Baby und Familie

Die Zahlen in der amtlichen Statistik zum Verletzungsgeschehen des Statistischen Bundesamts wirken erschreckend: Von 89.000 Kindern unter fünf Jahren, die 2017 nach einem Unfall in der Klinik behandelt wurden, waren 60.000 am Kopf verletzt. Kinderchirurgin Dr. Stefanie Märzheuser erklärt, was dahintersteckt.

Frau Märzheuser, die Zahl der Kopfverletzungen bei Kindern unter fünf Jahren erscheint sehr hoch.  Sind Eltern nachlässig geworden?

Nein, eher das Gegenteil ist der Fall. Eltern können die Verletzungen oft nicht mehr richtig einschätzen. Sie sind unsicher und lassen jede Beule lieber von einem Arzt im Krankenhaus abklären.

Warum sind Eltern denn so vorsichtig geworden?

Statt in einer Großfamilie ist die heutige Elterngeneration in Ein- oder Zwei-Kind-Familien aufgewachsen. Als junge Erwachsene hatten sie selten Berührungspunkte mit Babys und Kleinkindern. Wie man sich verhält, wenn sich ein Kind am Kopf stößt oder mit dem Kopf aufschlägt, haben die meisten nicht gelernt.

Dr. Stefanie Märzheuser, Kinderchirurgin und Präsidentin der Bundes-arbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder e.V.“

Dr. Stefanie Märzheuser, Kinderchirurgin und Präsidentin der Bundes-arbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder e.V.“

Und wie sollen sich Eltern verhalten?

Erst einmal sollten sie sachlich den Unfallhergang bewerten. Mit welcher Geschwindigkeit, aus welcher Höhe und mit welcher Wucht ist das Kind gefallen, gestürzt oder aufgeschlagen? Ruhig bleiben und das Kind beobachten sind der zweite Schritt. Verhält es sich normal, spielt, zeigt keine Verhaltensauffälligkeiten, kann man sich den Weg ins Krankenhaus meist sparen.

Aber könnte nicht jeder Sturz auch eine Gehirnerschütterung oder gar eine Hirnblutung bedeuten?

Das hängt von der Wucht des Sturzes ab. Derartige Verletzungen verursachen Symptome wie Verhaltensauffälligkeit, Bewusstlosigkeit oder Erbrechen.

Das Baby ist von der Wickelkommode gestürzt. Wie sollen Eltern dann handeln?

Babys fallen meistens auf den Kopf, da er groß und schwer ist. Der Schädelknochen hat weiche Stellen, die Fontanellen. Deshalb sollten Babys nach einem Sturz auf den Kopf immer zum Arzt.

Kann man vorbeugen?

Ja, indem Eltern eine sichere Umgebung für ihre Kinder schaffen. Außerdem sollten sie ihrem Kind Erfahrungen ermöglichen, auch – begleitet – mit Gefahren. So lernen Kinder, sich richtig zu verhalten und es passieren weniger Unfälle.

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