Logo der Apotheken Umschau

Kieferknacken: Grund zur Sorge?

Bei manchen Menschen knackt plötzlich der Kiefer, wenn sie beispielsweise ihr Essen kauen. Manchmal knackt es auch noch bei der nächsten oder übernächsten Kaubewegung, dann ist das störende Geräusch wieder weg. Oder der Kiefer gibt einen knackenden Laut beim Gähnen von sich. Ein Grund, sich Sorgen zu machen?

"Wenn der Kiefer mal knackt, ähnlich wie das Knie oder der große Zeh, muss man sich überhaupt keine Gedanken machen. Das ist völlig normal", sagt Professor Marc Schmitter, Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik am Universitätsklinikum Würzburg. Auch weist der Experte darauf hin, dass das Knackgeräusch im Kiefer im Vergleich zum Knie für einen selbst meist nur aus dem Grund lauter sei, weil sich der Kiefer direkt neben dem Ohr befinde. Eine Behandlung sei nicht notwendig. Zahnarzt Dr. Horst Kares aus Saarbrücken fügt hinzu: "Es kommt sehr häufig vor, dass der Kiefer beim Gähnen oder Kauen knackt. Rund ein Drittel der Bevölkerung hat Geräusche in den Kiefergelenken. Da muss man sich primär keine Sorgen machen."

Professor Marc Schmitter ist Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik im Zentrum für Zahngesundheit am Universitätsklinikum Würzburg

Professor Marc Schmitter ist Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik im Zentrum für Zahngesundheit am Universitätsklinikum Würzburg

Ein Besuch beim Zahnarzt ist dann anzuraten, wenn zu dem Kieferknacken beispielsweise Symptome wie Schmerzen im Kieferbereich, Bewegungseinschränkungen des Unterkiefers, Schwellungen oder psychosoziale Beeinträchtigungen hinzukommen. "Unter einer psychosozialen Beeinträchtigung versteht man zum Beispiel, dass Menschen sich nicht mehr in ein Restaurant trauen, weil selbst die Gäste am Nachbartisch das Kieferknacken während des Essens lautstark hören", erläutert Schmitter. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, dass es sich um eine Fehlfunktion im Zahn- und Kieferbereich handelt – eine sogenannte kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD).

Was ruft das Knacken hervor?

Wie andere Gelenke unseres Körpers auch ist das Kiefergelenk sehr komplex und besitzt viele Bewegungsmöglichkeiten. Wenn beispielsweise der Mund geöffnet wird und sich der Unterkiefer bewegt, verändert der Gelenkkopf seine Stellung in der Gelenkgrube. Der Gelenkkopf, der durch eine Knorpelscheibe – den sogenannten Diskus – von der Gelenkgrube getrennt ist, gleitet im Normalfall beim Öffnen zusammen mit dem Diskus nach vorne. Es kann aber auch vorkommen, dass dieser bereits ohne Gelenkkopf nach vorne rutscht. Letzterer folgt dann mit Verzögerung und das Aufrutschen auf die Knorpelscheibe verursacht schließlich ein Knacken. "Knackgeräusche entstehen meist durch eine Verlagerung des Diskus. Die Knorpelscheibe kann aufgrund vielfältiger Faktoren verrutschen, was in der Regel aber relativ harmlos ist", sagt Kares.

Dr. Horst Kares ist Zahnarzt in Saarbrücken

Dr. Horst Kares ist Zahnarzt in Saarbrücken

Der Kiefer kann manchmal auch ein anderes Geräusch von sich geben, wenn der Diskus ganz verrutscht ist: "Wenn es im Kiefergelenk knirscht, sprechen wir von Reibegeräuschen", sagt Kares. In dem Fall reibt aufgrund der Diskusverlagerung der Gelenkkopf in der Gelenkgrube – also Knochen auf Knochen. Laut Zahnarzt Kares kommt dieses Geräusch ebenfalls bei vielen Menschen vor und meist gibt es keinen Grund zur Sorge, solange die Reibegeräusche nicht mit Schmerzen einhergehen.

Möglicher Auslöser: Zähneknirschen oder -pressen

Neben genetischen Faktoren, einem früheren Unfall oder Zahnersatz, kann Zähneknirschen ein Auslöser für wiederholtes Kieferknacken sein. "Die Knorpelscheibe kann während des Schlafens verrutschen, wenn man mit den Zähnen knirscht oder presst", sagt Schmitter. Wenn der Mund dann zum ersten Mal geöffnet wird, gleite die Knorpelscheibe wieder an ihre eigentliche Position zurück, was ein Knackgeräusch zur Folge hat.

Bei wem der Kiefer häufiger knackt oder Reibegeräusche verursacht, sollte beobachten, ob er nachts oder eventuell tagsüber mit den Zähnen knirscht oder presst. Bruxismus, so das Fachwort für Zähneknirschen, tritt in der Bevölkerung häufig auf. Insbesondere Frauen zwischen 30 und 45 Jahren mahlen im Schlaf mit den Zähnen. Das kann sich am nächsten Morgen beispielsweise durch eine verspannte oder verhärtete Kiefermuskulatur bemerkbar machen. Oft hilft beim nächtlichen Zähneknirschen (Schlafbruxismus) bereits eine Aufbissschiene, um das Kiefergelenk zu entlasten. Wer tagsüber zum Beispiel aufgrund von Stress mehrfach die Zähne zusammenbeißt (Wachbruxismus), sollte seine Körperwahrnehmung schärfen. "Die Zähne sollten sich nur berühren, wenn geschluckt oder gegessen wird", sagt Kares. Ansonsten gelte die Devise: Lippen zu, Zähne auseinander.

Doch nicht nur aufgrund der erhöhten Wahrscheinlichkeit zum Zähneknirschen knackt der Kiefer bei Frauen häufiger als bei Männern. Eine weitere Ursache kann bei Frauen das schwache Bindegewebe sein. "Der Diskus ist im Bindegewebe befestigt. Und diese Bänder sind – wie der Bandapparat generell bei Frauen – schwächer gestaltet als bei Männern. Da kann der Diskus leichter verrutschen", sagt Schmitter.

Kieferknacken: Wann Sie zur Ärztin oder zum Arzt sollten

Wenn zum Kieferknacken folgende Symptome hinzukommen, sollten Sie sich von Ihrer Zahnärztin oder Ihrem Zahnarzt untersuchen lassen:

  • Schmerzen in den Gesichts- und Kaumuskeln sowie in den Kiefergelenken
  • Bewegungseinschränkungen des Unterkiefers (Probleme beim Öffnen des Mundes)
  • Schwellungen im Kieferbereich
  • psychosoziale Beeinträchtigungen durch das Kieferknacken
  • Zahnschmerzen, empfindliche Zähne
  • Muskelverspannungen oder -schmerzen im Kopf-, Nacken-, Schulter- oder Rückenbereich
  • Ohrenschmerzen und Ohrgeräusche (wenn der HNO-Arzt keine Erkrankung des Ohres feststellen kann)

Frau streckt sich

Ist Fingerknacken schädlich?

Die einen lieben es, die anderen hassen es. Aber schadet Fingerknacken den Gelenken? Löst es gar Arthrose oder Rheuma aus? Wir haben es für Sie herausgefunden zum Artikel