Neues Jahr, neues Glück
Mal wieder Jahreswechsel. Zeit für gute Vorsätze! Jetzt starten wir endlich voll durch! Ab morgen wird alles besser. Gesundheitsthemen stehen in den Hitlisten weit vorne: Stress abbauen, gesünder essen, abnehmen, mehr Sport treiben. Und gerade für Menschen mit Diabetes sind solche Verbesserungen der Lebensweise sinnvoll. Kleines Problem: Wunsch und Wirklichkeit liegen oft weit auseinander.
Die Chancen, den guten Vorsatz länger als einen Monat durchzuhalten, stehen laut Statistik 50:50. Aber Experten wissen auch, dass es manchmal nur an Kleinigkeiten liegt, die man anders anpacken muss, damit der Plan funktioniert. Wir haben nachgefragt und die besten Tipps für Sie gesammelt, sodass es diesmal klappt. Launige Späßchen Ihrer Mitmenschen wie „Du brauchst keine Vorsätze, hast ja die vom letzten Jahr praktisch noch nicht angetastet!“ können Sie dann getrost an sich abprallen lassen.
Realistische Ziele setzen
Der Hauptgrund, warum gute Vorsätze scheitern: „Viele sind zu radikal und völlig unrealistisch“, erklärt Psychologin Dr. Sabine Gregersen von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege in Hamburg. Der Ansatz „Ab dem Zeitpunkt X mache ich alles anders“ führe meist nicht zum gewollten Ergebnis, sondern zu Überforderung. Die Expertin schlägt stattdessen vor: „Bleiben Sie realistisch. Überlegen Sie, was Ihnen besonders wichtig ist, und formulieren Sie dazu ein ganz konkretes Ziel, das Sie erreichen wollen.“
Ein Beispiel: Eine Patientin mit Typ-2-Diabetes, unsportlich und übergewichtig, hat große Angst vor Folgekrankheiten. Sie möchte sich in ihrem Körper gerne wohler fühlen, reisen und mit ihren Enkeln aktiv sein. Sowohl der vage Vorsatz „gesünder leben“ als auch die radikale Variante „20 Kilo abnehmen“ sind jetzt wenig Erfolg versprechend. Stattdessen könnte der Plan lauten: Ich nehme in den acht Wochen bis zum nächsten Kontrolltermin beim Arzt zwei Kilogramm ab. Klappt diese erste, kleine Etappe, gibt es einen Grund, stolz auf die eigene Leistung zu sein.
„Das motiviert, den Weg fortzusetzen und weitere Veränderungen anzugehen“, so Gregersen, „zum Beispiel regelmäßige Spaziergänge nach dem Mittagessen.“ So könne man sich in kleinen Schritten dem großen Ziel nähern. Die Psychologin rät dazu, Vorsätze immer positiv und nicht als Verbote zu formulieren. Hilfreich könne es auch sein, die Ziele aufzuschreiben und regelmäßig zu dokumentieren, was gut und was weniger gut geklappt hat.
Gemeinsam Sport treiben
Ebenfalls nützlich: Verbündete suchen. Zum Beispiel die Freundin, mit der man sich regelmäßig zum Walking verabredet. „Wenn Gleichgesinnte mitmachen, wird es verbindlicher“, weiß Sabine Gregersen, „und man kann sich gegenseitig unterstützen, wenn’s mal hapert mit der Motivation.“ Rückschläge zwischendurch sind übrigens kein Grund, alles aufzugeben, sondern ganz normal. Hier kann es helfen, auf das bereits Erreichte zu schauen. Und zu erkennen, dass man sich damit viel besser gefühlt hat als vorher. Das spornt an, wieder neu durchzustarten.
Neue Essgewohnheiten entdecken
Abnehmen ist der Klassiker unter den Neujahrsvorsätzen. Verständlich, schlemmen und naschen wir doch in der Weihnachtszeit meist zu viel. Und doch rät Ernährungs- und Diabetesberater Helmut Nußbaumer vom Diabeteszentrum Burghausen: „Überlegen Sie sich zuerst, ob jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt für dieses Vorhaben ist.“ Wer gerade durch seinen stressigen Alltag oder eine schwierige Lebenssituation belastet sei, der brauche sich nicht auch noch ehrgeizige Abnehmpläne aufzubürden.
„In diesem Fall geben Sie sich lieber noch Zeit und schaffen erst mal die richtigen Rahmenbedingungen“, empfiehlt er. Denn gerade in stressigen Situationen neigen wir dazu, ungesund zu essen. Ruhe und Kraft für Veränderungen fehlen dann. „Wer den ganzen Tag gestresst war und sich abends endlich erschöpft auf die Couch fallen lässt, der will nicht an einer Karotte knabbern, sondern sich einen süßen Riegel gönnen“, weiß der Experte.
Passt der Zeitpunkt, sollten Abnehmwillige sich zunächst von einer falschen Herangehensweise verabschieden: dem Kampf gegen Kilos. Helmut Nußbaumer warnt: „Den kann ich einige Wochen führen, vielleicht auch einige Monate. Aber auf lange Sicht werde ich ihn verlieren.“ Es gehe vielmehr darum, neue, gute Essgewohnheiten ins Leben einzuführen. Nach und nach sollen sie zur Routine werden. Ein konkretes und überschaubares Abnehmziel, etwa zwei Kilogramm weniger in acht Wochen, ist für den Einstieg ideal.
Startklar? Dann hilft folgende Frage weiter: „Welche Veränderung in meinem Essverhalten hat die größte Aussicht auf Erfolg?“ Genau an diesem Punkt müsse man ansetzen, so Experte Nußbaumer. „Das, was ich ändere, muss ich mir für mein ganzes Leben vorstellen können“, betont er. Nie wieder Schokolade — das kann nicht klappen. Stattdessen gelingt es vielleicht, gute Alternativen für zuckerhaltige Getränke zu finden und so jeden Tag gesünder zu leben. Oder man probiert Intervallfasten aus und stellt fest, dass aus regelmäßigen Essenspausen eine gute Gewohnheit werden kann.
Eine Ernährungsberatung — gesetzliche Krankenkassen bezahlen dafür einen Zuschuss — kann beim Einstieg helfen. ,,Ich mache dabei Vorschläge, was gut funktionieren könnte, gebe aber nichts vor“, sagt Ernährungsberater Helmut Nußbaumer. Jeder müsse für sich selbst herausfinden, was er gut umsetzen kann. Ein paar Tipps, um dranzubleiben, gibt er aber allen Abnehmkandidaten mit auf den Weg:
Den Blutzucker in kleinen Schritten senken
Zum ersten Termin im Januar bringen die Patientinnen und Patienten des Hamburger Diabetologen Dr. Oliver Schubert-Olesen häufig besonders ehrgeizige Vorsätze mit. „Ich muss endlich was ändern“, heißt es dann. Viele wünschen sich eine bessere Fitness. Andere wollen ihre Blutzuckerwerte senken, um mit weniger Medikamenten auszukommen.
„Die Ziele sollten nicht zu ehrgeizig sein“, rät der Arzt. „Wenn ich seit Jahren einen Blutzucker-Langzeitwert von über neun habe, wird daraus nicht von heute auf morgen eine Sieben vor dem Komma.“ Er empfiehlt, gemeinsam mit dem Arzt festzulegen, welche Pläne man bis zum nächsten Praxistermin ganz konkret angehen möchte. Das können zum Beispiel als Einstieg zu mehr Bewegung 3000 Schritte pro Tag sein, die mit Schrittzähler oder einer App dokumentiert werden. Oder zwei Walking-Termine pro Woche, für die feste Zeiten im Kalender reserviert sind. Oder ein gewissenhaft geführtes Blutzucker-Tagebuch, der Besuch einer Diabetesschulung, täglich zehn Minuten Entspannungsübungen…
„Indem ich Vorsätze mit jemandem teile, erzeuge ich für mich selbst sanften Druck und bleibe eher dran“, sagt Schubert-Olesen. Als Arzt könne er sich dann einen Vermerk machen und beim nächsten Termin seine Patientin oder seinen Patienten gezielt darauf ansprechen. Hat das Vorhaben funktioniert, freuen sich alle Beteiligten. Und die nächsten Schritte für eine gute Diabetesbehandlung fallen leichter. Oft sind es am Ende viele Kleinigkeiten, die den Lebensstil verbessern, fitter und leistungsfähiger machen.
Was aber tun, wenn’s mal nicht gut läuft? „Dann warten Sie bitte nicht bis zum nächsten Termin, sondern melden Sie sich“, ermuntert Diabetologe Schubert-Olesen. Manche Probleme ließen sich auch telefonisch gut klären. Wäre ja schade, wenn die Motivation auf halber Strecke verloren geht. Denn der nächste Jahreswechsel kommt bestimmt. Und es wäre doch eine Freude, dann die guten Vorsätze der anderen zu kommentieren, anstatt die eigenen zum x-ten Mal wiederzubeleben.
Quellen:
- Statista: Umfrage: Welche Vorsätze haben Sie für das kommende Jahr? . https://de.statista.com/... (Abgerufen am 24.11.2022)
- Forsa-Umfrage für Ad Alliance: Welcome 2022: Die guten Vorsätze fürs neue Jahr. https://www.ad-alliance.de/... (Abgerufen am 24.11.2022)
- Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege: Gute Vorsätze fürs neue Jahr: So klappt's mit dem Umsetzen in Beruf und Freizeit. https://www.presseportal.de/... (Abgerufen am 24.11.2022)
- Statista: Wie lang die guten Vorsätze halten. https://de.statista.com/... (Abgerufen am 24.11.2022)