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Kurz erklärt: Was ist Lungenhochdruck?

  • Oft ist eine Herz- oder Lungenerkrankung der Grund für den Lungenhochdruck, nur selten tritt die Krankheit allein auf.
  • Mögliche Symptome sind Leistungsschwäche, Müdigkeit, Atemnot, Schwindel, Beinödeme (Wassereinlagerung in den Beinen), Brustenge, Herzklopfen.
  • Lungenhochdruck lässt sich heute besser behandeln als noch vor 20 Jahren.
  • Weil sich die Symptome sonst stetig verschlechtern, ist es wichtig, dass Betroffene konsequent ihre Medikamente einnehmen und sich regelmäßig untersuchen lassen.

Zwei Blutkreisläufe befinden sich im menschlichen Körper: der große Körperkreislauf und der kleine Lungenkreislauf. Letzterer führt vom Herzen zur Lunge und zurück. In der Lunge nimmt das Blut Sauerstoff auf und gibt Kohlendioxid ab. Herrscht in diesem Kreislauf ein zu hoher Druck, sprechen Ärzte von „Lungenhochdruck“ oder „pulmonaler Hypertonie“. Der Druck im Körperkreislauf kann dabei ganz normal sein.

Lungenhochdruck kann eigenständig auftreten oder als Folge einer anderen Erkrankung. Unter dem hohen Druck leidet das Herz, das sich aufgrund des Rückstaus vergrößern und nicht mehr richtig pumpen kann.

Lungenhochdruck: Was sind die Symptome?

Ist der Blutdruck in den Lungengefäßen zu hoch, kann es zu Atemnot und einer Unterversorgung mit Sauerstoff kommen. „Die ersten Symptome sind mild, denn es ist ein schleichender Prozess über Monate oder Jahre, in denen die Beschwerden langsam schlimmer werden“, erklärt Dr. Cordula Buck, Fachärztin für Kardiologie und Pneumologie und Leiterin des Schwerpunkts Klinische Pneumologie der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen. „Anfangs fällt den Betroffenen kaum etwas auf, doch dann bemerken sie eine zunehmende Leistungsschwäche, sind oft müde und entwickeln bei Belastung Atemnot.“ Im fortgeschrittenen Stadium kommen andere Symptome hinzu, etwa Schwindel, Herzklopfen, ein Gefühl der Brustenge, eine Blaufärbung der Lippen, Ohnmacht oder Beinödeme, die sich in Form angeschwollener Fußknöchel bemerkbar machen.

Was sind die Ursachen?

Lungenhochdruck kann als eigenständige Erkrankung auftreten. Meistens liegt aber eine andere Krankheit zugrunde. Nach aktuellen Leitlinien teilen Ärztinnen und Ärzte Betroffene je nach Ursache in fünf Gruppen ein:

  • Gruppe 1, pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH): Der Druck ist erhöht, weil die Lungenarterien verengt beziehungsweise die Gefäßwände verdickt sind. Die PAH kann erblich bedingt, durch Medikamente verursacht oder mit anderen Erkrankungen assoziiert sein, etwa mit einer Bindegewebserkrankung, einer HIV-Infektion, einer Lebererkrankung oder einem angeborenen Herzfehler. Manchmal ist die Ursache nicht feststellbar.
  • Gruppe 2, pulmonale Hypertonie infolge einer Linksherzerkrankung: Weil die linke Herzhälfte geschwächt ist oder die Herzklappen nicht richtig funktionieren, kommt es zu einem Blutrückstau und damit zu einem erhöhten Druck in der Lunge.
  • Gruppe 3, pulmonale Hypertonie bei einer Lungenerkrankung: Eine Überblähung der Lunge oder krankhafte Veränderungen des Bindegewebes durch COPD oder Lungenfibrose verursachen einen meist nur leicht erhöhten Druck.
  • Gruppe 4, chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH): Hier ist der hohe Druck die Folge von Lungenembolien. Ursächlich ist eine unzureichende Auflösung der Blutgerinnsel, die dann mit der Gefäßwand verwachsen.
  • Gruppe 5: Zu dieser Gruppe gehören Betroffene, die in keine andere passen.

„Gruppe 2, bei der eine Linksherzerkrankung zugrunde liegt, ist mit 50 Prozent der Betroffenen die größte Gruppe“, erklärt Fachärztin Buck. „30 bis 45 Prozent der Erkrankten gehören aufgrund ihrer Lungenerkrankung zu Gruppe 3. Dass jemand der Gruppen 1, 4 oder 5 zugeordnet wird, kommt deutlich seltener vor.“

Wie stellen Ärztin oder Arzt die Diagnose?

Wer das Gefühl hat, nicht mehr so fit zu sein, öfter als sonst aus der Puste zu kommen oder häufig grundlos müde ist, sollte eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. „Viele schieben solche Beschwerden auf das Alter, aber es kann eine ernsthafte Ursache wie Lungenhochdruck dahinterstecken“, sagt Dr. Cordula Buck von der Universitätsmedizin Göttingen. Die Fachärztin rät Betroffenen, zunächst ihre Hausarztpraxis aufzusuchen, auch, um andere häufigere Ursachen für die Leistungsschwäche auszuschließen – zum Beispiel Blutarmut, arteriellen Bluthochdruck, Asthma bronchiale, COPD oder eine Herzerkrankung. Fachärztinnen und Fachärzte für Pneumologie und Kardiologie sollten gegebenenfalls hinzugezogen werden.

Bei einer gründlichen Diagnostik kommen neben dem ärztlichen Gespräch (der Anamnese) und der körperlichen Untersuchung zunächst meist folgende Methoden zum Einsatz:

  • Blutuntersuchungen
  • Elektrokardiogramm (EKG)
  • Lungenfunktionstest
  • Blutgasanalyse (Sauerstoffsättigung)
  • Echokardiografie (Herzultraschall)
  • Röntgenaufnahme oder Computertomografie (CT) des Brustkorbs

„Sind die häufigeren Erkrankungen ausgeschlossen und besteht der Verdacht auf Lungenhochdruck, sollte eine Überweisung in ein spezialisiertes Zentrum erfolgen, in dem Patienten von viel Erfahrung und allen notwendigen diagnostischen und therapeutischen Optionen profitieren“, rät Buck.

„Eine der wichtigsten Untersuchungen ist die Echokardiografie, mit der Form und Funktion des Herzens untersucht werden sowie der Blutdruck im Lungengefäßsystem abschätzbar ist“, sagt Fachärztin Buck. Meist bringe die Rechtsherzkatheteruntersuchung endgültig Klarheit. Dabei wird ein Katheter – eine Art dünner Schlauch - über eine Armvene ins rechte Herz und weiter in die Lungenarterie geschoben, um dort den Druck abzuleiten und weitere Messwerte zu bestimmen. „Danach wissen wir, ob ein Patient Lungenhochdruck hat und, wenn ja, in welche Gruppe er einzuordnen ist.“ Dies ist entscheidend, weil Lungenhochdruck je nach Gruppe anders zu behandeln ist.

Wie erfolgt die Behandlung?

In der Ambulanz für Pulmonale Hypertonie am Universitätsklinikum Gießen behandelt Dr. Maike Barowski viele Menschen mit Lungenhochdruck. Die meisten medikamentösen Therapieoptionen habe die Gruppe 1, sagt die Fachärztin für Innere Medizin und Notfallmedizin: „Wir können zwischen fünf verschiedenen Wirkstoffgruppen wählen, von denen wir bei Bedarf bis zu drei miteinander kombinieren.“ Laut Leitlinien ist zuerst eine Risikoeinteilung erforderlich, um zu entscheiden, welches Medikament für wen am besten ist. Besteht ein hohes Risiko, dass ein Patient innerhalb eines Jahres an Lungenhochdruck verstirbt, kommen drei Medikamente zum Einsatz. Bei einem niedrigeren Risiko startet die Therapie zunächst mit zwei Wirkstoffen. „Wichtig ist, dass sich Patienten nach Therapiebeginn regelmäßig zu Kontrollen vorstellen, damit wir das Risiko immer wieder neu bewerten und die Medikation gegebenenfalls anpassen können“, sagt Barowski.

Liegt wie in Gruppe 2 oder 3 eine Herz- oder Lungenerkrankung zugrunde, ist das oberste Therapieziel, die Grunderkrankung zu behandeln, so die Internistin: „Hierüber kann oftmals eine Reduktion des Lungenhochdrucks erreicht werden. Bei schwerem Hochdruck kommen spezifische Medikamente zum Einsatz, denen jedoch eine Expertenbewertung vorausgehen muss.“

Ist der Druck nach einer Lungenembolie erhöht, wie in Gruppe 4, besteht die Möglichkeit, die eingewachsenen Blutgerinnsel operativ zu entfernen. Der Eingriff ist aufwendig und wird nur an wenigen Spezialzentren Deutschlands durchgeführt. „Allerdings haben die Patienten danach die Chance, nahezu geheilt oder deutlich gebessert zu sein“, erklärt Fachärztin Barowski. Ein weiteres Verfahren ist die sogenannte Ballonangioplastie. Dabei führen Ärztinnen oder Ärzte über ein Blutgefäß in der Leiste einen Katheter, auf dem ein kleiner Ballon sitzt, bis in die verengten Lungengefäße. Mithilfe des Ballons lassen sie sich von innen aufdehnen, was den Druck senkt. „Welche Methode infrage kommt, hängt von der Lokalisation der Verengung und vom Allgemeinzustand des Patienten ab“, erklärt die Lungenexpertin aus Gießen.

Wie Patientinnen und Patienten der Gruppe 5 am besten zu behandeln sind, sei eine ganz individuelle Entscheidung. „Als letzte Möglichkeit kommt bei Lungenhochdruck noch eine Lungentransplantation infrage“, ergänzt Barowski. „Aber nur, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.“

An spezialisierten Zentren werde viel geforscht, so die Ärztin: „Aktuelle Studien befassen sich mit Wirkstoffen, die den Umbauprozess der Lungengefäße, welcher die Symptome mit der Zeit verschlimmert, aufhalten oder sogar rückgängig machen könnten. In Zentren haben Patienten die Möglichkeit, an solchen Studien teilzunehmen und dadurch als Erste die neuesten Medikamente zu bekommen.“ Allerdings ist noch offen, ob sich neue, noch nicht zugelassene Wirkstoffe in der Praxis tatsächlich bewähren werden oder mögliche Nachteile und Risiken überwiegen.

Was können Betroffene selbst tun?

Lungenhochdruck schreitet schleichend fort. „Um dieses Fortschreiten zu bremsen, sollten Patienten verordnete Medikamente konsequent einnehmen und regelmäßig zu Kontrollen kommen, damit wir nachschauen können, ob sich etwas verschlechtert hat“, sagt Barowski. „Wichtig ist auch, dass sie sich melden, wenn sie selbst eine Verschlechterung bemerken, etwa neuerdings geschwollene Knöchel oder stärkere Luftnot.“ Neue telemedizinische Möglichkeiten erlaubten, Betroffene auch außerhalb der Klinik engmaschig zu kontrollieren, berichtet die Ärztin. Um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, empfiehlt sie Selbsthilfegruppen – und die Teilnahme an Rehamaßnahmen. „In der Reha lernen Menschen mit Lungenhochdruck, mit der Erkrankung umzugehen und durch gezieltes Training körperlich aktiv zu bleiben“. Denn Bewegung sei wichtig, sagt Barowski: „Früher hat man bei Lungenhochdruck Bettruhe verordnet. Die Patienten sollten jede Anstrengung vermeiden, damit es nicht zum Rechtsherzversagen kommt. Heute wissen wir, dass körperliche Aktivität, soweit die Symptome sie zulassen, wichtig ist.“ Betroffene sollten sich zum individuell passenden Pensum von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt beraten lassen.

Wie verläuft Lungenhochdruck?

Vor ein paar Jahrzehnten kam die Diagnose einem Todesurteil gleich, weil es keine Behandlungsmöglichkeit gab. „Noch Anfang der 90er-Jahre konnten wir Lungenhochdruck nicht behandeln. Die Krankheit schritt schnell voran und führte nach wenigen Monaten zum Tod“, berichtet Fachärztin Barowski von der Ambulanz für Pulmonale Hypertonie in Gießen. „Doch was das Wissen über Ursachen und Medikamente angeht, gab es in den vergangenen 20 Jahren enorme Fortschritte. Wir betreuen heute Menschen, die seit Jahrzehnten mit Lungenhochdruck leben. Bei früher Diagnose und optimaler Therapie ist ein nahezu normaler Alltag möglich.“ Schätzungsweise ein Prozent aller Menschen weltweit hat Lungenhochdruck.

Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.

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Quellen:

  • Humbert M et al: 2022 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. European Heart Journal, Volume 43, Issue 38, 7 October 2022, Pages 3618–3731: https://academic.oup.com/... (Abgerufen am 15.01.2023)
  • Helmholtz Zentrum München, Lungeninformationsdienst: Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie). https://www.lungeninformationsdienst.de/... (Abgerufen am 16.01.2023)
  • Deutsche Herzstiftung e.V.: Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie). https://www.herzstiftung.de/... (Abgerufen am 16.01.2023)
  • Universitätsmedizin Göttingen, Herzzentrum Göttingen: Wenn Lungenhochdruck die Luft zum Atmen nimmt - Pulmonale Hypertonie. https://herzzentrum.umg.eu/... (Abgerufen am 16.01.2023)
  • Universitätsklinikum Gießen, Ambulanz für pulmonale Hypertonie : Was ist Pulmonale Hypertonie (PH)?. https://www.ukgm.de/... (Abgerufen am 16.01.2023)
  • Arand M: Lungenhochdruck bei COPD: Ab ins Expertenzentrum! . Medical Tribune Deutschland: https://www.medical-tribune.de/... (Abgerufen am 16.01.2023)
  • Österreichische Gesellschaft für Pneumologie: Lungenhochdruck – keine seltene Erkrankung mehr. https://www.ogp.at/... (Abgerufen am 16.01.2023)