Logo der Apotheken Umschau

Professor Peter Elsner, Direktor der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Jena, ist Sprecher der DDG. Er äußert sich zu den Hintergründen der Empfehlung:

Herr Professor Elsner, häufig Hände waschen lautet eine der Empfehlungen zum Schutz vor Corona. Sie wünschen sich eine Ergänzung dieser Regel.

Ja. Beim Corona-Erreger handelt es sich um ein über die Atemwege übertragenes Virus, so dass Maßnahmen wie Kontaktvermeidung, Abstand halten, Mund-Nasen-Schutz und Nieshygiene entscheidend sind. Aber das Virus kann auch über die Hände an die Schleimhäute gelangen. Daher ist es absolut richtig, den Erreger auch auf der Haut der Hände zu bekämpfen. Die Frage ist nur: Wie macht man das am schonendsten? Wäscht man sich die Hände oder desinfiziert man sie? Und da ist die Antwort, die wir aus vielen Studien haben, ganz klar: Desinfektion belastet die Haut weniger als Waschen.

Die Pandemie währt schon mehr als ein Jahr. Warum kommt Ihre Stellungnahme jetzt?

Vor einem Jahr war die Situation noch ganz anders. Es gab einen großen Mangel an Desinfektionsmitteln, viele Apotheken haben die Mittel damals selbst hergestellt. Es war wichtig, dass zuallererst die Gesundheitsberufe versorgt waren. Aber jetzt sind wir ein Jahr weiter, wir haben genügend Desinfektionsmittel. Anlass für unsere Stellungnahme ist aber auch, dass die Hautarztpraxen uns von immer mehr Patienten mit Handekzemen berichten.

Was heißt das für die Praxis: Wenn ich nach dem Einkaufen nach Hause komme, sollte ich mir lieber die Hände desinfizieren als sie zu waschen?

Ja, genau. Wir haben zu Hause zwei Schulkinder, wir haben im Hausflur einen Spender mit Desinfektionsmittel, und jeder der reinkommt, desinfiziert sich erstmal die Hände. Das gilt aber nur, solange die Hände nicht sichtbar verschmutzt sind oder ich Fett an den Händen habe – das kriege ich mit einem Desinfektionsmittel nicht weg. Da brauche ich Wasser und Seife beziehungsweise Waschlösung.

Aber auch Desinfektionsmittel strapazieren die Haut.

Stimmt, auch Desinfektionsmittel reizen die Haut. Aber im Vergleich zum Waschen weniger. Das war früher vielleicht für den normalen Bürger nicht so wichtig, aber jetzt in der Pandemie, wo man sich intensiv die Hände wäscht, zeigen sich die Folgen. Doch egal, ob man die Hände wäscht oder desinfiziert, man sollte die Hände danach gut pflegen.

Wozu raten Sie?

Ein gutes Pflegeprodukt gleicht den Verlust an Feuchthaltefaktoren in der Haut aus. Da gibt es ein breites Spektrum an Produkten, zum Beispiel mit Harnstoff. Man sollte sich dazu in der Apotheke beraten lassen.

Was empfehlen Sie Familien mit Kindern?

Die Empfehlung gilt im Prinzip auch für Kinder. Natürlich sollte man Desinfektionsmittel zu Hause außerhalb der Reichweite von Kleinkindern aufbewahren. Ich will aber auch eines sagen: Wir wissen aus Untersuchungen, zum Beispiel von Gesundheitsämtern, dass die hygienischen Bedingungen in Schulen vielfach problematisch sind. Es gibt oft zu wenige Toiletten. Wenn sich jetzt alle Kinder immer die Hände waschen sollen, gibt es Riesenschlangen – und das erzeugt ja gerade die Ansteckungsgefahr. Es ist viel besser, wenn auf den Gängen Desinfektionsspender hängen und die Kinder lernen, sie quasi im Vorbeigehen zu nutzen. Das wird jetzt ja auch vielerorts so gemacht.

Wie erkenne ich ein gutes Händedesinfektionsmittel?

Das Mittel sollte virenwirksam sein, das erkennt man in der Regel an der Kennzeichnung "viruzid" auf dem Etikett. Am besten fragt man seinen Apotheker. Praktisch sind kleine Fläschchen, zum Beispiel mit 100 Milliliter. Es gibt aber auch größere Flaschen mit Spender für den Hausgebrauch.

Hinweis der Redaktion: Hinsichtlich der hauptsächlichen Verbreitung von Corona über Aerosole sind neben der Handhygiene andere Verhaltensregeln mindestens ebenso wichtig. Dazu gehören zum Beispiel Abstand halten, Maske tragen, Nies-Hygiene und wo immer möglich das Vermeiden von riskanten Kontakten, vor allem in Innenräumen.