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Was ist eine Herzmuskelentzündung?

Bei einer Herzmuskelentzündung handelt es sich um eine Entzündung des Herzmuskels, die in der Fachsprache „Myokarditis“ heißt. Wie viele Menschen jedes Jahr neu daran erkranken, lässt sich schwer beziffern, da viele gar nicht merken, dass sie betroffen sind. Am häufigsten erkranken junge Männer. Eine Herzmuskelentzündung gilt auch als wichtige Ursache für den plötzlichen Herztod bei Sportlern.

Was sind die Ursachen?

In mindestens jedem zweiten Fall ist eine Virusinfektion der Grund für eine Myokarditis. Viren wie Herpes-, Masern-, Parvoviren, Influenzaviren oder das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) können das Herzmuskelgewebe angreifen und die Pumpe zunehmend schwächen. Manchmal haben auch bakterielle Infektionen – zum Beispiel mit Streptokokken, Legionellen oder Borrelien – eine Myokarditis zur Folge. Herzmuskelentzündungen durch Pilze, Einzeller oder Parasiten kommen auch vor, sind aber selten. Häufiger liegt eine Überreaktion des Immunsystems zugrunde, die das Herz nachhaltig schädigt, beispielsweise bei entzündlichen Darmerkrankungen oder rheumatoider Arthritis. Auch Medikamente, Gifte, Alkohol oder Drogen wie Kokain können eine Herzmuskelentzündung auslösen. Ob und gegebenenfalls wie sich eine Coronavirus-Infektion möglicherweise auf das Herz auswirken könnte, wird noch erforscht.

Was sind die Symptome?

Meistens bemerken Betroffene erste Anzeichen einer Myokarditis einige Wochen nach einer durchgemachten Infektion. Typische Symptome sind:

Hinter diesen Beschwerden können allerdings auch andere Ursachen stecken. Und nicht immer sind die Symptome bei einer Herzmuskelentzündung eindeutig – viele bemerken gar nicht, dass sie krank sind. Bei anderen wiederum schreitet die Erkrankung schnell fort und es kommt zum „kardiogenen Schock“, einem akuten Pumpversagen des Herzens. „Die Symptomatik der Myokarditis ähnelt einem Chamäleon“, sagt Professor Ingrid Kindermann, Leiterin der Ambulanz der Heart Failure Unit des Universitätsklinikums des Saarlandes. „Weil verschiedene Strukturen des Herzens betroffen sein können, zeigen sich auch ganz unterschiedliche Symptome.“ Wichtig sei, auch bei jungen Menschen bei entsprechenden Symptomen an eine Herzmuskelentzündung zu denken. „Bestehen schon Wassereinlagerungen, zum Beispiel in den Unterschenkeln, ist die Myokarditis meist schon fortgeschritten.“

Zum Arzt gehen sollte man immer, wenn man Symptome bemerkt, die man nicht kennt, sagt Dr. Milan Dinic, niedergelassener Kardiologe aus München. „Gerade bei Frauen hat jede neue Beschwerde zwischen Nasenspitze und Bauchnabel meist mit dem Herzen zu tun. Sie sollten daher unbedingt an Ihr Herz denken.“ Selbst unerklärbare Müdigkeit könne ein berechtigter Grund für einen Arztbesuch sein. „Am besten wendet man sich erstmal an den Hausarzt“, rät Dinic. „Er kennt seine Patienten meist gut, hat einen Überblick über ihre Vorerkrankungen und Medikamente. Und er kann die Symptome einschätzen und gegebenenfalls an einen Facharzt für Kardiologie überweisen.“ Bei Symptomen wie Atemnot, Brustenge oder Brustschmerzen sollte man allerdings nicht zögern, sondern sofort den Notarzt rufen.

Wie stellt der Arzt die Diagnose?

Der Arzt lässt sich vom Patienten die Beschwerden erklären, fragt nach Vorerkrankungen und Medikamenten und erkundigt sich nach einem Infekt in den Wochen zuvor. Anschließend kommen meist folgende Untersuchungsmethoden zum Einsatz:

  • körperliche Untersuchung inklusive Abhören mit dem Stethoskop (Auskultation)
  • Blutabnahme (mit Bestimmung der Werte CK, CK-MB und Troponin T sowie der Entzündungswerte)
  • Elektrokardiogramm (kurz „EKG“; zur Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens)

Das EKG zeigt nicht bei jedem Patienten mit Herzmuskelentzündung Auffälligkeiten, reicht also zur Diagnosestellung nicht aus. Auch normale Blutwerte bedeuten nicht unbedingt, dass alles in Ordnung ist. „Sind die Blutwerte CK, CK-MP oder Troponin T jedoch erhöht, deutet das auf einen Untergang von Herzmuskelzellen hin“, erklärt Herzexpertin Kindermann. „Dann sollte eine Ultraschalluntersuchung des Herzens erfolgen.“ Dabei erkennt der Arzt zum Beispiel eine eingeschränkte Pumpfunktion, eine Wandbewegungsstörung oder einen Perikarderguss, wie Ärzte eine Flüssigkeitsansammlung zwischen Herz und Herzbeutel nennen. „Bei Auffälligkeiten sollte im nächsten Schritt eine Kernspinuntersuchung erfolgen, um die Myokarditis zu lokalisieren und ihr Ausmaß zu beurteilen“, erklärt Kindermann.

Klarheit über die Ursache der Entzündung kann nur eine Myokardbiopsie bringen, stecknadelkopfgroße Gewebeproben direkt aus dem Herzen. Diese entnehmen die Ärzte, indem sie einen Katheter von der Leiste aus über die Hauptschlagader bis zum Herzen schieben. „Hat jemand nur leichte Symptome und noch eine gute Pumpfunktion und ist bereits auf dem Weg der Heilung, ist eine Biopsie aber nicht unbedingt nötig“, so Kindermann.

Wie ist eine Myokarditis zu behandeln?

Haben Viren die Myokarditis ausgelöst, ist eines sehr wichtig: absolute Schonung, um das Herz nicht zu überfordern. „Für drei bis sechs Monate ist keine große körperliche Anstrengung und auch kein Wettkampfsport erlaubt“, mahnt Kardiologin Kindermann. „Erst nach erneuter ärztlicher Kontrolle mit rückläufigen Befunden dürfen erste vorsichtige Belastungen erfolgen.“

Früher verordneten die Ärzte bei einer Herzmuskelentzündung sogar strikte Bettruhe. „Dazu rät man heute aber eher nicht mehr“, sagt der Münchner Kardiologe Dinic. „Zwar sollte jede Anstrengung vermieden werden, aber Dinge wie Spazierengehen sind erlaubt.“

Zusätzlich könne man das Herz mit Medikamenten entlasten und die Pumpfunktion stabilisieren, ergänzt Kindermann und empfiehlt Betablocker oder ACE-Hemmer, die Studien zufolge auch antientzündlich wirken und sich positiv auf die Lebenserwartung auswirken.

Nicht nur das Virus selbst belastet das Herz, sondern auch die lokale Immunantwort. Die läuft manchmal einfach weiter, obwohl der Erreger längst besiegt ist. Dann – aber nur, wenn das Virus in Myokardbiopsien nicht mehr nachweisbar ist – profitieren manche Patienten von einer Therapie mit Kortison und anderen Immunsuppressiva, welche die körpereigene Abwehr herunterregulieren.

Liegt eine bakterielle Infektion oder eine andere, zum Beispiel rheumatische Erkrankung zugrunde, ist diese eventuell gesondert zu behandeln (zum Beispiel mit Antibiotika oder Kortikosteroiden), um die Myokarditis zu bekämpfen. Bei langsamen Herzrhythmusstörungen kann manchmal ein Herzschrittmacher erforderlich sein. Wenn Medikamente die Myokarditis ausgelöst haben, sind diese in Rücksprache mit dem Arzt abzusetzen und gegebenenfalls durch andere zu ersetzen.

Regelmäßig sollte ein Kardiologe das lädierte Herz untersuchen. „Anfangs sind engmaschige Kontrollen alle zwei bis drei Wochen erforderlich, dann quartalsweise und schließlich halbjährlich“, rät Kindermann. Ist die Myokarditis überstanden, ist ein jährlicher Herz-Check ratsam.

Wie lautet die Prognose?

Eine Myokarditis kann die Herzleistung nachhaltig schwächen und lebensbedrohliche Folgen haben. Bei einem Teil der Betroffenen entsteht als Folge der akuten Entzündung eine sogenannte dilatative Kardiomyopathie, eine Herzvergrößerung mit teils ausgeprägter Herzschwäche, die die Leistungsfähigkeit stark einschränkt. Bei manchen Patienten mit akuter Herzmuskelentzündung entwickelt sich eine so ausgeprägte Herzschwäche, dass sie nur noch eine Herztransplantation retten kann.

„Wird die Myokarditis rechtzeitig erkannt und schonen sich die Patienten konsequent, bestehen jedoch gute Chancen, dass die Erkrankung vollständig ausheilt“, sagt die Saarländer Kardiologin Kindermann. Bei den meisten Erkrankten erholt sich das Herz und ist danach wieder voll belastbar. Manchmal bleiben leichte Herzrhythmusstörungen oder eine leicht eingeschränkte Pumpfunktion zurück, die sich aber in der Regel gut behandeln lassen.

Kann man vorbeugen?

Eines sei besonders wichtig, um einer Herzmuskelentzündung vorzubeugen, sagt der Münchner Kardiologe Dinic: „Infekte ernst zu nehmen und krank keinen Sport zu treiben. Wem es nicht gut geht, der sollte seinem Körper Zeit geben, sich zu erholen, und die vollständige Ausheilung abwarten, bevor er sich wieder anstrengt.“ Ganz besonders gelte das für Infekte unterhalb des Genicks, so Dinic: „Bei Husten, Auswurf oder Atembeschwerden und natürlich bei Fieber ist Sport absolut tabu.“ Nur wer gut trainiert sei, dürfe auch bei Schnupfen oder leichtem Halskratzen an die frische Luft – aber lediglich für leichte Belastungen.

Quellen:

Deutsches Ärzteblatt: https://www.aerzteblatt.de/archiv/125902/Myokarditis; Abruf: 02.06.2021

Deutsche Herzstiftung: https://www.herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/herzmuskelentzuendung/symptome; Abruf: 02.06.202

I. Kindermann et al.: „Myokarditis-Update“; Der Kardiologe; Vol. 10, Nr. 5, Oktober 2016; DOI 10.1007/s12181-016-0084-2

Journal für Kardiologie: https://www.kup.at/kup/pdf/12969.pdf; Abruf: 02.06.2021

MSD Manuals: „Myokarditis“: https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/herz-kreislauf-krankheiten/myokarditis-und-perikarditis/myokarditis; Abruf: 02.06.2021

Nationale Versorgungsleitlinie „Chronische Herzinsuffizienz“: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-006l_S3_Chronische_Herzinsuffizienz_2020-06.pdf; 3. Auflage 2019

SpringerLink: „Unerkannte letale idiopathische Riesenzellmyokarditis – ein Fallbericht“; https://link.springer.com/article/10.1007/s00194-020-00411-2; Abruf: 02.06.2021

Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

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