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Die Dermatomyositis ist eine entzündliche Krankheit, bei der das körpereigene Abwehrsystem (Immunsystem) sowohl die Haut als auch die Muskulatur angreift.

Typische Krankheitszeichen sind fliederfarbene Rötungen der Haut, vor allem im Bereich von Gesicht, Dekolleté und Händen. Daher wird die Dermatomyositis auch Lilakrankheit genannt. Eine begleitende Entzündung der Muskulatur (Myositis) kann zu einer Muskelschwäche im Bereich der Schultern oder der Oberschenkel führen.

An einer Dermatomyositis erkranken vor allem Menschen im Alter zwischen 45 und 65 Jahren. Frauen sind etwa dreimal so häufig betroffen wie Männer. Gelegentlich tritt die Krankheit auch bei Kindern und Jugendlichen auf.

Ursachen: Was führt zu Dermatomyositis?

Bei der Dermatomyositis greift das körpereigene Abwehrsystem Strukturen von Haut und Muskulatur an. Bei den meisten Betroffenen gelingt es nicht, die Ursache dieser Autoimmunreaktion zu ermitteln. Bei jedem vierten Erwachsenen mit Dermatomyositis wird allerdings ein bösartiger Tumor als Auslöser identifiziert. Selten können auch bestimmte Medikamente zu einer Dermatomyositis führen.

Normalerweise bleiben Substanzen im Zellinneren vor dem körpereigenen Abwehrsystem verborgen. Sterben jedoch Zellen in größerer Zahl ab, kommt das Immunsystem mit solchen Stoffen in Kontakt. Bei Menschen mit besonderen erblichen Merkmalen kann das Abwehrsystem in einer solchen Situation bestimmte Eiweißmoleküle (Antikörper) bilden, die gegen körpereigene Strukturen gerichtet sind. Diese Antikörper werden Autoantikörper genannt (griechisch autos "selbst").

Sobald die Autoantikörper an ihre Zielstrukturen binden, werden Entzündungszellen angelockt, die das Gewebe in der Umgebung zerstören. Auf diese Weise kann bei einem Menschen mit entsprechender Veranlagung eine Dermatomyositis ausgelöst werden: Zum Beispiel kann intensives Sonnenlicht Zellen der Haut zerstören. Auch bestimmte Medikamente – wie Cholesterinsenker aus der Gruppe der Statine – werden in einigen Fällen Auslöser der Autoimmunreaktion.

Manchmal steckt hinter der Dermatomyositis auch eine Krebserkrankung. Auch hier bildet das Immunsystem Antikörper – gegen Substanzen aus dem bösartigen (malignen) Tumor. Wenn eine Dermatomyositis durch eine bösartige Neubildung ausgelöst wird, spricht man von einer paraneoplastischen Dermatomyositis. Die häufigsten Auslöser sind Krebserkrankungen des Magen-Darm-Trakts, der Lunge, der Brustdrüse, des Eierstocks, der Prostata und des Hodens.

Offenbar entwickelt sich eine Dermatomyositis aber nur dann, wenn zu den genannten Faktoren noch weitere, bisher unbekannte hinzukommen.

Symptome: Wie äußert sich eine Dermatomyositis an der Haut?

An der Haut macht sich eine Dermatomyositis durch fliederfarbene  Rötungen bemerkbar. Sie treten bevorzugt an solchen Körperstellen auf,  die besonders stark der Sonne  ausgesetzt sind: Augenlider, Nasenrücken,  Wangen, Dekolleté und  Streckseiten der Hände. Denn ultraviolettes (UV-) Licht kann neue Hautrötungen im Rahmen der  Krankheit auslösen und bestehende verschlechtern.

Zusätzlich zur Rötung entwickelt sich oft eine ausgeprägte Schwellung der  Augenlider. Am Oberkörper kann sich das Erythem über  das Dekolleté hinaus ausbreiten. An den Händen sieht man bei vielen  Betroffenen umschriebene Rötungen oder gerötete flache Knoten (Papeln).  Diese sogenannten Gottron-Papeln treten vor allem über den Streckseiten  der Fingergelenke auf und können sich auch auf die Handrücken  erstrecken. Zusätzlich können sich Nagelhaut und Nagelfalz verdicken.

In vielen Fällen schmerzen die Hautrötungen bei Berührung. Seltener  können brennende Missempfindungen oder Juckreiz auftreten. Manche  Patienten mit Dermatomyositis leiden außerdem an einer anfallsweise  auftretenden, schmerzhaften Minderdurchblutung der Hände. Ausgelöst  werden die so genannten Raynaud-Anfälle durch niedrige Außentemperaturen  oder kaltes Wasser.

Das Treppensteigen fällt schwerer? Ein mögliches Zeichen für Dermatomyositis

Das Treppensteigen fällt schwerer? Ein mögliches Zeichen für Dermatomyositis

Symptome: Wie äußert sich eine Dermatomyositis an den Muskeln?

Wenn sich im Rahmen der Dermatomyositis die Muskulatur entzündet, kommt es typischerweise zu einer Muskelschwäche im Bereich beider Schultern und/oder beider Oberschenkel.

Eine Schwäche der Schultermuskulatur kann zu Problemen beim Kämmen der Haare oder beim Fensterputzen führen. Wenn die Muskulatur der Oberschenkel betroffen ist, hat der Betroffene zumeist Schwierigkeiten beim Treppensteigen und beim Aufstehen aus der Hocke.

Jeder zweite Betroffene klagt auch über Muskelschmerzen in den Schultern oder in den Oberschenkeln. Viele Patienten mit Dermatomyositis leiden außerdem an Abgeschlagenheit und leicht erhöhter Temperatur.

Bei vielen Patienten mit Dermatomyositis macht sich die Myositis nur durch einen Anstieg des Enzyms Kreatinkinase (CK) im Blut bemerkbar. Grundsätzlich kann die Myositis schon vor den Hautveränderungen auftreten, erst im Verlauf der Krankheit zu den Rötungen hinzukommen oder auch ganz ausbleiben. Umgekehrt kann auch eine Entzündung bestimmter Muskelgruppen auftreten, ohne dass es jemals zu Hautveränderungen kommt. Noch ist nicht abschließend geklärt, ob diese so genannte Polymyositis eine besondere Variante der Dermatomyositis ohne Hautbeteiligung oder eine eigenständige Krankheit darstellt.

Falls sich diejenigen Muskelgruppen am Brustkorb entzünden, die für die Atmung erforderlich sind, kann es zu Atemnot kommen. Gelegentlich treten auch Schluckstörungen auf. Sehr selten kommt es zu einer Entzündung der Herzmuskulatur (Myokarditis). Diese macht sich zunächst durch Herzrhythmusstörungen bemerkbar und kann mittelfristig zu einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) führen.

Diagnose: Wie stellt der Arzt eine Dermatomyositis fest?

Der Arzt befragt den Patienten zu seinen Beschwerden und untersucht ihn.  Dabei achtet er vor allem auf Hautrötungen im Bereich von Gesicht,  Oberkörper und Händen. Außerdem verschafft er sich einen ersten Eindruck  von Muskelkraft des Patienten, lässt ihn zum Beispiel die Arme über den Kopf heben oder aus der Hocke aufstehen.

Eine feingewebliche Untersuchung einer Hautprobe (Hautbiopsie) unter dem Mikroskop kann dabei helfen, ähnlich aussehende Hautkrankheiten auszuschließen. Dass tatsächlich eine Dermatomyositis vorliegt, kann die Hautprobe aber nicht mit Sicherheit beweisen. Wenn an den Fingernägeln die Nagelhaut oder der Nagelfalz verdickt ist, untersucht der Arzt die feinen Haargefäße (Kapillaren) an diesen Stellen mit einer speziellen Lupe (Kapillarmikroskop). Falls Blutgefäße deutlich erweitert, verlängert oder in sich verdreht sind, spricht dies für eine Dermatomyositis.

Der Arzt kann auch den Spiegel der Kreatinkinase im Blut bestimmen. Die Kreatinkinase ist ein Enzym, dessen Blutspiegel bei einer Entzündung der Muskulatur (Myositis) erhöht ist. Ergänzend lässt der Arzt lässt nach Autoantikörpern im Blut fahnden.

Falls ein Patient an einer Muskelschwäche im Bereich von Schultern oder Oberschenkeln leidet, die oben genannten Untersuchungen aber keine sichere Diagnose erlauben, veranlasst der Arzt spezielle Untersuchungen der betroffenen Muskeln: Die Magnetresonanztomografie (MRT) ermöglicht es, im radiologischen Schnittbild entzündliche Veränderungen zu erkennen. Bei der Elektromyografie (EMG) bringt der Neurologe Nadelelektroden in den erkrankten Muskel ein und misst dessen elektrische Aktivität. Auf diese Weise kann er klären, ob die Muskelschwäche durch eine Entzündung des Muskels (Myositis) bedingt ist oder ob die Impulsübertragung durch die Nervenfasern gestört ist. In besonders schwierigen Fällen entnimmt der Arzt unter örtlicher Betäubung eine Gewebeprobe aus dem betroffenen Muskel (Muskelbiopsie).

Die Diagnose Dermatomyositis stellt der Arzt in der Zusammenschau der verschiedenen Befunde. Nicht bei jedem Betroffenen gelingt es, die Krankheit eindeutig festzustellen.

Bei erwachsenen Patienten schließt der Arzt durch weitere Untersuchungen aus, dass der Dermatomyositis womöglich eine Tumorerkrankung zugrunde liegt. Bei jedem vierten Erwachsenen mit Dermatomyositis wird die Autoimmunreaktion durch eine Tumorerkrankung ausgelöst. Die Dermatomyositis kann das allererste Anzeichen einer Krebserkrankung ein. Wenn die Untersuchungen unauffällige Befunde ergeben, wiederholt sie der Arzt sicherheitshalber nach einer gewissen Zeit.

Dr. med. Angela Unholzer ist Hautfachärztin mit Zusatzbezeichnungen Allergologie und Dermatohistologie

Dr. med. Angela Unholzer ist Hautfachärztin mit Zusatzbezeichnungen Allergologie und Dermatohistologie

Behandlung der Dermatomyositis

Patienten mit Dermatomyositis sollten sich konsequent vor ultraviolettem (UV-) Licht schützen. Mit Hilfe einer innerlichen Behandlung mit Kortisonpräparaten (Glukokortikoiden) für einige Wochen werden die meisten Betroffenen erscheinungsfrei. Schwerer betroffenen Patienten verordnet der Arzt zusätzlich Medikamente, die die Aktivitäten des Immunsystems unterdrücken (Immunsuppressiva). Falls auch diese Therapie nicht ausreichend wirkt, kombiniert der Arzt sie mit einer Infusionsbehandlung mit speziellen körpereigenen Eiweißsubstanzen (Immunglobulinen). Eine Dermatomyositis, die durch eine Krebserkrankung ausgelöst wurde, bessert sich in der Regel durch die Behandlung des Tumors. Wenn ein Medikament als Auslöser der Autoimmunkrankheit in Betracht kommt, sollte dieses – nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt – abgesetzt werden.

UV-Schutz: Ultraviolettes (UV-) Licht kann neue Hautrötungen im Rahmen einer Dermatomyositis auslösen und bestehende verschlechtern. Daher sollten Betroffene sich langfristig vor der UV-Strahlung der Sonne schützen und auf Solariumsbesuche ganz verzichten.

Kortisonpräparate (Glukokortikoide) in Form von Cremes können die Hautveränderungen etwas bessern. Bei der Mehrzahl der Patienten ist aber eine innerliche Behandlung mit Glukokortikoiden erforderlich. Diese wirken sehr rasch, so dass der Arzt in den meisten Fällen nach wenigen Wochen damit beginnen kann, die Dosis stufenweise zu reduzieren. Viele Betroffene werden mit dieser Behandlung völlig erscheinungsfrei. Dann bespricht der Arzt mit dem Patienten, ob er die Tabletten ganz weglassen kann oder ob er sie für einige Monate in sehr niedriger Dosis weiter einnehmen soll. Letzteres ist bei den meisten Menschen problemlos möglich.

Immunsystem dämpfen: Schwerer betroffenen Patienten verordnet der Arzt zusätzlich ein Medikament, das die Aktivitäten des Immunsystems und damit auch die Entzündung in Haut und Muskulatur unterdrückt (Immunsuppressivum). In erster Linie kommen hierfür die Wirkstoffe Azathioprin, Methotrexat (MTX), Ciclosporin, Mycophenolatmofetil und Mycophenolsäure in Betracht. Während der Behandlung kontrolliert der Arzt bestimmte Blutwerte in regelmäßigen Abständen. Damit stellt er sicher, dass der Patient das Medikament auch weiterhin gut verträgt. Während Glukokortikoide in hoher Dosierung nur für wenige Wochen eingenommen werden sollten, ist eine Behandlung mit Immunsuppressiva grundsätzlich für viele Monate oder auch Jahre möglich. Falls trotz einer solchen Dauertherapie ein erneuter Krankheitsschub auftritt, sind Glukokortikoide erneut stark und innerhalb kurzer Zeit wirksam.

Falls nur die Haut, nicht aber die Muskulatur entzündet ist, kann auch eine Therapie mit Hydroxychloroquin ausreichen. Dieses Medikament ist zur Behandlung der Malaria zugelassen. Außerdem hat es einen milden regulierenden Effekt auf verschiedene Entzündungsreaktionen – im Gegensatz zu Immunsuppressiva unterdrückt es das Immunsystem nicht. Daher hat es sich auch in der Langzeittherapie anderer Autoimmunkrankheiten wie zum Beispiel Lupus erythematodes bewährt.

Wichtig zu wissen: Einige der genannten Medikamente sind noch nicht offiziell für die Behandlung der Dermatomyositis zugelassen. Arzt und Patient müssen also gemeinsam ausführlich besprechen, ob die Therapie im Einzelfall trotzdem infrage kommt, welche Risiken bestehen und welche Nebenwirkungen auftreten können.

Infusionsbehandlung: Patienten, bei denen die Kombinationstherapie aus einem Glukokortikoid und einem Immunsuppressivum nicht ausreichend wirksam ist, können zusätzlich eine Infusionsbehandlung mit speziellen körpereigenen Eiweißsubstanzen (Immunglobulinen) erhalten. Dabei handelt es sich um eine Mischung von Antikörpern aus dem Blut zahlreicher Menschen, die in vierwöchigen Abständen in hoher Dosierung verabreicht wird. Die Antikörper sind gegen verschiedene Krankheitserreger und andere Substanzen gerichtet, mit denen die Blutspender im Laufe ihres Lebens in Berührung kamen. Gegen welche Stoffe genau diese Antikörper gebildet wurden, ist für den Behandlungserfolg bei Dermatomyositis unerheblich. Diejenigen Bestandteile, die Antikörper miteinander gemeinsam haben, binden an bestimmte Strukturen (Rezeptoren) an der Oberfläche von verschiedenen Zellen des Immunsystems. Dabei beeinflussen sie in komplexer Weise die Aktivitäten dieser Zellen und damit die Entzündungsreaktion im Gewebe.

Wenn eine Dermatomyositis durch eine Krebserkrankung ausgelöst wurde, bessert die Behandlung des Tumors in der Regel auch die Autoimmunkrankheit von Haut und Muskulatur. Dann genügt schon eine weniger intensive antientzündliche Therapie, um den Betroffenen hinsichtlich der Dermatomyositis erscheinungsfrei zu halten.

Falls ein Medikament als Auslöser der Dermatomyositis in Betracht kommt, sollte dieses abgesetzt werden. Vorher sollte aber derjenige Arzt konsultiert werden, der das Arzneimittel verordnet hat. Er bespricht mit dem Betroffenen, ob das Medikament einfach weggelassen werden kann oder ob ersatzweise eine Substanz aus einer anderen Wirkstoffklasse eingenommen werden sollte.

Vorsicht: Verfärbungen der Haut und Schwellungen der  Augenlider können zahlreiche Ursachen haben. Dasselbe gilt für eine  Schwäche der Muskulatur. Nicht immer handelt es sich um eine  Dermatomyositis. Veränderungen an der Haut oder Muskelschwäche deshalb  grundsätzlich vom Arzt abklären lassen!

Der Krankheitsname Dermatomyositis leitet sich ab von den griechischen Wörtern "derma" für "Haut und "mys" für "Muskel". Die Autoimmunkrankheiten Dermatomyositis, systemische Sklerodermie, systemischer Lupus erythematodes und Sjögren-Syndrom werden zur Gruppe der Kollagenosen zusammengefasst.

Quellen:
Akademos Wissenschaftsverlag: http://derma.akademos.de (Abruf: 08/2012)
AWMF: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-070.pdf
Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. De Gruyter, Berlin 2012
Hadaschik, E., Enk, A.: Dermatomyositis. CME Dermatol 2010; 5: 32-50
Hertl, M.: Dermatomyositis. Vortrag im Rahmen der 23. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie, München 25.07.2012

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.