Das sollten Sie wissen

  • Psychologische Onlineprogramme leisten Hilfe zur Selbsthilfe bei psychischen Problemen.
  • Digitale Therapien sind teilweise genauso wirksam wie herkömmliche Psychotherapie.
  • Apps und Onlinetrainigs können eine laufende Therapie unterstützen oder helfen, die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken.

Psychische Probleme und Störungen sind weit verbreitet. Um die zehn Millionen Menschen haben in Deutschland mit Angststörungen und Depressionen zu kämpfen. Jeder zweite erkrankt mindestens einmal im Leben an einer depressiven Episode. Doch Psychotherapieplätze sind rar. In Deutschland müssen Betroffene im Schnitt bis zu sechs Monate auf einen Behandlungsplatz warten. Gerade in Corona-Zeiten ist die psychologische Belastung enorm gestiegen. Auch deswegen boomen digitale Angebot in diesem Bereich.

Psychologische Onlinetrainings können helfen, Versorgungslücken zu schließen. Sie sind geeignet, eine laufende Therapie zu unterstützen, die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken oder Menschen nach einem Klinikaufenthalt zu Hause zu begleiten. Das Start-up Mentalis, das sich auf digitale Nachsorge für Menschen mit psychischen Erkrankungen spezialisiert hat, wurde Mitte März 2021 mit dem Gesundheitspreis 2021 des Pharmakonzerns Novartis ausgezeichnet.

Software als Therapeut:in

Computer, Laptop, Smartphone oder Tablet und eine Internetverbindung: Mehr braucht man nicht um online an einem Selbsthilfeprogramm teilzunehmen. Therapeut:in ist eine Software. Je nach Programm bekommt man über Lernvideos Techniken aus der Verhaltenstherapie vermittelt. Über konkrete Übungen lernt man den Umgang mit negativen Gedanken. Psychologische Apps und Onlineangebote gibt es in zwei Varianten: Bei den einen absolviert man in kompletter Eigenregie ein mehrwöchiges Programm. Bei den anderen wird das Training durch schriftliche Kurzkontakte per Chat, Mail oder per Telefon von einem Therapeuten oder einer Therapeutin begleitet.

Niedrigschwellige Hilfe

Wer unter einer psychischen Störung leidet, für den kostet der Griff zum Telefon oft Überwindung. Zudem sind psychische Probleme immer noch vielfach mit Scham behaftet. Onlineprogramme und Apps sind ein niedrigschwelliges Hilfsangebot. Man muss keinem anderen Menschen mit seinen Problemen gegenübertreten. Allerdings braucht es auch ein gewisses Maß an Selbstdisziplin. Schließlich können Onlineprogramme nur helfen, wenn man die Lektionen und Übungen auch absolviert.

Für leichte bis moderate Störungen geeignet

Ganz allgemein gilt: "Eine digitale Therapie bietet sich vor allem dann an, wenn die Störungen nur mild bis moderat ausgeprägt und noch nicht chronisch sind", sagt Christiane Eichenberg, Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin von der Sigmund Freud Privatuniversität Wien. Schließlich dauere eine reine Onlinetherapie oft nur vier bis zwölf Wochen. "Es macht umgekehrt keinen Sinn, schwere psychische Störungen wie eine komplexe Traumatisierung ausschließlich online behandeln zu wollen." Einer der Gründe: Menschen mit sehr schweren psychischen Störungen verfügen vielfach nicht über die nötige Selbstkontrolle, um ein Onlineprogramm zuverlässig zu absolvieren.

Psychologische Onlineprogramme sind wirksam

"Sowohl zu den von einem Therapeuten begleiteten als auch zu den unbegleiteten Programmen gibt es mehrere 100 Wirksamkeitsstudien", sagt Christiane Eichenberg. "Beide Formen sind wirksam, wobei die von einem Therapeuten begleiteten wirksamer sind." Das liege daran, dass hier die Abbruchquote niedriger ist, weil die Therapietreue höher ist. "Die Begleitung durch einen Therapeuten motiviert stärker, die üblichen zehn oder zwölf Wochen am Ball zu bleiben."

Hier finden Sie Hilfe

Von Therapeut:innen begleitete Programme:

HelloBetter

Für wen: Menschen mit Depressionen, aber auch bei Stress, Schlafstörungen, Angst und Panik oder chronischen Schmerzen;  ab dem 18. Lebensjahr

Inhalt: Sie gehen rund einmal in der Woche eine Lektion durch, bei der Sie über ihre Situation nachdenken und therapeutische Techniken etwa über Lernvideos vermittelt bekommen. Über Übungen lernen Sie beispielsweise ihrem Alltag wieder eine Struktur zu geben. Von einem Psychologen oder einer Psychologin bekommen Sie dabei Rückmeldung. 

Preis: Die Kosten hängen von dem jeweiligen HelloBetter-Onlinetraining ab. Das Programm HelloBetter Depression kostet 799 Euro. Je nach Programm werden die Kosten von einigen Krankenkassen erstattet.

Link zum Onlinetraining: hellobetter.de

Selfapy

Für wen: Menschen mit leichter bis mittelschwerer Depression, Angst- und Panikstörungen, Essstörungen oder bei Stress, ab dem 18. Lebensjahr 

Inhalt: In zwölfwöchigen Kursen bekommen Sie durch Texte, Videos und Übungen Strategien der Kognitiven Verhaltenstherapie vermittelt. Das Ziel: Negative Gedankenmuster positiv zu verändern. Ein Psychologe oder eine Psychologin begleitet Ihren Fortschritt.

Preis: Im Rahmen der Zulassung als digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) kann das Onlinetraining "Depression" auf Rezept verschrieben werden und ist damit erstattungsfähig. Für andere Kurse gilt: Die Kosten belaufen sich auf 190,90 Euro pro Monat, wobei einige Krankenkassen die Kosten übernehmen

Link zum Onlinetraining: selfapy.com

Deprexis

Für wen: Menschen mit leichten bis mittelschweren Depressionen ab dem 18. Lebensjahr; Hinweis: Um das Programm nutzen zu können, benötigen Sie eine ärztliche oder psychotherapeutische Bestätigung.

Inhalt: Die Onlinetherapie basiert auf den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie. Sie umfasst 10 Themenbereiche, darunter kognitive Aspekte. Es geht unter anderem darum, Verhalten bewusst zu machen und umzulernen. Sie werden durch E-Mail- und/oder SMS-Kontakte bei der digitalen Therapie begleitet.  

Preis: Ist als digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) zugelassen, die Kosten für das Programm werden von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Bei privaten Krankenversicherungen muss dies individuell abgeklärt werden. Für Selbstzahler kostet Deprexis 297,50 Euro für eine maximale Anwendungsdauer von 90 Tagen.

Link zum Onlinetraining: deprexis.com/

Novego

Für wen: Menschen, die unter depressiven Symptomen, bestimmten Angstsymptomen, Burnout oder Stress leiden, ab dem 18. Lebensjahr

Inhalt: Mithilfe von Texten, interaktiven Übungen, Grafiken, Videos oder Musikstückenlernen Sie Methoden der Verhaltenstherapie und des Achtsamkeitstrainings. Sie können jede Woche eine Nachricht mit Fragen zu den Wochenübungen und Ihrer persönlichen Situation an einen der Psychologen oder eine der Psychologinnen schreiben.

Preis: Das vierwöchige Programm "Raus aus dem Burnout" kostet 119 Euro, das sechswöchige Programm "Ängste überwinden" 159 Euro, das achtwöchige Programm "RELAX – Stressprävention" 119 Euro und das 12-wöchige Programm "Depressionen bewältigen" kostet 249 Euro. Einige Krankenkassen und -versicherungen übernehmen die Kosten für das Programm.

Technische Voraussetzungen: Bitte achten Sie darauf, dass in Ihrem Browser JavaScript und Cookies aktiviert sind. Zur Ansicht und zum Download von Übungsblättern ist der Adobe Reader erforderlich

Link zum Onlinetraining: novego.de/

Unbegleitete Programme:

Moodgym

Für wen: Erwachsene jeden Alters mit depressiven Symptomen, die vorbeugend oder auch behandlungsbegleitend an sich arbeiten möchten.

Inhalt: In fünf verschiedenen Bausteinen lernen Sie, durch Übungen und Selbsttests negative Gedankenmuster zu erkennen und durch neue zu ersetzen. Die Bausteine können Sie in Ihrer eigenen Geschwindigkeit bearbeiten – und so lange Sie möchten. Das Onlinetraining beruht auf Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie. 

Preis: kostenlos

Link zum Onlinetraining: moodgym.de/