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Wir haben Sie in unserem Newsletter „Der kleine Diabetes-Ratgeber“ nach Ihren Wünschen für ein perfektes Blutzuckermessgerät gefragt. Vielen Dank für die zahlreichen E-Mails! Lesen Sie hier, was das ultimative Blutzuckermessgerät drauf haben sollte – und ob die Wünsche in Zukunft Realität werden könnten.

Eine Smartwatch mit Blutzuckermessung

Eine Smartwatch misst den Blutzucker. Ganz ohne Piksen, durch die Haut. Das wär‘s, oder? „Leider noch relativ realitätsfern“, sagt Dr. Stefan Pleus vom Institut für Diabetes-Technologie an der Universität Ulm. Dabei gab es schon vor über 20 Jahren Hoffnungen auf Blutzuckeruhren — die allesamt platzten. Kontaktlinsen zur Glukosemessung wurden ebenfalls beworben, sie kamen aber nie auf den Markt.

Smartwatches zur Blutzuckerkontrolle gibt es im Internet bereits zu kaufen. „Finger weg!“, warnt Pleus. Mit seinem Team hat er zwei Modelle überprüft, an Menschen und Bananen — mit alarmierendem Ergebnis: „Die Uhren scheinen einen Glukoseverlauf hinterlegt zu haben, der angezeigt wird, egal ob eine Banane die Smartwatch trägt oder ein Mensch.“ Die Studie ist in der Fachzeitschrift Diabetes, Stoffwechsel und Herz erschienen.

Auch die Food and Drug Administration (FDA) in den USA, zuständig für Medikamentenzulassungen, rät dringend von Smartwatches ab, die angeblich den Blutzucker messen.

Geforscht wird aber an Technologien, die durch die Haut messen. Das Problem: Noch sei die Messgenauigkeit zu schlecht, sagt Pleus. „Außerdem wird es noch dauern, bis es etwas in Smartwatch-Größe gibt“. In Taschenbuchgröße ist es aktuellen Studien zufolge schon möglich. Es gibt die Raman-Spektroskopie, eine Lasertechnologie. Lichtpulse scannen die Gewebeflüssigkeit unter der Haut und untersuchen sie auf Glukosemoleküle. Bei der Bioelektrischen Impedanz soll ein Stromfluss auf der Haut die Glukose messen. Auch eine Messung anhand des Schweißes zwischen Sensor und Haut wird erforscht.

Längere Sensor-Tragedauer

Ein Sensor, der deutlich länger als 14 Tage am Arm bleibt? „Gibt es in absehbarer Zeit eher nicht“, sagt Pleus. Ein Gerät, das bis zu 28 Tage schafft ist aber in Entwiclung. Noch länger hält der Experte für schwierig, weil die Messgenauigkeit mit der Zeit nachlasse. Ein Sensorfaden unter der Haut, der ein Enzym enthält, reagiert auf Glukose, ähnlich wie herkömmliche Teststreifen. „Von diesem Enzym muss ausreichend lange etwas auf dem Sensorfaden sein, damit die Messung über einen längeren Zeitraum zuverlässig funktioniert“, sagt Pleus. Und der Faden darf vom Körper nicht als Fremdkörper wahrgenommen und eingekapselt werden — ohne Kontakt zur Gewebeflüssigkeit kann der Gewebezuckerwert nicht mehr ermittelt werden.

Fast sechs Monate unter der Haut: Das verspricht das einzige in Deutschland zugelassene Langzeit-CGM-System. Dabei wird in einem kleinen Eingriff ein Sensor unter die Haut implantiert. Auch hier sei eine längere Tragedauer in Arbeit, so Pleus. Wann die neue Variante auf den Markt kommt: ungewiss.

Noch kleinerer Sensor

Flacher als zwei übereinandergestapelte 5-Cent-Münzen ist nach Herstellerangaben der derzeit kleinste Sensor auf dem Markt. Noch kleiner? „Wird schwierig“, sagt Experte Pleus, „ein bisschen Elektronik muss einfach verbaut werden.“

Ein Gerät, das mitdenkt

Viele wünschen sich ein Gerät, das einem die Planerei abnimmt. Das die nächste Mahlzeit vorschlägt, zum Sport motiviert und der Pumpe automatisch die richtigen Insulindosen mitteilt. „Diesen Alleskönner wird es absehbar nicht geben“, sagt Pleus. Denn dazu müsste das Gerät Gedanken lesen und alles überwachen, was der Mensch macht.

Was es schon gibt: lernfähige Apps, teilweise auf Rezept (DiGA). „Auch sie müssen aber mit Informationen versorgt werden“, so Pleus, ebenso wie Systeme zur automatisierten Insulindosierung (AID-Systeme).

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Werte im Rückblick

Glukosewerte, Trends und Warnungen aufzeichnen und rückwirkend verfolgen: Das ist mit den meisten CGM-Systemen zumindest für die vergangenen drei Monate möglich. Wer weiter zurückgehen möchte, ist auf sogenannte Cloud-Lösungen angewiesen, weil die Speicherkapazitäten der Apps und Geräte begrenzt sind. Manche Hersteller ermöglichen auch schon eine Datenübermittlung an die behandelnde Arztpraxis. Es gibt auch eingebaute Tagebücher, in die man Ereignisse eintragen kann, die sich auf die Blutzuckerwerte ausgewirkt haben, wie Stress, Krankheit, Sport oder außergewöhnliche Lebensmittel.

Ein Sensor, der den HbA1c misst

Ein Sensor, der auch den Langzeitzuckerwert (HbA1c) misst? Derzeit nicht möglich, so Pleus. Grund: Das Messverfahren zur HbA1c-Bestimmung funktioniert anders als das für die akute Gkukosekonzentration im Gewebeblut. Was allerdings viele CGM-Systeme schon liefern: den „Glucose Management Indicator“ (GMI). Dieser gibt an, wie die Glukoseeinstellung in den vergangenen Monaten war. Daraus wird ein Wert ermittelt, der als ähnlich aussagekräftig betrachtet wird wie der HbA1c-Wert.

Alles im grünen Bereich: Ein Sensor unter der Haut kann Diabtespatienten helfen, regelmäßig die Blutzuckerwerte zu kontrollieren.

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Günstigere Streifen, bessere Akkus

An das klassische Blutzuckermessgerät, das per Teststreifen aus einer Blutprobe (meist aus der Fingerkuppe) den Blutzuckerspiegel misst, gab es auch Wünsche: bessere Messgenauigkeit, die Aufzeichnung von Werten und Übertragung an die Arztpraxis, günstigere Streifen, längere Akkulaufzeiten, bequemeres Aufladen. „Je nach Hersteller ist schon viel möglich“, sagt Pleus. Es gebe Messgeräte, die eine Trendkurve anzeigen. Modelle, die Ergebnisse speichern. Und aufladbare Akkus. Er rät, mit dem behandelnden Diabetesteam das individuell passende Messgerät auszusuchen und zu klären, ob das Wunschgerät von der Krankenkasse übernommen wird.


Quellen:

  • Manuel Eichenlaub, PhD, Miró, S. Pleus, D. Waldenmaier, T. Wiesner, S. Schlüter, G. Freckmann: Vorsicht bei der Benutzung von Smartwatches mit angeblicher Glukosemessfunktion. Diabetes, Stoffwechsel und Herz, diabetologie online: https://www.diabetologie-online.de/... (Abgerufen am 08.07.2024)
  • FDA U.S. Food & Drug Administration: Do Not Use Smartwatches or Smart Rings to Measure Blood Glucose Levels: FDA Safety Communication. online: https://www.fda.gov/... (Abgerufen am 08.07.2024)