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Ab wann brauchen Kinder Schuhe?

Erste Schritte, erste Schuhe? „Eigentlich brauchen Kinder gar keine Schuhe“, lautet die etwas provokante Antwort von Dr. Wieland Kinz vom Forschungsteam „Kinderfüße-Kinderschuhe“. „Je öfter Kinder barfuß laufen, desto besser“, betont der Vorarlberger Sportwissenschaftler. Das stärke die Muskeln. Wenn es warm genug ist, Wetter und Untergrund es erlauben: Schuhe aus! Spezielle Lauflernschuhe brauchen Kinder nicht.

Wie oft sollte man für Kinder neue Schuhe kaufen?

Es geht rasant voran: Im Alter von ein bis drei Jahren können Kinderfüße durchschnittlich 1,5 Millimeter pro Monat wachsen. Die Empfehlung lautet daher, alle zwei bis drei Monate zu prüfen, ob der Schuh noch passt. „Der Schuh sollte dabei innen mindestens noch 12 Millimeter länger sein als der Fuß“, so Kinz. Zu kurze Schuhe können auch schon bei kleinen Füßen zu gesundheitlichen Problemen führen. „Kinderfüße reagieren sensibel auf äußeren Druck. Lenkt man das Wachstum in die falsche Richtung, weil der Schuh irgendwo quetscht oder drückt, kann das langfristig zu Deformitäten der Zehen führen“, erklärt Dr. Marcus Hausdorf, Orthopäde aus Schneverdingen.

Wie prüfe ich, ob ein Schuh dem Kind passt?

Mit dem Schieber im Schuhladen? Das Problem: „Schuhgrößen sind bei rund 90 Prozent der Kinderschuhe falsch“, sagt Wieland Kinz und bezieht sich dabei auf eine Studie, in der er und sein Team mehr als 1800 Kinderschuhe ausgemessen haben. Also: Schuh anprobieren und ausmessen. Und zwar – wichtig – die Innenlänge. Hierzu gibt es spezielle Messgeräte, aber es gelingt auch mit einer selbst gebastelten Schablone. Dazu das Kind auf einen festen Pappkarton stellen und den äußersten Punkt an der Innenferse und an der längsten Zehe markieren. Die Füße sind unterschiedlich? Dann am längeren orientieren. Zum Abschluss etwa 1,5 Zentimeter Spielraum dazugeben, ausschneiden – fertig! Die Schablone beim Schuhkauf in den Schuh stecken und schauen, ob sie passt.

Auch ok: Die klassische Daumenprobe. Mit dem Daumen leicht auf den Schuh drücken und prüfen, ob zwischen längster Zehe und Schuhspitze noch Platz ist. Um sicherzugehen, dass das Kind die Zehen nicht einzieht, mit der anderen Hand leicht dagegenhalten. „Diese Methode funktioniert aber nur, wenn der Schuh weich genug ist und sich eindrücken lässt“, betont Kinz.

Kann man Kinderschuhe auch gebraucht kaufen?

Dass Kinder keine Secondhand-Schuhe tragen dürften, ist laut Kinz ein Mythos: „Schon aus Gründen der Nachhaltigkeit und um Kosten zu sparen, empfehlen wir, gebrauchte Kinderschuhe zu kaufen“, sagt der Sportwissenschaftler. Aber natürlich dürfen sie nicht abgelaufen sein. „Am besten stellt man die Schuhe auf den Tisch und schaut, ob sie gerade stehen. Wenn sie sich zu einer Seite neigen, sind sie nicht mehr geeignet“, rät Kinz.

Worauf sollte man beim Schuhkauf noch achten?

Was Schuhe für kleine Kinder nicht brauchen: eine Innensohle mit vorgeformtem Fußgewölbe. „Kinder haben am Anfang platte Füße. Das ist ganz normal. Erst mit etwa sechs Jahren richtet sich das Fußgewölbe auf. Bis dahin ist man mit einer glatten Innensohle bestens bedient“, sagt Dr. Anja Helmers, Leiterin der Kinder- und Jugendorthopädie am Evangelischen Waldkrankenhaus in Berlin-Spandau. Die Innensohle sollte außerdem weich und – genau wie die Außensohle – biegsam sein „So kann der Fuß sich entfalten und die normalen Abrollbewegungen durchführen. Das müssen kleine Kinder ja auch erst lernen“, erklärt Marcus Hausdorf.

Außerdem sollte der Schuh aus einem atmungsaktiven Material wie Leder, Canvas oder Mesh bestehen. „Wichtig ist, dass das Material der Kinderschuhe, egal ob künstlich oder natürlich, möglichst schadstofffrei ist“, betont der Orthopäde. Das kann man an Siegeln wie dem Blauen Engel, dem IVN-Leder-Siegel, dem EU Ecolabel oder Ökotex made in green erkennen.


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