Freunde nach einem Jobverlust begleiten
Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie kann es passieren, dass man eine betriebsbedingte Kündigung erhält oder sich die Suche nach einer neuen Stelle länger hinzieht als erwartet. Das ist oft zermürbend. Umso wichtiger ist es, einander in dieser Situation beizustehen. Was Freunden jetzt helfen kann:
Den Betroffenen daran erinnern, dass der Job nicht alles ist
Kündigungen haben oft nichts mit der eigenen Persönlichkeit zu tun, sondern sind schlicht betriebsbedingt. Häufig definieren wir uns aber stark über unseren Job und unsere Leistung. Wer seine Arbeit verliert, den trifft das oft besonders hart, weil die Person gleichsam einen Teil ihrer Identität verliert, erklärt der Psychologe und Coach Swen Heidenreich. Dann setzt Scham ein, weil wir das Gefühl haben, nichts zu leisten oder versagt zu haben.
Betroffene müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, wer sie ohne ihre Arbeit, ihren Titel und die Position im Unternehmen sind. Freunde sind in der Zeit ganz besonders wichtig, weil sie uns auch in anderen Lebensbereichen kennen.
Wenn ein Freund also seinen Job verliert, sollte man ihn erinnern, dass er jede Menge Dinge tut und kann, die ihn weiterhin auszeichnen und zu einem wertvollen Menschen machen. Unsere Fähigkeiten und Talente besitzen wir schließlich unabhängig von dem Unternehmen, in dem wir gearbeitet haben. Manchmal braucht es aber Freunde, die uns daran erinnern.
Dem Freund aufmerksam zuhören
Es mag klingen wie ein dummer Kalender-Spruch, aber: Das Wertvollste, was wir geben können, ist Zeit. "Biete Deinem Freund an, gemeinsam Dinge zu unternehmen und höre ihm zu, wenn er dabei auch über seine berufliche Situation sprechen möchte", empfiehlt Heidenreich.
"Es gibt da meistens zwei verschiedene Typen. Die einen möchten, dass die Freunde erstmal einfach nur da sind und zuhören, andere freuen sich über konkrete Tipps und Lösungsvorschläge. Das kommt auch darauf an, wo derjenige gerade in seinem Verarbeitungsprozess steht", so der Diplom-Psychologe.
Er rät, sich in dieser Situation etwas zurückzunehmen und viele Fragen zu stellen. "Es geht darum, die Bedürfnisse des Anderen zu verstehen und dann herauszufinden, was er jetzt wirklich braucht."
Raus aus der Negativität
Ein Alltag, der sich plötzlich struktur- und inhaltslos anfühlt, kann deprimierend sein. Der berühmte Tipp, sich unbedingt einen festen Tagesablauf zu geben, suggeriert wieder eine Form von Stabilität und Leistung: Denn nun besteht mein Job darin, wieder einen Job zu finden, erläutert Heidenreich.
"Allerdings sollte man sich trotzdem erstmal eine Phase des Verdauens und Reflektierens gönnen, um sich darüber klar zu werden, wo man steht und was man will, was die eigenen Werte und Bedürfnisse im Leben sind", empfiehlt der Psychologe. "Dafür kann man sich ein paar Wochen Zeit nehmen und sich auch ein festes Enddatum setzen." Mit der dadurch gewonnen Klarheit ließe sich die Krise dann auch als Chance für eine berufliche Veränderung, Weiterbildung oder sogar Selbstständigkeit nutzen.
Heidenreichs Tipp in der Zwischenzeit: Sport machen! Das holt einen aus dem Gedankenkarussell raus und schüttet Glückshormone aus. Am besten bietet man Freunden also an, etwa gemeinsam joggen zu gehen.
Nach einem Verlust, auch dem Verlust der Arbeit, ist es übrigens normal, eine Weile zu trauern und sich ein wenig zu bemitleiden. Dennoch ist es wichtig, hier die Grenzen zu kennen.
Mit der Helfer-Tätigkeit nicht übertreiben
"Mitfühlen ist gut, aber mitleiden nicht, weil man dann selbst schnell in ein schwarzes Loch guckt. Man darf es mit der eigenen Helfer-Verantwortung auch nicht übertreiben", meint Heidenreich. Wenn ein Freund sich gerade so gar nicht aus dem Selbstmitleid rausholen lässt, ist es manchmal gut, ihn eine Weile in Ruhe zu lassen.
In sehr schweren Fällen kann man seinen Freund ermutigen, seinem Vermittler von der Agentur für Arbeit davon zu erzählen, rät Knut Böhrnsen, Sprecher der Agentur für Arbeit Hamburg. "Unsere Arbeitsvermittler sind gut vernetzt." Sie könnten durchaus helfen, den Kontakt zu Beratungsstellen herzustellen, wenn beispielsweise Depressionen, Drogensucht oder auch Schulden einer Jobsuche entgegenstünden.