch Astronomie genannt, ist jedoch nicht mit der Astrologie gleichzusetzen. Die Astronomie ist eine anerkannte Wissenschaft, die auf empirischer Grundlage die Beschaffenheit, Bewegungen und Beziehungen von Himmelskörpern untersucht.
Die Astrologie hingegen sieht einen direkten Zusammenhang zwischen Himmelserscheinungen und Ereignissen auf der Erde. Aus der Position und dem Lauf der Gestirne (Sonne, Mond, Sterne, Planeten etc.) soll sich, laut dieser Annahme, ein Zusammenhang zu Lebensereignissen, Charaktereigenschaften sowie Naturereignissen ergeben können. Astrologie kann sich jedoch auf keine wissenschaftliche Forschung stützen.
Woher kommen Sternzeichen?
Ein Sternzeichen ist in der westlichen Astrologie das Tierzeichen, in dem die Sonne zum Zeitpunkt der Geburt gelegen haben soll. Es gibt zwölf Sternzeichen, welche sich durch den Tierkreis, auch Zodiak genannt, ergeben. Dieser teilt das Jahr in zwölf Abschnitte. Ein Sternzeichen soll Auskunft über die Stärken und Schwächen seiner eigenen Persönlichkeitsstruktur geben können. In Horoskopen liefern uns Sternzeichen demnach heutzutage ebenfalls zahlreiche vermeintliche Auskünfte über Geografie, Beziehungen – und sogar den Beruf, der am besten zu einer Person passt..
Was sind Aszendenten und Deszendenten?
Der Aszendent und der Deszendent sollen die Charaktereigenschaften eines Sternzeichens um eine tiefere Bedeutung ergänzen können.
Es ist gar möglich, dass zwei Personen das gleiche Sternzeichen besitzen – aber einen unterschiedlichen Aszendenten haben. Er soll unser Erscheinungsbild gegenüber anderen beschreiben und somit ein präziseres Bild der Persönlichkeit darstellen können. Der Aszendent ist zudem schwieriger zu ermitteln als das Sternzeichen: Man braucht neben Geburtstag nämlich auch Geburtsort und Geburtszeit.
Der Deszendent wiederum soll den Gegenpart zum Aszendenten darstellen. Dem Glauben nach soll er zeigen können, was man sich in zwischenmenschlichen Beziehungen wünscht. Um seinen Deszendenten zu berechnen, muss man im sogenannten Tierkreis sechs Zeichen vom Aszendenten zurückzählen. Wenn man beispielsweise Aszendent Wassermann ist, dann lautet sein Deszendent Löwe. Bei Steinbock wäre es Deszendent Krebs. Klingt kompliziert? Auf zahlreichen Websites finden sich mittlerweile Angebote, die einem – nach Eingabe der eigenen Daten – nicht nur den Aszendent und Deszendent nennen, sondern gleich ein komplettes Charakterprofil erstellen lassen.
Wie entwickelte sich die Astrologie?
Vor 2500 Jahren begannen die Babylonier in Mesopotamien den Himmel zu erforschen. Man fing an Sterne zu deuten und sich die daraus ergebenden Bilder zu studieren. Während die Sternzeichen in der Antike hauptsächlich verwendet wurden, um die Positionen von verschiedenen Planeten zu berechnen, erweiterte sich ihre Bedeutung in den folgenden Jahrhunderten immer mehr.
Die Bekanntheit von Sternzeichen nahm innerhalb weniger Jahrhunderte schnell zu, als Horoskope, denen menschliche Charakterzüge zugeschrieben wurden, verfasst wurden. Die Astrologie blieb eine anerkannte Wissenschaft, obwohl viele Betrüger sie mit ausgedachten Horoskopen als Geldmacherei nutzten.
Während der Aufklärung nahm der Zweifel an der wissenschaftlichen Evidenz der Astrologie immer mehr zu, bis sie schließlich zur sogenannten Pseudowissenschaft deklariert wurde. Das bedeutet, dass die Astrologie behauptet wissenschaftlich zu sein, aber die Ansprüche der Wissenschaftlichkeit durch mangelnde Beweise nicht erfüllen kann.
In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts erlebte die Astrologie, und hier vor allem die Horoskope, eine Rückkehr und war nun in diversen Zeitschriften und Zeitungen präsent.
Seit ein paar Jahren macht sich die Astrologie in den sozialen Medien ebenfalls bemerkbar und hat ihre ganz eigene Nische gefunden: unter dem Hashtag Astrologie finden sich tausende Videos aus aller Welt von sogenannten „astrofluencern“. Und dies mit Erfolg. Vor allem unter jungen Menschen trifft die Astrologie auf große Zustimmung und weckt hohes Interesse. Laut einer Studie von YouGov und Statista aus dem Jahr 2021 mit über 2000 Befragten glauben 61 Prozent der 18- bis 24-Jährigen an den Wahrheitsgehalt von Horoskopen, auch wenn der Glaube an Astrologie genauso wie der Religionsglaube in den vergangenen 20 Jahren abgenommen hat.
Warum glauben so viele an Astrologie?
Unterhaltung und Faszination
„Die Sterne, das unendliche Weite, sein eigenes Schicksal begreifen zu wollen oder sogar Einfluss darauf zu haben, das übt eine ungemeine Faszination auf uns alle aus“, erklärt die Psychologin Dr. Annegret Wolf vom Institut für Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Ein Grund für die Beliebtheit von Astrologie ist also schlichtweg der große Unterhaltungsfaktor und Interaktionswert: Ganz vom Wahrheitsgehalt abgesehen, macht es vielen Menschen Spaß, sich über ihr Sternzeichen zu informieren. Es ist vielen gar ein Zeitvertreib, mehr über die Vorhersagen zu Sternzeichen zu erfahren und sich darüber auszutauschen. Sicher sind es auch die Neugier und Faszination, die Prognosen über Stimmung, Wetter und persönliche Weiterentwicklung der nächsten Tage zu lesen. Ob diese dann wahr werden, ist zweitrangig.
Hoffnung und Halt
„Es gibt empirische Hinweise, dass insbesondere Menschen in Krisensituationen, die viel Stress erleben und Orientierung und Erklärungen suchen, empfänglich für Horoskope sind“, meint Wolf. Krisen der letzten Jahre, wie Corona, der Klimawandel und Kriege können ein Gefühl der Machtlosigkeit vor allem bei der jungen Generation auslösen. Viele würden daher nach Halt und Hoffnung, sowie nach Erkenntnissen über sich selbst suchen. „Am Ende brauchen wir alle etwas, an das wir glauben können, an das wir festhalten können. Manche glauben an die Wissenschaft, manche an sich selbst, manche an Gott und manche glauben eben an die Sterne“, äußert Psychologin Wolf.
Barnum-Effekt: mit Aussagen tricksen
Bewahrheitet sich die Vorhersage eines Horoskops, ist oft der sogenannte Barnum-Effekt im Spiel. Das nach dem Zirkusdirektor Phineas Taylor Barnum aus dem 19. Jahrhundert benannte psychologische Phänomen beschreibt die Tendenz von Menschen vage, mehrdeutige und allgemeine Aussagen auf ihre eigene einzigartige Eigenschaft ihrer eigenen Persönlichkeit zu deuten. Sein Leitspruch lautete: „Es ist für jeden etwas dabei.“
Heutzutage bedienen sich Horoskope sehr gerne an diesem Effekt in vagen Aussagen wie „Sie genießen eine bestimmte Menge an Veränderung.“ oder doppelgleisigen Botschaften wie „Sie sind in der Regel fröhlich und optimistisch, aber manchmal traurig gestimmt!“ und auch besonders schmeichelnde Behauptungen wie zum Beispiel „Sie sind energisch und beliebt bei anderen!“. Diese sind alle sehr pauschal formuliert und treffen auf die Mehrheit der Menschen mindestens zu einem Zeitpunkt zu.
Synchronizität: Alles hängt zusammen?
Ähnlich zum Barnum-Effekt kann das Prinzip der Synchronizität nach dem Psychoanalytiker C.G. Jung und Physiker Wolfgang Pauli angeführt werden. Es besagt, dass Ereignisse, die nicht in Kausalität zueinander stehen, trotzdem als zusammengehörig wahrgenommen werden. „Das sind im Grunde diese Situationen, bei denen man sagt ‚Das kann kein Zufall sein’“, erklärt Dr. Wolf. Es wird eine Bedeutung hineininterpretiert und nach einer Ursache gesucht, auch um besonders schwerwiegende Ereignisse, zum Beispiel Erkrankungen, Krisen, zu erklären. Es geht also nicht um eine bestimmte „Kraft“, die von den Sternen ausgeht, sondern um vermeintlich verborgene Zusammenhänge.
Wie beeinflussen uns positive Horoskope?
Häufig sind Aussagen, vor allem in Horoskopen, meist sehr positiv und schmeichelnd formuliert oder finden zumindest am Ende einen optimistischen Ausgang. „Das liegt schlichtweg daran, dass wir ungern Negatives über unser Leben hören wollen und eher versuchen, dies auszublenden. Deswegen wird vieles in Watte gepackt, damit wir es auch gerne konsumieren“, sagt Dr. Annegret Wolf.
Gibt es für Astrologie wissenschaftliche Beweise?
„Astrologie gilt heute nach wie vor als Pseudowissenschaft, da sie Wissenschaftlichkeit beansprucht, aber es daran noch mangelt“, erklärt Dr. Annegret Wolf. Die Mehrzahl der Studien weist darauf hin, dass es keine wissenschaftlichen Belege für den Wahrheitsgehalt von Horoskopen und Co. gibt. Eine Studie von deutschen und dänischen Wissenschaftlern der Universität Bonn und der Aarhus Universitet, die circa 15.000 Probanden bezüglich ihres Geburtsdatums, Persönlichkeit und Intelligenz untersuchten, fanden keine Korrelation zwischen diesen Gegebenheiten.
Weiterhin gibt es zum Beispiel eine Studie aus dem Jahr 2020 aus Schweden, in der aus Datenerhebungen analysiert wurde, ob Paare, die „astrologisch gut zusammenpassen“, auch geringere Scheidungsraten haben oder ob überhaupt solche Paarungen in Ehen überrepräsentiert sind. Auch hier zeigt sich kein Zusammenhang.
„Ein weiteres Problem stellt die fehlende Widerlegung der Astrologie dar. Vorhersagen sind oft zu vage formuliert oder so oft getätigt, dass sie irgendwann zutreffen“, sagt Dr. Annegret Wolf. Ein Beispiel dafür wäre: „Eine wichtige Entscheidung steht an.“ Alle Menschen werden früher oder später wichtige Entscheidungen treffen müssen, ob das morgen, nächste Woche oder in einem Monat ist.
Es ist auf keinen Fall verwerflich, sich für Astrologie zu interessieren. Das hat der Mensch schon immer getan. Trotzdem sollte man sehr ernsthaft hinterfragen, inwieweit man seine Entscheidungen im Leben wirklich von Sternzeichen abhängig machen will.