Nicht aussagekräftig: Der Finger-Test zur Krebserkennung
Die Idee, mit einem simplen Fingertest Anzeichen für Lungenkrebs zu erkennen, ist zu schön, um wahr zu sein. „Der Test ist unspezifisch und reicht für eine Früherkennung von Lungenkrebs nicht aus“, erklärt Prof. Dr. Wolfram Windisch. Der Chefarzt der Lungenklinik in Köln-Mehrheim und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin rät zur Vorsicht.
Was ist der Schamroth-Fenster-Test?
Bei den meisten gesunden Menschen, das erkannte der südafrikanische Kardiologe und Namensgeber Dr. Leo Schamroth, bildet sich beim Aneinanderhalten des oberen Teils der Zeigefinger eine Art rautenförmige Lücke. Ist der obere Teil der Finger verdickt, verändert sich diese Lücke oder verschwindet vollkommen.
Um den Test durchzuführen, werden also die Rückseiten des obersten Teils der Zeigefinger oder Daumen gegeneinandergehalten, sodass sich die Nägel berühren. Man beobachtet dann den Zwischenraum zwischen Nagelbett und Fingernägeln beim Zusammenhalten.
Wichtig: Hier wird nur der periphere, obere Teil der Finger in den Fokus genommen. Nicht der gesamte Finger oder die gesamte Hand. Andere Veränderungen oder auch Schwellungen in diesen Bereichen sollten auch ärztlich abgeklärt werden, werden aber hier nicht miteinbezogen.
Selbst bei positivem Ergebnis keine genaue Diagnose
„Nach dem Schamroth-Fenster zu schauen, sagt weder aus, dass Lungenkrebs vorliegt noch, dass er nicht vorliegt“, so Windisch. Ein nicht vorhandenes Fenster gibt in erster Linie Hinweis darauf, ob sogenannte „Trommelschlegelfinger“ und „Uhrglasnägel“ vorliegen. Diese treten aber bei sehr unterschiedlichen Lungen-, aber auch Herzerkrankungen und anderen medizinischen Ursachen auf.
Charakteristisch für „Trommelschlegelfinger“ ist eine Austreibung des Gewebes im oberen Teil der Finger, welche wortwörtlich Schlagzeugstöcken ähnlich sieht. Während bei gesunden Fingern Nagel und Nagelbett etwa in einem Winkel von 160 Grad zueinanderstehen, verschiebt sich dieser Winkel auf bis zu 180 Grad. Gemeinsam mit der Verdickung der Fingerkuppen treten häufig „Uhrglasnägel“ auf, wobei sich die Nägel in Längsrichtung übermäßig verkrümmen.
Beide Symptome deuten mitunter auf einen länger bestehenden Sauerstoffmangel im Gewebe hin. Trommelschlegelfinger oder Uhrglasnägel sind daher ernst zu nehmende Symptome und sollten dringend ärztlich abgeklärt werden. Da diese jedoch Ausdruck vieler Erkrankungen sein können, deuten sie nicht unmittelbar auf Lungenkrebs hin.
Keine Entwarnung bei negativem Test
Hinzu kommt: Fällt der Test negativ aus, schließt das weder Lungenkrebs noch andere schwere Erkrankungen aus. „Der Sauerstoffmangel kennzeichnet eher späte Stadien des Lungenkrebses. Warnsymptome, die schon früh auftreten können, sind Husten, Blutauswurf, Gewichtsverlust, Nachtschweiß oder auch Leistungseinschränkungen. Dann auch Luftnot, Schmerzen oder Symptome im Zusammenhang mit Metastasen“, sagt Windisch.
Daher sei der Test gerade zur Früherkennung von Lungenkrebs völlig unzureichend. Der Chefarzt betont: „Rauchen ist immer noch die Hauptursache für Lungenkrebs. Auch ein Umstieg auf E-Zigaretten stellt keine Alternative dar. Mit dem Rauchen aufzuhören oder gar nicht erst anzufangen, ist eine der besten Präventionen.“