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Patienten sollten auch leichte Beschwerden unbedingt beim Arzt abklären und sich zur individuell passenden Therapie beraten lassen.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann es vertretbar sein, erst einmal gar keine Behandlung zu beginnen (kontrolliertes Zuwarten). Beispielsweise dann, wenn der Patient nur sehr geringe Beschwerden hat und sich bei der Ultraschalluntersuchung zeigt, dass nach dem Wasserlassen (fast) kein Harn in der Blase zurückbleibt (geringe Restharnmenge). Dieses abwartende Vorgehen sollte aber unbedingt mit dem Arzt abgesprochen sein und unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle erfolgen. Nur so lässt sich rechtzeitig erkennen, wann eine Therapie nötig wird.

Für die medikamentöse Therapie von Symptomen des unteren Harntraktes bei vergrößerter Prostata steht eine Reihe von Substanzklassen zur Verfügung. Traditionell verordnen Ärzte in Deutschland pflanzliche Arzneien (Phytopharmaka). Des Weiteren haben α1-Rezeptorblocker und 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren ihre Wirksamkeit in vielen Studien unter Beweis gestellt. Daneben gibt es neue Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen, die zum Beispiel zum Ziel haben, neben den Symptomen der Prostatavergrößerung gleichzeitig bestehende Erkrankungen wie eine erektile Dysfunktion ("Impotenz") zu behandeln. Die verfügbaren Wirkstoffe stellen in ihrer Gesamtheit den Goldstandard in der Therapie leichter bis mittelschwerer Beschwerden dar.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass bestimmte Faktoren gegen eine medikamentöse Therapie sprechen können (Kontraindikationen). Dazu zählen unter anderem Blasensteine, Nierenschwäche (Niereninsuffizienz) oder wiederholte Harnwegsinfektionen. In solchen Fällen wird der Arzt üblicherweise eher zur operativen Therapie raten, sofern keine anderen Gründe gegen einen solchen Eingriff sprechen.

Bei der Auswahl des passenden Medikaments berücksichtigt der Arzt, wie groß das individuelle Risiko des Patienten für ein Fortschreiten der gutartigen Prostatavergrößerung ist. Nur eine einzige Substanzklasse, die 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren, kann nach heutigem Wissensstand verhindern, dass sich die Erkrankung verschlechtert – und damit das Risiko für einen akuten Harnverhalt oder die Notwendigkeit einer Operation senken. Alle übrigen Substanzen verringern ausschließlich die Symptome der betroffenen Patienten und müssen daher dauerhaft eingenommen werden.

Wir geben Ihnen einen Überblick über einige häufig eingesetzte Arzneigruppen. Natürlich sind abhängig vom Einzelfall unterschiedliche Kombinationen dieser Substanzen möglich und es gibt auch andere Medikamente, die eine Rolle bei der Behandlung des benignen Prostatasyndroms spielen können. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten!

Pflanzliche Arzneimittel

Seit Generationen kommen in Deutschland Pflanzenextrakte zur natürlichen Behandlung von leichten Formen der benignen Prostatahyperplasie zum Einsatz. Überwiegend handelt es sich dabei um Arzneimittel mit langer Tradition.

Die meisten Präparate werden aus Samen, Rinden, Wurzeln oder Früchten einiger weniger Arzneipflanzen hergestellt. Die größte Rolle spielen dabei Präparate mit den Wirkstoffen des Arzneikürbis, der Sägepalme und der Brennnessel. Häufig eingesetzte Produkte sind die Kürbiskernpräparate aus dem Arzneikürbis, Phytosterole/Beta-Sitosterine und Roggenpollenextrakte. Diese Arzneien gelten als nebenwirkungsarm und kommen bei leichten Symptomen infrage.

In grossen, gut gemachten Studien im Vergleich zu einem Medikament mit bekannter Wirkung und zufälliger Zuordnung von Patienten in die Gruppen konnte jedoch kein bedeutsamer Effekt dieser Medikamente nachgewiesen werden. Die pflanzlichen Medikamente wirkten hier nicht besser als ein sogenanntes Plazebo-Medikament (zum Beispiel Traubenzucker).

Sägepalme

Wer – altersbedingt – Probleme mit der Prostata bekommt, dem können unter Umständen Sägepalmenfrüchte helfen zum Artikel

α-Rezeptorblocker

Die Wirksamkeit der α1-Blocker wurde umfassend in zahlreichen Studien belegt. Die Untersuchungen kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Gabe von α1-Rezeptorblockern subjektive Symptome der Patienten reduzieren und objektive Messwerte verbessern kann. In vergleichenden Langzeitstudien erwiesen sich alle untersuchten α1-Rezeptorblocker (Alfuzosin, Doxazosin, Tamsulosin, Terazosin) bei gleicher Dosierung als ähnlich effektiv.

Die α1-Rezeptorblocker bewirken, dass sich die glatte Muskulatur in der Prostata und am Blasenhals entspannt, was die maximale Harnflussrate steigert und Beschwerden lindert. Ein weiterer Vorteil der Substanzklasse ist der im Vergleich zu anderen Medikamenten schnelle Wirkungseintritt innerhalb von wenigen Tagen. Wie oben bereits erwähnt, haben α1- Rezeptorblocker allerdings keinen Einfluss auf das Fortschreiten der Erkrankung – also das mögliche Auftreten eines akuten Harnverhalts, die Verschlechterung der Symptome oder die Einschränkung der Nierenfunktion.

α1-Blocker sollten daher in erster Linie bei Patienten eingesetzt werden, die unter den Symptomen des unteren Harntraktes leiden (beispielsweise einem abgeschwächten Harnstrahl, einer erhöhten Restharnmenge), die aber gleichzeitig nur ein geringes Risiko für eine Verschlechterung ihrer Erkrankung haben. Es ist wichtig, dass sich Patienten bei ihrem Arzt ausführlich über mögliche Nebenwirkungen der Arzneien informieren. Die Betroffenen sollten auch wissen, dass sie die Medikamente dauerhaft einnehmen müssen.

5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren (5-ARI)

Das körpereigene Enzym 5-Alpha-Reduktase wandelt das männliche Geschlechtshormon Testosteron in die aktive Form Dihydrotestosteron (DHT) um. Medikamente der Gruppe 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren (5-ARI) hemmen in der Prostatazelle diese Umwandlung und reduzieren so die Hormonwirkung an der Prostata. In der Folge kann sich das Volumen der Prostata innerhalb von drei bis sechs Monaten um 20 bis 25 Prozent verkleinern. Der maximale Therapieeffekt tritt nach sechs bis zwölf Monaten ein. 5-ARI wirken besonders gut bei Patienten mit einem Prostatavolumen von mehr als 30 Milliliter. Als einzige Substanzklasse können 5-ARI das Risiko senken, dass die Erkrankung fortschreitet.

Die zwei verfügbaren 5-ARI – Finasterid und Dutasterid – haben eine vergleichbare Wirkung. Dutasterid senkt zusätzlich auch den DHT-Spiegel im Blut. Beide Substanzen reduzieren die subjektiven Symptome und verbessern die maximale Harnflussrate.

Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen ein vermindertes Lustempfinden (Libido), ein vermindertes Ejakulatvolumen und eine auch nach dem Absetzen der Medikamente für einige Zeit anhaltende Erektionsstörung. Auch ist beobachtet worden, dass das Risiko für Diabetes und Blutfettstörungen ansteigt. Deswegen muss vor der Einnahme abgewogen werden, ob die möglichen Verbesserungen der Prostatabeschwerden die eventuell damit einhergehenden Nebenwirkungen aufwiegen.

Kürzlich wurde spekuliert, dass gerade Finasterid zu einer Häufung an besonders agressiven Prostatakrebsarten führt. Dies wurde anhand der Ergebnisse großer Studien vermutet, ein eindeutiger Zusammenhang konnte aber bisher nicht bestätigt werden.

Wichtig zu wissen: Wenn sich durch die Medikamente das Prostatavolumen verringert, sinkt auch der PSA-Wert im Blut ab. Dieser Parameter dient zur Früherkennung von Prostatakrebs. Bei Vorsorgeuntersuchungen muss der Arzt deshalb über die Einnahme dieser Medikamete Bescheid wissen und den Einfluss der 5-ARI auf den PSA-Spiegel berücksichtigen.

Kombinationstherapie α-Rezeptorblocker und 5-ARI

Die Kombinationstherapie von α1-Blocker und 5-Alpha-Reduktase-Inhibitor macht sich den unterschiedlichen Wirkmechanismus der beiden Substanzklassen zunutze. α1-Blocker haben einen schnellen Wirkeintritt und verbessern maximale Harnflussrate und subjektive Symptome. 5-ARI haben einen langsameren Wirkungseintritt, können jedoch als einzige Substanzklasse das Risiko senken, dass die Erkrankung fortschreitet und eine Operation erforderlich macht. Die Wirksamkeit der Kombinationstherapie wurde in Studien bestätigt.

Allerdings addieren sich mit der kombinierten Gabe von zwei Wirkstoffen auch die möglichen Nebenwirkungen beider Substanzklassen. Bei Patienten mit milden bis moderaten Beschwerden kann der Arzt deshalb erwägen, den α1-Blocker nach sechs bis neun Monaten abzusetzen. Oft ist das ohne eine Verschlechterung der subjektiven Symptome möglich und reduziert die Nebenwirkungen. Eine Langzeit-Kombinationstherapie sollte – nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Mehrkosten – vor allem Patienten vorbehalten sein, die ein hohes Risiko haben, dass sich die Krankheit verschlechtert.

Muskarinrezeptorantagonisten (MRA)

Wenn Symptome wie Harndrang und häufiges Wasserlassen im Vordergrund stehen und das Restharnvolumen nicht zu gross ist, kommt der Einsatz von sogenannten Muskarinrezeptorantagonisten in Frage. Im Körper finden sich fünf verschiedenen Muskarinrezeptoren, wobei die M2-Rezeptoren mit circa 80 Prozent und die M3-Rezeptoren mit circa 20 Prozent im Bereich des Blasenauslasses nachgewiesen werden konnten. MRA hemmen vor allem die für das Wasserlassen entscheidenden M3-Rezeptoren und tragen so zu einer Hemmung der Muskelaktion der Harnblase bei.

Die Wirksamkeit von MRAs wurde in verschiedenen Studien mit einer Dauer von meist zwölf Wochen untersucht. Hier zeigte sich eine deutliche Besserung der (Speicher)-Symptome bei akzeptablem Nebenwirkungsprofil (zum Beispiel eine geringe Rate an Mundtrockenheit, Verstopfung und Schwindel). Die Angst, mit diesen Medikamenten einen akuten Harnverhalt auszulösen, scheint sich nicht zu bestätigen. Allerdings sollten sie bei Patienten mit sehr hoher Restharnmenge nicht eingesetzt werden, weil hier die Erfahrungen fehlen.

Akuter Harnverhalt

Kommt es zu einem akuten Harnverhalt (siehe Kapitel Symptome) wird der Arzt versuchen, den Harn über einen dünnen Plastikschlauch (Katheter) abfließen zu lassen. Gleichzeitig kommen Medikamente zum Einsatz (α1-Blocker). Tritt ein Harnverhalt wiederholt auf, ist eine baldige Operation unumgänglich.