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Den Augeninnendruck kürzen Mediziner mit IOD für intraokularer Druck ab. Er spielt eine wichtige Rolle in der Augenheilkunde. Bei Gesunden liegt er in der Regel zwischen 10 und 21 mmHg. Alter, Körperposition, Puls und Tageszeiten lassen die Werte schwanken.

Warum messen Ärzte den Augeninnendruck?

Ein erhöhter Augeninnendruck ist der wichtigste Risikofaktor für einen Grünen Star, von Ärzten Glaukom genannt. Bei dieser Erkrankung schädigt der hohe Druck den Sehnerv, wodurch der Betroffene erblinden kann. Viele Menschen haben bereits jahrelang erhöhte Druckwerte, bevor sie das Schwinden der Sehkraft bemerken. Deshalb soll die Messung des Augeninnendrucks mittels Tonometrie einen Grünen Star frühzeitig entdecken. Bei bereits bekanntem Glaukom dient sie außerdem der Therapiekontrolle. Ergänzend zur Tonometrie untersuchen die Augenärzte den Sehnerv per Fundoskopie und bestimmen das Gesichtsfeld mittels Perimetrie.

Welche Verfahren stehen zur Wahl?

Die Goldmann-Applanationstonometrie ist seit vielen Jahren etabliert. Der Arzt führt sie am sitzenden Patienten mit Hilfe einer sogenannten Spaltlampe durch. Vor der Untersuchung tropft er ein örtlich betäubendes Medikament sowie Fluoreszin-Tropfen ins Auge. Bei letzteren handelt es sich um einen Farbstoff, der bei blauem Licht leuchtet. Dieser Farbstoff hilft dem Arzt dabei, das Messinstrument einzustellen. Dann drückt der Arzt den etwa drei Millimeter breiten Drucksensor der Spaltlampe auf die Hornhaut des Auges. Die eigentlich nach außen gekrümmte Hornhaut flacht sich durch den Druck ab, wird also "applaniert". Je mehr Kraft das Eindrücken benötigt, desto höher ist der Druck im Inneren des Auges.

Ein ähnliches Prinzip verwendet das "MacKay-Marg-Tonometer": Es ist tragbar und damit praktikabler, misst aber weniger präzise. Lediglich bei Hornhautveränderungen scheint es überlegen.

Eine recht neue Entwicklung ist die Dynamische Konturtonometrie (DCT), auch "Pascal-Tonometer" genannt. Der Messvorgang ähnelt dem Goldmann-Verfahren. Jedoch drückt hier der Drucksensor die Hornhaut nicht ein, sondern bringt sie in einen entspannten Zustand. In diesem entspannten Zustand ist der Druck auf beiden Seiten der Hornhaut gleich. Das Messköpfchen auf der Außenseite der Hornhaut des Auges misst also denselben Druck, der auch im Innern des Auges herrscht. Unterschiedliche Beschaffenheiten der Hornhaut haben im Gegensatz zum Goldmann-Verfahren kaum Einfluss auf das Messergebnis. Die Dynamische Konturtonometrie scheint daher vor allem bei Patienten mit besonders dünner oder dicker Hornhaut überlegen. Zudem ermittelt sie nicht nur einen Druckwert, sondern bis zu hundert Werte pro Sekunde. Den mit dem Puls schwankenden Augeninnendruck kann dieses Verfahren in einer so genannten "Pulsdruckkurve" grafisch darstellen.

Non-Contact-Tonometrie

Non-Contact-Tonometrie

Ganz ohne Berührung der Hornhaut kommt die Non-Contact-Tonometrie aus. Daher kann der Arzt auch auf betäubende Augentropfen verzichten. Bei diesem Verfahren drückt ein kurzer Luftimpuls die Hornhaut ein. Ob die Hornhaut ausreichend abgeflacht ist, kontrolliert eine kleine Infrarotlampe am Messinstrument. Der Luftimpuls bricht dann sofort ab. Aus der dazu benötigten Zeit berechnet das Gerät den Augeninnendruck: Je höher dieser ist, umso länger braucht der Luftstoß, um die Hornhaut abzuflachen. Die Non-Contact-Tonometrie hat den Nachteil, bei relativ niedrigen und relativ hohen Augeninnendrücken unpräzise zu messen. Gleiches gilt, wenn die Hornhaut krankhaft verändert ist.

Das tragbare Rebound- oder Induktions-Tonometer kommt ohne lokale Betäubung aus. Deshalb ist diese Variante insbesondere bei der Untersuchung von bettlägerigen Patienten und Kindern beliebt. Leider ist sie aber auch anfällig für Fehlmessungen und große Streubreiten der Messwerte. Bei der Rebound-Tonometrie lässt das Instrument ein Messköpfchen gegen die Hornhaut prallen. Abhängig vom Augeninnendruck wird es unterschiedlich stark an der Hornhaut abgebremst und zurück geschleudert. Mit Hilfe spezieller Magnetspulen rechnet das Gerät diese Werte in den Augeninnendruck um.

Die Transpalpebrale Tonometrie misst durch das Augenlid hindurch. Sie benutzt zur Messung ein bleistiftgroßes Gerät mit einer frei verschiebbaren Stange als Sensor. Das Messgerät wird von oben auf das Augenlid aufgesetzt. Dann fällt die Stange auf das Auge. Je nach der elastischen Spannung des Auges federt sie zurück und misst somit die Druckverhältnisse.

Neben diesen existieren noch weitere Messverfahren und Messinstrumente. Viele befinden sich im Erprobungsstadium oder haben sich bisher nicht durchsetzen können. Fortschritte erhoffen sich Ärzte und Patienten von "Drucksensitiven Kontaktlinsen": Diese Kontaktlinsen könnten den Augeninnendruck und seine Schwankungen möglicherweise über viele Stunden messen.

Wie hoch sind die Risiken?

Alle Tonometrieverfahren gelten als risikoarme Untersuchungen. Berührt das Messinstrument die Hornhaut, sind Keimübertragungen von Patient zu Patient denkbar. Eine korrekt durchgeführte Desinfektion sollte dies allerdings verhindern. Bei Instrumenten mit Luftstoß und solchen mit auswechselbarem Kontaktkörper ist die Gefahr geringer. Verletzungen der Hornhaut bleiben bei fachgerechter Durchführung die Ausnahme.

Wann zahlt die Krankenkasse?

Die Gesetzlichen Krankenkassen zahlen unter bestimmten Bedingungen die Untersuchung des Augeninnendrucks: Diese Bedingungen sind erfüllt, wenn ein begründeter Verdacht oder ein erhöhtes Risiko für Grünen Star vorliegt. Gleiches gilt für Kontrolluntersuchungen bei bekanntem Grünem Star und bei medizinischen Eingriffen, bei denen ein Grüner Star im Vorfeld ausgeschlossen werden muss.

Als reine Früherkennungsmaßnahme, also zum sogenannten Screening der Bevölkerung, zählt die Messung des Augeninnendrucks zu den "Individuellen Gesundheitsleistungen" (IGeL).  Diese muss der Patient selbst bezahlen. Die Kosten liegen in der Regel zwischen 10 und 22 Euro. Zur Glaukomfrüherkennung als IGeL wird allerdings auch immer der Sehnerv  untersucht. Nur in dieser Kombination besteht eine Chance, einen Grünen  Star frühzeitig zu erkennen.

Die Krankenkassen verweigern die Übernahme der Kosten mit dem Verweis auf verschiedene Studien. Deren Angaben zufolge kann eine Früherkennungsuntersuchung auf Grünen Star das Erblindungsrisiko nicht nachweisbar reduzieren. Außerdem scheint nach Auffassung der gesetzlichen Krankenkassen unklar, wie zuverlässig Ärzte einen Grünen Star im Rahmen eines Screenings entdecken.

Prof. Wolfgang Heider

Prof. Wolfgang Heider

Beratender Experte: Professor Dr. med. Wolfgang Heider ist Facharzt für Augenheilkunde und  seit 1994 Partner von Professor Dr. med. Klaus G. Riedel in der  operativen Gemeinschaftspraxis an der Augenklinik Herzog Carl Theodor in  München. 1995 wurde Professor Heider zum außerplanmäßigen  Professor für Augenheilkunde an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität  Frankfurt ernannt. Professor Heider ist Mitglied in  zahlreichen Deutschen und Internationalen Fachgesellschaften.

Quellen:
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3. Lamparter J, Hoffmann E: Messung des Augeninnendrucks (Tonometrie) mit unterschiedlichen Verfahren. In: Der Ophthalmologe 2009, 106: 676-682
4. Böhm A: Einfluss der Hornhautdicke auf die Tonometrie. In: Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde 2011, 228: 114-117
5. Kanngiesser H, Kniestedt C: Tonometrie im Wandel – Von Indentation über Applanation zu Konturanpassung. In: Der Ophthalmologe 2005, 102: 849-855
6. Petermann K, Wildgrube M, von Eicken J et al.: Tonometrie in der Augenoptik. In: Die Kontaktlinse 11/2010: 20-24
7. Dietlein T, Hermann M, Jordan J: Medikamentöse und chirurgische Therapie des Glaukoms. In: Deutsches Ärzteblatt 2009, 106: 597-606
8. Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e.V.: "Individuelle Gesundheitsleistungen" (IGeL) – Untersuchung zur Früherkennung des Glaukoms. Online: https://www.aok.de/assets/media/.../IGeL_Glaukom_060911.pdf (Abgerufen am 28.08.2014)
9. Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e.V.: Messung des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung. Online: www.igel-monitor.de/Igel_A_Z.php?action=view&id=69 (Abgerufen am 28.08.2014)

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.