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Essstörungen sind psychische Erkrankungen. Die Gedanken der Betroffenen drehen sich hauptsächlich um das Thema Essen, Körpergewicht und Figur. Sie sind oftmals besonders dünn, sehr beleibt oder ihr Gewicht schwankt massiv.

Essstörungen - verschiedene Formen

Es gibt verschiedene Formen von Essstörungen mit weiteren typischen Anzeichen:

  • Anorexie (Magersucht). Betroffene verzichten auf immer mehr Lebensmittel und kontrollieren ihr Essverhalten massiv. Sie nehmen stetig ab, sind untergewichtig, empfinden sich dennoch als zu dick, wollen weiter abnehmen und auf keinen Fall Gewicht zunehmen. Das Untergewicht kann lebensbedrohlich werden.
  • Bulimie. Menschen mit Bulimie, auch als Ess-Brech-Sucht bekannt, leiden an Essanfällen, bei denen sie in kurzer Zeit viele hunderte Kalorien zu sich nehmen. Zugleich haben sie große Angst davor zuzunehmen. Um die Essattacke auszugleichen, erbrechen sich selbst herbeigeführt, nehmen Abführmittel ein oder treiben Tage danach exzessiv Sport und halten strikte Diät.
  • Binge-Eating-Störung. Das englische Wort „binge“ bezeichnet einen Essanfall. Die Betroffenen erleiden regelmäßig solche Essattacken, bei denen sie nicht kontrollieren können, wie viel und was sie essen. Gegenmaßnahmen ergreifen sie danach meist nicht. Viele sind daher übergewichtig oder fettleibig.

Wie häufig sind Essstörungen?

Essgestörtes Verhalten kommt schon bei Kindern und Jugendlichen häufig vor, nämlich bei jedem fünften Jugendlichen zwischen 11 und 17 Jahren in Deutschland. Bei manchen entsteht daraus eine Essstörung.

Von einer Binge-Eating-Störung sind innerhalb von 12 Monaten etwa 1,6 Prozent der Frauen und 0,8 Prozent der Männer betroffen, von einer Bulimie etwa 1,5 Prozent aller Menschen, meist Frauen, aber auch Männer. Magersucht betrifft zirka 0,4 Prozent der jungen Frauen zwischen 15 und 35 Jahren, Männer sehr viel seltener.

Welche Folgen können Essstörungen haben?

„Da Essstörungen wie Anorexie und Bulimie vor allem im Jugendalter beginnen, greifen sie in einer empfindlichen Phase der Entwicklung ein“, sagt die Psychotherapeutin Katrin Gramatke, stellvertretende Leiterin des Zentrums für Essstörungen am Universitätsklinikum Dresden. Sie habe schon junge Menschen in der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Uniklinikums kennengelernt, die durch eine Magersucht nicht so groß wurden, wie es zu erwarten gewesen wäre.

Essstörungen können außerdem zu psychischen und körperlichen Beschwerden führen. Durch zu wenig Nahrungszufuhr bleibt bei Frauen die Periode aus, fallen Haare aus und sind Blutdruck sowie Puls stark gesenkt. Häufiges Erbrechen schädigt die Zähne. Untergewicht kann lebensbedrohlich werden. Übergewicht wiederum begünstigt Herz-/Kreislauferkrankungen und Diabetes. Betroffene ziehen sich oftmals zurück und leben zunehmend sozial isoliert. Depressionen sind häufige Begleiterkrankungen aller Essstörungen.

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Was sind Ursachen der Erkrankungen?

„Es gibt nicht den einen Risikofaktor, der erklärt, warum jemand eine Essstörung entwickelt hat. Es sind immer mehrere Faktoren, die ineinandergreifen“, erklärt die Dresdner Psychotherapeutin Gramatke. Unterschieden werden:

  • Biologische Risikofaktoren. Jemand kann genetisch vorbelastet sein. In deren Familie war also schon mal jemand an einer Essstörung erkrankt.
  • Gesellschaftliche Risikofaktoren. „Das westliche Schönheitsideal ist ein klarer Risikofaktor für Essstörungen“, erklärt Gramatke. Aber auch wenn Figur und Körpergewicht in unserem Alltag eine große Rolle spielen, etwa im Elternhaus, im Sportverein oder der Schule, kann das Esssprobleme begünstigen. Diäten zu halten ist oftmals der Einstieg in eine Essstörung, vor allem unter jugendlichen Mädchen.
  • Psychologische Risikofaktoren. Wer zu Perfektionismus neigt oder einen geringen Selbstwert hat, entwickelt eher eine Essstörung.

Wo können sich Betroffene und Angehörige hinwenden?

Die ersten Anlaufstellen für Menschen mit Essstörungen oder Ihre Familien und Freunde können spezialisierte Beratungsstellen sein. Diese kennen sich damit aus und beraten persönlich, am Telefon oder auch Online über E-Mail-Kontakt oder Chatoptionen. Informationen bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf einem speziellen Online-Portal.

„Eltern können auch mit Ihren Kindern zum Kinder- oder Hausarzt gehen“, sagt der Mediziner Professor Stephan Zipfel, Direktor der Psychosomatik und des Kompetenzzentrums für Essstörungen am Universitätsklinikum Tübingen.

Wie werden Essstörungen behandelt?

„Essstörungen sind keine Marotten oder etwas, das sich mit dem Alter verwächst“, mahnt Psychotherapeutin Gramatke. „Sie müssen in einem spezialisierten Setting behandelt werden.“ Das geht sowohl ambulant, als auch stationär. Menschen mit Binge-Eating-Störung und mit Bulimie werden häufig ambulant behandelt. Die Behandlung einer Anorexie findet zumeist in einer Klinik statt und dauert oftmals mehrere Monate.

„Der Body-Mass-Index dient dabei häufig als Orientierung“, erklärt der Mediziner Zipfel. Eine ambulante Behandlung sei möglich, wenn der Wert über 15 liegt. Und: „Bei Kindern und Jugendlichen ist es extrem wichtig, dass die Therapie familienorientiert ist, sie also alle Familienmitglieder einbindet.“

Für alle Erkrankungen gibt es auch Angebote in Tageskliniken. Dort ist man für die Behandlung den ganzen Tag in einer Einrichtung, aber übernachtet zu Hause.

In der Behandlungsleitlinie wird betont: „Je frühzeitiger die Behandlung einer Essstörung beginnt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Behandlung.“

Was können Angehörige tun?

Eltern, Freunde und andere Familienmitglieder sollten die betroffene Person behutsam darauf ansprechen, dass und welches auffällige Essverhalten sie beobachtet haben und dass sie sich Sorgen machen. „Jemanden auf eine mögliche Essstörung anzusprechen, ist nicht leicht. Betroffene wehren ein offenes Gespräch und Hilfe anfangs oftmals ab“, sagt Zipfel. Er empfiehlt Angehörigen, sich gegebenenfalls an spezielle Beratungsstellen zu wenden, um Rat und Unterstützung dabei zu bekommen. „Zugleich ist es wichtig, den Betroffenen zu signalisieren: ‚Wir merken, dass es dir nicht gut geht und wir begleiten dich auf dem Weg dorthin, dass es wieder in Ordnung kommt‘“, betont Zipfel.

Im Video erklärt Dr. med. Nina Buschek, wie sich Essstörungen unterscheiden, wie Angehörige helfen können und wo Erkrankte professionelle Hilfe finden:

Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.

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Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e.V. (DGPM) und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (DGKJP): S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Essstörungen. Leitlinie: 2010. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 01.12.2022)

  • Bundesministerium für Gesundheit: Flyer: Was tun bei Verdacht auf Essstörungen. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 01.12.2022)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA: Online-Portal Essstörungen . https://www.bzga-essstoerungen.de/... (Abgerufen am 01.12.2022)

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