So entdeckte eine Forschergruppe um Luciano Bernardi von der Universität Padua in Italien einen verblüffenden Effekt, als sie 23 Erwachsene beim Aufsagen des Rosenkranzes oder eines buddhistischen Mantras beobachteten. Bei der monotonen Wiederholung ihrer Gebetsformeln atmen die Gläubigen nur noch etwa sechs Mal pro Minute.

Rosenkranzbeten dient der Beruhigung
Bei genau dieser Atemfrequenz werden mehrere Rückkopplungssysteme im Körper, die Puls und Blutdruck steuern, synchronisiert. Die so genannte Herzratenvariabilität, ein Maß für die Anpassungsfähigkeit des Herzschlags an Belastungen, ist maximal. Die Forscher vermuten, dass das Rosenkranzbeten im Mittelalter – einer Zeit, in der das
Bewusstsein um den eigenen Körper unter Christen vermutlich nicht sehr ausgeprägt war – gezielt zur Beruhigung angewandt wurde.

Meditationstechniken verändern das Gehirn
Direkt in das Denkorgan meditierender Mönche schaute der US-Forscher Richard Davidson von der Universität Wisconsin. Er stellte fest, ihre Techniken können zu massiven Veränderungen in der Arbeitsweise des Gehirns führen. Das zeigte ein Vergleich der Hirnströme von Buddhisten mit langjähriger Übung in Meditation mit denen von Neulingen: Bei den so genannten Gammawellen ließen sich deutliche Unterschiede nachweisen.

Hirnbereiche meditieren synchron
Normalerweise entstehen solche Wellen nur dann, wenn wir etwas hochkonzentriert üben. Bei den Mönchen registrierten die Messgeräte jedoch schon Sekunden nach Übungsbeginn eine dramatische Zunahme der Gammawellen an vielen Orten im Gehirn. Die Aktivität spielte sich gleichzeitig in mehreren voneinander entfernten Regionen ab.

"Die Mönche können offenbar willentlich einen Zustand hoher mentaler Konzentration auf Kommando anknipsen", erklärt Davidson. Ob solche Fähigkeiten erlernbar sind, bleibt noch zu beweisen. Dafür müsste erst geklärt werden, ob sich die meditative Versenkung tatsächlich trainieren lässt oder vielleicht eine angeborene Fähigkeit ist.

Aktive Entspannung durch Trancezustände.

Aktive Entspannung durch Trancezustände.

Durch bunte Farben und rhythmische Musik in Trance In Gießen nähern sich Ulrich Ott und Hannes Hempel den Geisteszuständen mit Hilfe von Studien an Menschen. Mit Trommelmusik und so genannten Visualisierungen versetzen sie die Teilnehmer in Trance. Die Versuchspersonen betrachten einen Film mit farbigen Animationen aus wirbelnden Kreisen und Bändern, die der Computer im Rhythmus der Musik erzeugt.

"Zumindest ein Teil der Kandidaten gelangt damit innerhalb von Minuten in ordentliche Trance-Tiefen", berichtet Hannes Hempel über die ersten Ergebnisse. Jetzt will das Team untersuchen, was im Gehirn passiert, wenn diese Menschen in den Versenkungszustand geraten. Die Experimente sollen demnächst in einem Kernspintomografen fortgeführt werden.

Immer noch ungeklärt, wie Trance entsteht
Weitgehend unbekannt ist, was dazu führt, dass jemand in einen solchen Trancezustand gerät. "Wir dachten, das hätte etwas mit Rhythmus zu tun", erzählt Ulrich Ott. Er ist der Frage nachgegangen, ob so genannte Barorezeptoren (das sind Sensoren in der Hals- und Bauchschlagader, die den Blutdruck registrieren) die Rhythmen von Tänzen oder auch der Atmung in das Gehirn übertragen und dort Trancezustände auslösen.

Doch dieser Nachweis gelang bis heute nicht. Wie und warum Trance im Gehirn entsteht, ist immer noch ungeklärt. Vermutlich spielen unsere Augen und Ohren dabei eine größere Rolle.

"Wenn wir verstehen, durch welche Techniken sich Trance und meditative Zustände besonderer geistiger Klarheit erreichen lassen, wäre das ein Beitrag im Kampf gegen Drogen, mit denen mancher versucht, sich solche Erlebnisse zu verschaffen", betont Ott den Wert solcher Erkenntnisse.


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