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Krankheiten des Gehirns, Rückenmarks, der Nerven und Muskeln mit der Folge ernster Funktionsstörungen bis hin zu Lähmungen gehören zu den häufigsten Ursachen von Schluckstörungen.

Sie sind dann meist schmerzlos und Teil umfassender Behinderungen.

Schmerzhafte Schluckblockade im Hals?

Ganz anders verhält es sich, wenn jemand, der ansonsten eigentlich gesund ist, plötzlich Schluckbeschwerden bekommt. Spürt der Betroffene vielleicht ein schmerzhaftes Hindernis auf einer Seite im Hals? Dann kann zum Beispiel ein Abszess, eine eitrige Gewebeeinschmelzung, der Grund sein. Falls auch das Kiefergelenk behindert wird, kommt es zur Kieferklemme: Der Mund lässt sich dann nicht mehr richtig öffnen.

Fieber, Schüttelfrost und deutliches Krankheitsgefühl stützen jeweils die Vermutung, dass ein Abszess vorliegen könnte.

Allerdings sind solche Fälle heute selten. Am ehesten noch treten sie im Kindesalter, infolge einer eitrigen Mandelentzündung auf, bei Erwachsenen höchst selten infolge einer Zahnvereiterung.

Ebenfalls mit Schmerzen können, müssen aber nicht bestimmte Veränderungen in der Speiseröhre einhergehen. Das ist eine weitere Gruppe von Ursachen, bei denen Schluckstörungen zu den Leitsymptomen gehören.

Krankengeschichte, Familiengeschichte

Persönliche Angaben des Patienten helfen dem Arzt häufig, gleich die richtige Wegrichtung bei der Diagnostik einzuschlagen. Hatte der Betroffene zum Beispiel eine Operation im Halsbereich, kann Narbengewebe zum mechanischen Hindernis geworden sein.

Nach einem Schlaganfall können neurologische Probleme zurückbleiben. Schlaganfälle gehören mit Abstand zu den häufigsten Ursachen von Schluckstörungen, fast jeder zweite ist in irgendeiner Form davon betroffen.

Falls eine Muskelschwäche – meist sind es dann komplexere Störungen – bereits im frühen Kindes- oder jungen Erwachsenenalter auftritt, deutet das auf eine erbliche Muskelkrankheit hin.

Mitunter sind andere Familienmitglieder betroffen oder weisen eine entsprechende Genveränderung auf. Im Einzelfall können pränatale Untersuchungen infrage kommen. Manche erblichen Muskelerkrankungen zeigen sich allerdings erst im höheren Alter.

Reflexprüfung: Hier an der Kniescheibensehne

Reflexprüfung: Hier an der Kniescheibensehne

Körperliche Untersuchung: Die ärztlichen Sinne und technische Hilfsmittel

Als nächstes macht der Arzt sich ein Bild vom allgemeinen Befinden des Patienten. Er überprüft Ernährungszustand, die Beschaffenheit der Haut und Schleimhäute – ein Spiegelbild des Flüssigkeitshaushalts –, Herz, Lungen, Bauch.

Am Hals kann er die Schilddrüse abtasten und nach Lymphknoten schauen, Mundhöhle und Rachen begutachten. Dazu gehört auch, Zungen- und Kaubewegungen, Reflexe wie das Schlucken, aktives Husten und Räuspern und nicht zuletzt auch das Sprechvermögen zu prüfen.

Damit befindet sich der Arzt schon mitten in der neurologischen Untersuchung. Weitere Prüfpunkte: Wachheit und Orientierung des Patienten zur Zeit und zum Ort, Berührungsempfindlichkeit der Haut, Muskelkraft und Muskelreflexe an den Armen und Beinen.

Diagnose: Wo genau liegt das Problem beim Schlucken?

Bei Nerven- oder Muskelerkrankungen ist häufig nicht nur das Schlucken beeinträchtigt. Auch andere Defizite sind möglich: Störungen der Stimme und des Sprechens, der Augen- und Lidbewegungen, des Mienenspiels.

Ebenso können Skelettmuskeln versagen, außerdem unwillkürliche Muskeln, etwa für die Verdauungsarbeit. Daraus ergeben sich jeweils charakteristische Beschwerden (mehr dazu im Kapitel "Schluckstörung – Ursachen: Gehirn, Nerven, Muskeln").

Daher ist auch die genaue Beschreibung der Schluckprobleme vorab sehr wichtig. Angehörige und Betreuer können hier oft wertvolle Angaben beisteuern. Verschluckt sich der Betroffene schon an seinem Speichel oder vor allem, wenn er isst oder trinkt?

Kommt es dabei zu Husten oder gar erstickungsgefährlichen Attacken? Hat er an Gewicht verloren? Gibt es Anzeichen für Mangelerscheinungen oder Austrocknung? Ist schon häufiger eine Lungenentzündung aufgetreten?

Schnell lässt sich herausfinden, ob die Ursache der Störung im Rachenraum liegt oder sich an den Schluckmuskeln auswirkt. Typisch ist dann, dass Nahrung sich beim Schlucken verfängt beziehungsweise in die Nase (Penetration) oder aber in die Atemwege gelangt (Aspiration).

Letzteres kann allerdings auch bei einer krankhaften Verbindung zwischen Speise- und Luftröhre (Fistel) passieren – eine gravierende Entwicklung, die wie jedwede Aspiration ernst zu nehmen ist und je nach Umstand notfallmäßig behandelt werden muss.

Bereitet feste Nahrung Probleme beim Schlucken, kann ein mechanisches Hindernis vorliegen. Falls es zunimmt, kann auch die Aufnahme von Flüssigkeit Schwierigkeiten bereiten.

Wenn von Anfang an ständig oder wiederholt sowohl feste als auch flüssige Nahrung kaum oder nur stockend in den Magen gelangt, möglicherweise auch bald wieder hochkommt (Regurgitation), ist mutmaßlich die Funktion der Speiseröhre gestört.

Es kann dann zum Beispiel eine Aussackung in der oberen Speiseröhre (Ösophagusdivertikel), vorliegen. Das sind aber nur einige der vielen Möglichkeiten, die es abzuklären gilt.

Welcher Arzt /Therapeut ist zuständig?

So vielfältig die Ursachen von Schluckstörungen sind, so unterschiedlich sind die Fachärzte und Therapeuten, die nach den ersten richtungweisenden Untersuchungen in die weitere Diagnose- und Behandlungsplanung eingebunden sein können.

Für Schluckstörungen durch Nerven- oder Muskelerkrankungen sind in der Regel Neurologen, zuständig. Für Erkrankungen des Rachens (Pharynx) und Kehlkopfes (Larynx) sind es Hals-Nasen-Ohren-(HNO-)Ärzte. Schluck- und Stimmexperten können aus beiden Fachgebieten kommen.

Um Zahn- und Kiefer-Erkrankungen kümmern sich Zahnärzte und Fachärzte für Kieferchirurgie. Bei Bedarf stehen Röntgenärzte (Radiologen) bei der Diagnosestellung zur Seite. Krankheiten der Mundschleimhaut fallen in den Aufgabenbereich des Hautarztes.

Bei Anhaltspunkten, dass das Schluckproblem an der Speiseröhre liegt, wird üblicherweise ein Gastroenterologe tätig, der außer der Speiseröhre bei Bedarf auch den Magen ins Visier nimmt.

Möglichen Ursachen im Brustraum gehen wiederum Radiologen nach, in Abstimmung mit einem Lungenfacharzt (Pneumologen) oder Herzspezialisten (Kardiologen). Mitunter muss ein Bauchchirurg, ein Herzchirurg, ein Gefäßchirurg oder ein Lungen-(Thorax-)Chirurg Hand anlegen.

Für Erkrankungen des Immunsystems ist ein Internist beziehungsweise Rheumatologe zuständig. Um die Schilddrüse kümmert sich ein Endokrinologe (Spezialist für Erkrankungen von Hormondrüsen), eventuell auch ein Chirurg dieses Fachgebietes.

Betroffene finden außerdem Hilfe durch Psychologen, Schluck- und Stimmtherapeuten (Logopäden), Ernährungstherapeuten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und den Pflegedienst.

Insbesondere bei neurologisch bedingten Schluckstörungen beispielsweise wirken die genannten Fachleute bei der Diagnosestellung mit, besprechen mit dem behandelnden Arzt die Therapie und betreuen den Patienten gemeinsam mit ihm weiter.

Kehlkopf- und Schluckdiagnostik

Den Nasen-Rachen-Raum untersucht ein HNO-Arzt näher. Dazu benutzt er ein stabförmiges, starres oder ein schlauchartiges, flexibles Gerät (Endoskop), das er über die Nase einführt. Auch die Bewegungen der Stimmbänder kann er endoskopisch beurteilen. Diese Untersuchung heißt Stroboskopie. Meist genügt hier jeweils eine örtliche Betäubung.

Ein in Vollnarkose platziertes Mikrolaryngoskop kann bis in die Luftröhre hinein Einblick gewähren. Zugleich lassen sich Gewebeproben zur Diagnose gewinnen und weitere Eingriffe am Kehlkopf – also Behandlungen – vornehmen. Zum Beispiel kann behinderndes Narbengewebe abgetragen werden. Nicht zu vergessen: Falls sinnvoll, klären HNO-Ärzte manche Verdachtsdiagnosen im Vorfeld auch mittels einer Ultraschaldiagnostik (Sonografie) ab.

Wenn es danach aussieht, dass eine Schluckstörung neurologisch bedingt ist, kann eine Video-Schluckendoskopie (engl. fiberoptic endoscopic examination of swallowing, meist wird die Abkürzung FEES verwendet) wertvolle Informationen über den Schluckvorgang geben und auch darüber, inwieweit dieser durch bestimmte Maßnahmen beeinflussbar ist: etwa die Beschaffenheit der Nahrung, Schlucktechnik und die Haltung beim Schlucken.

Dies geschieht wiederum mittels eines flexiblen Endoskopes (siehe oben), das der Arzt über die Nase in den Rachenraum einführt. Eine Kamera am Gerät überträgt die Bilder von den Bewegungen der Schluckstrukturen auf einen Computer. Hilfsmittel sind unterschiedlich aufbereitete und gefärbte Testnahrungen und -flüssigkeiten.

Speiseröhren- und Magenspiegelung (Schemazeichnung)

Speiseröhren- und Magenspiegelung (Schemazeichnung)

Speiseröhren-Check

Wenn der Verdacht auf ein Passagehindernis in der Speiseröhre besteht, ist eine Endoskopie der Speiseröhre und des Magens meist aufschlussreich. Die Diagnose einer Rückflusskrankheit (Refluxkrankheit) oder der seltenen Achalasie (Bewegungsstörung der Speiseröhre, deren unterer Schließmuskel sich zudem beim Schlucken nicht normal öffnet), können Druck- und Säurerückfluss-Messungen über eine Speiseröhrensonde (hochauflösende Manometrie und 24-Stunden-pH-Metrie; ph-Metrie steht für die Säuremessung) belegen. Symptome hier unter anderem: Sodbrennen oder auch Schluckstörungen, die eventuell mit Schmerzen und Druckgefühl hinter dem Brustbein verbunden sind.

Derzeit keine Kassenleistung ist zum Beispiel die katheterfreie Kapsel-pH-Metrie über 48 Stunden. Die Kapsel wird bei einer Magenspiegelung eingelegt und in der Schleimhaut der unteren Speiseröhre befestigt. Sie sendet drahtfrei ihre Messdaten an einen äußeren Rekorder und wird auf natürlichem Wege wieder ausgeschieden. Einsatzbereiche sind unklares Sodbrennen und fortbestehende Speiseröhrenentzündungen trotz regelrechter Therapie.

Weiterführende Untersuchungen

Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) erfassen heute Krankheitsprozesse nicht nur im Halsbereich, sondern überall dort, wo das Schlucken passiert oder gesteuert wird, also vom Kopf bis (mindestens) zum Zwerchfell. Mitunter werden sie der Schluckdiagnostik vorgeschaltet. Manchmal kann auch eine sogenannte Endosonografie angezeigt sein. Dabei wird ein Hohlorgan von innen mittels eines schlauchförmigen Ultraschallgerätes, eines Ultraschall-Endoskopes, untersucht. Die Nähe zum untersuchten Gewebe ermöglicht detaillierte Bilder.

Blutuntersuchungen, eine Sonografie der Schilddrüse, spezielle bildgebende und nuklearmedizinische Verfahren, elektrophysiologische Untersuchungen der Nerven- und Muskeltätigkeit wie zum Beispiel eine Elektromyografie und die Untersuchung von Gewebeproben (Biopsien, siehe oben: Mikrolaryngoskop) sind Instrumente für besondere Fragen, etwa der, ob eine spezielle Muskelerkrankung vorliegt. Bei bedraf untersucht der neurologe auch das Hirnwasser (Liquorpunktion).