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Keto-Diät, Low Carb, ketogen. Wer sich für gesunde Ernährung interessiert, kommt an diesen Schlagworten kaum noch vorbei. Sie prangen auf Kochbüchern und Zeitschriften, im Supermarkt finden sich immer mehr entsprechende Produkte. Die Ernährungsweise soll schlank machen und sogar gegen Krankheiten helfen. Aber was bedeutet das eigentlich? Und was unterscheidet „ketogen“ von „Low Carb“?

Low Carb ist nicht gleich ketogen

„Low Carb“ heißt übersetzt: wenig Kohlenhydrate. Man isst also wenig Brot, Nudeln und Co., dafür mehr Eiweiß und Fett. Die Leber bildet sogenannte Ketonkörper, die fortan als Energieträger dienen. Vorteil: Der Blutzucker steigt nicht so stark an, wie wenn man Kohlenhydrate isst. Es wird ­weniger Insulin ausgeschüttet, dadurch geht der Körper leichter an seine (Fett-)Reserven. Es kommt zur sogenannten Ketose.

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Doch Vorsicht: Nicht jede Low-Carb-Diät ist automatisch ketogen. Bei streng ketogener Ernährung – auch als „Atkins-­Diät“ bekannt (nach ihrem Erfinder Dr. Robert Atkins, sie wurde inzwischen etwas modifiziert) – darf man nicht mehr als 50 Gramm Kohlenhydrate pro Tag verzehren. Das entspricht etwa zwei Scheiben Toastbrot. Sonst wird die Ketose nicht genug angekurbelt.

Die Studienlage ist durchwachsen

Belegt ist, dass ketogene Ernährung bei bestimmten Formen von Epilepsie und angeborenen Stoffwechselstörungen helfen kann. Viele hoffen, durch die Umstellung ihres Stoffwechsels abzuspecken. Auch die sportliche Leistung soll sich steigern lassen. Doch schaut man sich die Studien dazu genauer an, zeigt sich ein gemischtes Bild. Das liegt zum einen daran, dass die Vergleichsgruppen oft nicht nur unterschiedlich viele Kohlenhydrate, sondern auch, unterschiedlich viele Kalorien zu sich nehmen. Außerdem kommt es auf die Art der Kohlenhydrate an.

Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten oder Gemüse wirken sich deutlich günstiger auf den Blutzucker und das Körpergewicht aus als verarbeitete, stark zuckerhaltige Produkte. Wer auf letztere verzichtet, nimmt fast immer ab. Folglich lässt sich nicht eindeutig sagen, ob die Menschen aufgrund einer ketogenen Diät Gewicht verloren haben. Auch in Bezug auf die sportliche Leistung lassen sich bislang keine wesentlichen Vorteile erkennen.

„Grundsätzlich würde ich eine ketogene Ernährung eher nicht empfehlen, weil es eine starke Einschränkung der Lebensmittelauswahl bedeutet“, sagt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Wer Kohlenhydrate – und damit Vollkornprodukte, Gemüse inklusive Hülsenfrüchten und Obst – weitgehend vom Speiseplan streicht, dem droht ein Mangel an Vitaminen, Ballast- und Mineralstoffen. Die DGE empfiehlt eine vollwertige Mischkost, die zu mehr als 50 Prozent aus Kohlenhydraten (aus möglichst wenig verarbeiteten Produkten) besteht und eine mode­rate Menge Fett (mit wenig gesättigten Fettsäuren) enthält.

Für Menschen mit Krebs nicht geeignet

Das ist bei einer ketogenen Ernährung nicht der Fall. Sie ist sehr fettreich – das kann schwer im Magen liegen. Ein Grund, weshalb Professorin Jutta Hübner vom Universitätsklinikum Jena die Ernährungsform Krebspatientinnen und -patienten nicht empfiehlt. Diese hätten – etwa als Nebenwirkung von Chemotherapeutika – ohnehin häufig Magen-Darm-Probleme, sagt die Onkologin.

Kommt es durch die Keto-Diät zu einer Mangelernährung, können sich Prognose und Therapieergebnis verschlechtern. Es gibt keine hochwertigen und methodisch korrekten Studien, die belegen, dass eine ketogene Ernährung die Behandlung unterstützt oder gar gegen Krebs hilft. In einem Statement schreiben Hübner und andere Mitglieder verschiedener Fachgesellschaften daher: „Auf der Grundlage der derzeitigen Daten können ketogene Diäten nicht als ergänzende Therapie und generell für Menschen mit Krebserkrankungen empfohlen werden.“

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Quellen:

  • Studie eines Marktforschungsunternehmens

  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.: Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE. Leitlinie: 2022. Online: https://www.dge.de/... (Abgerufen am 03.11.2022)

  • Schmidt L, Mathies V, von Grundherr J et al.: Ketogenic and low-carbohydrate diets in people with cancer, A statement by the Working Group on Prevention and Integrative Onco- logy (PRIO) in the German Cancer Society (GCS) and the German Society for Nutritional Medicine (DGEM). In: Ernaehrungs Umschau international 01.07.2022, 7: 106-111
  • Fischer T: Ketogene Ernährung als Trenddiät, Hintergründe, Nutzen und Risiken. In: Ernährungs Umschau, Supplement 01.09.2022, 9: 65-72