Müsli-Studie: Zu viel Zucker im Regal
Zu Corona-Zeiten überlegt man sich sogar den morgendlichen Gang zum Bäcker. Schließlich möchte man keine unnötigen Infektionsrisiken eingehen. Greift man also besser auf Cornflakes und Ähnlicheszurück, die sich leicht in großen Mengen bunkern lassen? Eine neue Studie der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mahnt aus ernährungsphysiologischer Sicht eher zur Vorsicht. Zumindest sollte man genau auf die Inhaltsangaben achten, um eine zuckerarme Sorte zu finden.
Attraktive Aufmachung der Verpackung bezirzt Kinder und Eltern
Die Hersteller vieler Frühstückscerealien haben es geschafft, ihre Produkte als attraktive Alternative für einen guten Start in den Tag zu bewerben. Mit einer kindgerechten Verpackung samt aufgemalten Comicfiguren und Extras wie Sammelalbum-Stickern locken sie vor allem jungen Kunden an. Und versprechen den Eltern darüber hinaus, die Produkte seien gesund – was angesichts des hohen Zuckergehalts oft nicht zutrifft.
AOK fordert: Kindermarketing verbieten
Die Hersteller verweisen auf die Eigenverantwortung der Verbraucher. Denn der Zuckergehalt werde ja auf der Verpackung abgedruckt, so wie es die gesetzlichen Vorgaben vorsehen. "Doch die Eigenverantwortung der Verbraucher stößt an Grenzen, wenn intransparente Kennzeichnung, irreführende Werbeversprechen und psychologisch ausgefeilte Marketingkonzepte dazu beitragen, dass eben doch vor allem stark zuckerhaltige Produkte im Einkaufswagen landen", heißt es in einer Broschüre der AOK zur Studie.
Stärkere Werbe-Beschränkungen in anderen Ländern Europas
Experten fordern deshalb, an Kinder gerichtetes Marketing für ungesunde Lebensmittel zu verbieten. Verschiedene EU-Länder haben bereits vorgemacht, wie es geht: In Großbritannien und Irland ist Werbung für besonders zuckerhaltige Lebensmittel nicht erlaubt, Norwegen und Schweden untersagen sogar jegliche Werbung, die sich an Kinder richtet. Zahlreiche weitere Länder haben mittlerweile nachgezogen.
Gesundheitliche Auswirkungen des hohen Zuckerkonsums
Jeder Bundesbürger verzehrt pro Jahr im Schnitt rund 37 Kilogramm Zucker – mehr als 100 Gramm am Tag. Zu viel, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) betont. Die Frühstückscerealien haben daran – vor allem in den Familien – einen erheblichen Anteil. Denn Familien greifen im Vergleich zu Haushalten ohne Kinder bei den Frühstückscerealien überdurchschnttlich häufig zu. Übermäßiger Zuckerkonsum erhöht das Risiko für Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zucker schadet den Zähnen und steht im Verdacht, süchtig zu machen.
Dr. Ingrid Peter, Vizepräsidentin des Bundesverbandes für Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), sieht deshalb raschen Handlungsbedarf: "Wir müssen den Zuckergehalt in Fertigprodukten, Softdrinks und Frühstückscerealien dringend reduzieren, um die jüngere Generation vor Adipositas und anderen ernährungsbedingten Krankheiten zu schützen. Unser Ziel sollte es sein, dass die Geschmackspräferenz ‚süß‘ sich nicht an Zucker oder Zuckerersatzstoffen festmacht. Wenn wir den Zuckergehalt nach und nach verringern, wird sich auch das Geschmacksempfinden auf `weniger süß´ umstellen."
Es geht auch anders
Dr. Kai Kolpatzik, Abteilungsleiter Prävention im AOK-Bundesverband, fordert angesichts der überzuckerten Cerealien: "Man sollte die Produzenten entsprechend der WHO-Empfehlung zu einer schrittweisen Reduzierung auf 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm verpflichten – und das nicht nur für Kindercerealien, sondern für das gesamte Segment."
Die 15 Produkte mit dem niedrigsten Zuckergehalt, die in der Studie getestet wurden, hatten sogar nur einen Zuckergehalt von unter einem Gramm. Spitzenreiter war ein Bio-Beeren-Müsli, das gerade mal auf 0,2 Gramm Zucker pro hundert Gramm kommt. Ein genauer Blick auf die Inhaltsangaben auf der Verpackung lohnt sich also.