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Atemnot: Sicht- und hörbar

Atemnot ist als bewusste, aber subjektive Empfindung nicht messbar. Es lässt sich aber erkennen, ob die Atmung gesteigert, vermindert oder unregelmäßig ist, ob sich jemand schwertut und hörbar mit großer Not atmet (ziehendes, pfeifendes Atmen, medizinisch: Stridor), vielleicht dabei auch eine besondere Haltung einnimmt, um Luft zu bekommen.

Nicht selten sind Menschen in dieser Situation auffallend unruhig, angstvoll und blass, vielleicht bricht ihnen kalter Schweiß aus allen Poren, oft haben sie auch blaue Lippen. Dies wie manchmal auch eine bläulich-graue Hautfarbe, vor allem im Gesicht, außerdem eine bläulich verfärbte Zunge (Fachbegriff für diese Veränderungen: Zyanose) und blau-violette Fingernägel weisen, vereinfacht gesagt, auf einen Sauerstoffmangel hin.

Wie das Atmen klingt, hören Ärzte per Stethoskop genauer

Wie das Atmen klingt, hören Ärzte per Stethoskop genauer

Neben solchen äußerlich erkennbaren Veränderungen sind weitere Befunde richtungsweisend, etwa krankhafte Atemgeräusche, die der Arzt beim Abhören der Lungen mit dem Stethoskop feststellt. In der Fachpraxis oder auch beim Rettungseinsatz kann der Arzt zudem die Sauerstoffsättigung zunächst mittels Pulsoxymetrie über die Haut messen.

Was die Krankengeschichte verrät

Weitere Anhaltspunkte geben häufig die Krankengeschichte und Schilderung des Patienten, wie seine Beschwerden sich entwickelt haben (Anamnese). So kann etwa eine zurückliegende Beinvenenthrombose eine stattgehabte Lungenembolie nahelegen und eine plötzliche Atemnot erklären. Begünstigend für eine Thrombose kann zum Beispiel eine vorübergehende Ruhelage sein, etwa nach einer Verletzung oder langem Sitzen auf einer Reise.

Anzeichen sind unter anderem die Schwellung eines Beins, dazu Schmerzen, die auch in der Kniekehle oder Leiste spürbar sein können und sich im Stehen verstärken.
Anhand dieser Anzeichen und weiterer Kriterien – sie bilden zusammen den sogenannten Wells-Score – kann der Arzt die Verdachtsdiagnose einer Thrombose oder Lungenembolie stellen und dann weitere Maßnahmen einleiten.

Begleitsymptome wie Brustschmerzen, ein schneller Pulsschlag, Husten, Auswurf (womöglich auch blutig) sind weitere Indizien einer Lungenembolie, können aber auch bei einer Lungenentzündung auftreten. Ähnliches gilt für Fieber und starke körperliche Schwäche bis hin zum Kreislaufkollaps.

Atemnot und kurze Ohnmachten (Synkopen), etwa bei Anstrengungen oder Husten, sind eine Kombination von Beschwerden, die zum Beispiel im Zusammenhang mit Lungenhochdruck vorkommen können.

Um zügig abzuklären, ob eine chronische Atemnot, die einem Betroffenen inzwischen verstärkt Probleme bereitet, eher den Lungen, dem Herzen oder anderen Ursachen zuzuordnen ist, kann dem Arzt im Vorfeld ein Fragebogen weiterhelfen, der verschiedene, hier genannte Punkte systematisch abfragt. Anschließend folgt eine körperliche Untersuchung, die sich, etwa bei geringer Belastbarkeit des Patienten, zunächst nur auf wesentliche Körperfunktionen (wie Atmung, Kreislauf, Bewusstein, Temperatur, Reflexe, Gefäße) konzentrieren kann.

EKG: Kann Hinweise auf manche Herz- und Lungenerkrankungen geben, ein Normalbefund schließt sie aber nicht aus

EKG: Kann Hinweise auf manche Herz- und Lungenerkrankungen geben, ein Normalbefund schließt sie aber nicht aus

Medizintechnik hilft auf die Spur

Die Wahl der apparativen Methoden folgt der ersten Verdachtsdiagnose. Dabei veranlasst der Arzt zum Beispiel verschiedene Bluttests, etwa eine Bestimmung des Troponin-T (oder des hochsensitiven Tests auf Herz-Troponin bei erhöhter Wahrscheinlichkeit für einen Herzinfarkt), des NT-proBNP, des sogenannten D-Dimer oder auch einer Blutgasanalyse.

Eine Elektrokardiogramm (EKG), Röntgenuntersuchungen, eine Ultraschalluntersuchung des Brustraums, gegebenenfalls auch der Beinvenen (Dopplersonografie) sind weitere häufige Erstmaßnahmen.

Im zweiten Schritt können sich eine Lungenfunktionsprüfung (bestimmte Atemtests, Spirometrie, in erweiterter Form auch als Spiroergometrie mit Überprüfung des Herzkreislaufsystems), Allergietests und endoskopische Untersuchungen des Nasen-Rachen-Raums anschließen. Auch einen auffallenden Auswurf (Sputum) wird der Arzt je nach Verdachtsdiagnose untersuchen (bakeriologisch oder auf enthaltene Zellen).

Im Rahmen der Endoskopie des Kehlkopfes über die Nase (flexibles Instrument) oder den Rachen (starres Instrument) kann der Hals-Nasen-Ohren- (HNO-)Arzt die Stimmbandfunktion überprüfen. Eingehendere Stimmbanduntersuchungen wie die Stroboskopie erfolgen in Narkose.

Herz im Fokus?

Liegt aufgrund der ersten Befunde das Herz im Blickpunkt des Arztes, so hat der Arzt es in der Regel bereits eingangs durch die bekannteste aller Herzuntersuchungen, nämlich ein Elektrokardiogramm (siehe oben: EKG), überprüft. Dieses befindet sich inzwischen in bester Gesellschaft: So wird das Herz heute vielfach auch mit dem ebenso gut (v)erträglichen Ultraschall (Echokardiografie) abgebildet.

Anders als das EKG erlaubt die Ultraschalltechnik neben funktionellen Aussagen wie das Ausmaß der Pumpkraft optische Einblicke in das Herz. Der Untersucher kann zum Beispiel erkennen, wie die Herzklappen und die Herzwände arbeiten und wie der Blutfluss im Herz verläuft.

Spezielle Untersuchungsverfahren

Gegebenenfalls schließt sich eine Untersuchung der Herzkranzgefäße oder schwerpunktmäßig der rechten Herzhälfte mittels Herzkatheter an. Ein sogenannter Rechtsherzkatheter kommt etwa bei Verdacht auf einen Lungenhochdruck zum Einsatz. Gegebenenfalls wird er bei dieser Fragestellung durch eine Röntgendarstellung der Lungengefäße vervollständigt.

Nach wie vor werden auch nuklearmedizinische Verfahren zur Erfassung der Lungendurchblutung und -belüftung (Szintigrafie der Lungen: Ventilations-Perfusionsszintigrafie oder nur Perfusionsszintigrafie) bei der Abklärung einer Lungenembolie oder eines Lungenhochdrucks eingesetzt. Dies gilt insbesondere nach einer oder mehreren Lungenembolien (schwieriger Fachbegriff: chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie; mehr dazu im Kapitel "Atemnot – Ursachen: Lungengefäße"). Vorrang hat im Falle eines Lungenembolieverdachts bei klinisch stabilen Patienten allerdings eine CT-Angiografie der Lungengefäße (CT-PA).

Die Lungenszintigrafie ist vor allem dienlich, wenn eine CT-PA für den Patienten als zu belastend eingeschätzt wird. Ersatzweise bietet sich eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) der Lungen an. Ergänzende Sonografien des Herzens (Echokardiografie, siehe oben) und der Beinvenen sind besonders wichtig, um eine mögliche Lungenembolie und ihre Quelle erfassen zu können.

Manchmal ist eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Brustraums oder eine entsprechende Computertomografie (CT) angezeigt. Bei speziellen Fragestellungen kann das CT mit einer Positronenemissionstomografie kombiniert werden (PET-CT).

Ein auf die Halsgegend zentriertes CT oder MRT informiert über krankhafte Veränderungen in diesem Bereich.

Die direkte Untersuchung der Stimmbänder mittels einer speziellen Laryngoskopie, eine Spiegelung der tiefen Luftwege beziehungsweise der Lungen (Bronchoskopie) oder auch der Brusthöhle (Thorakoskopie) sind eingreifendere Maßnahmen. Während der Bronchoskopie lassen sich Bronchialflüssigkeit oder Gewebeproben zur mikroskopischen Analyse gewinnen. Die Technik lässt sich auch mit einem "inneren" Ultraschall und neuen optischen Verfeinerungen wie zum Beispiel "narrow band imaging" mit detaillierter Wiedergabe der Gewebezeichnung kombinieren.

Manchmal rücken auch Untersuchungen der Schilddrüse oder aber neurologische und psychologische Diagnoseverfahren in den Vordergrund.

Weitere Informationen zu jeweils infrage kommenden Diagnoseverfahren gibt es in den einzelnen Ursachenkapiteln dieses Ratgebers.